“Klimajournalismus” – ist das schon Aktivismus?

von Henrietta Clasen

Ist der Begriff “Klimawandel” zu schwach? Sollten Journalist*innen lieber Begriffe, wie “Klimakrise” oder “Klimanotstand” verwenden – oder ist das vielleicht sogar eher kontraproduktiv? Immer häufiger wird über die Frage diskutiert, wie neutral oder objektiv Journalist*innen und Medienschaffende in der Berichterstattung von Klimafakten sein sollten. Darf man sich wirklich unter keinen Umständen mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit einer Guten? In dieser Episode betrachten wir unterschiedliche Perspektiven auf den “Transformativen Journalismus” – u.a. mit Kommunikationsforscher Prof. Michael Brüggemann.

Shownotes:

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Die heutige Episode wird präsentiert von der ZDF-Dokureihe plan b. Darin geht es um Menschen, die einfach mal machen: ob Licht aus Brot, Lachs aus Möhren oder Leder aus Kaktus. Klingt schräg – wenn Ihr wissen wollt, wie’s funktioniert, dann schaut in der ZDF-Mediathek auf planb.zdf.de vorbei.

► The Club of Rome: Die Grenzen des Wachstums (1972), bpb.
Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6) – Teil 1 (08/2021).
► Studie von Sven Engesser und Michael Brüggemann: Falsche Ausgewogenheit? Eine journalistische Berufsnorm auf dem Prüfstand, (02/20).
► IOP Science-Studie: Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature, (2013).
► Studie der World Weather Attribution: Heavy rainfall which led to severe flooding in Western Europe made more likely by climate change, (08/21). 
the consensus project by Skeptical Science.
► Wissenschaft im Dialog: Leitlinien zur guten Wissenschafts-PR.
► Blog Postwachstum: Konstruktiven Journalismus neu denken von Uwe Kröger.  
► Übermedien: Journalist:innen, nehmt die Klimakrise ernst!, offener Brief von Sara Schurmann (09/20).
► taz: Zur Sprache des Klimajournalismus – Vorschläge für die Verwendung alter und neuer Schlüsselbegriffe von Torsten Schäfer.
► Initiative Covering Climate Now.
Netzwerk Klimajournalismus Deutschland.
► Online-Plattform Grüner Journalismus.
► Initiative KLIMA vor acht.
► RTL: Klima Update.
Tweet Bernd Ulrich (7.9.2020).
Tweet Teresa Bücker (7.9.2020).
► WELT: Der unappetitliche Klima-Bluff von Axel Bojanowski (09/21).
► WELT: Die unterschätzte Macht der grünen Lobby von Axel Bojanowski (04/21).

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Transkript: “Klimajournalismus” – ist das schon Aktivismus?

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

*Werbung* Unser Podcast wird heute präsentiert von der ZDF-Dokureihe „plan b“. plan b ist Fernsehen mal anders: nämlich mit positivem Ansatz, nach dem Motto: Wo ist eigentlich die Lösung? Die Dokureihe handelt von Menschen, die einfach mal machen: ob in Sachen Klimaschutz, Technik oder Gesellschaft. Licht aus Brot, Lachs aus Möhren oder Leder aus Kaktus. Klingt schräg – wenn Ihr wissen wollt, wie’s funktioniert, dann schaut  in der ZDF-Mediathek auf planb.zdf.de vorbei. Da gibt es jede Menge Geschichten von Andersmacher*innen und Stories die zeigen, was alles möglich ist. *Werbung Ende*

Nein, das war nicht die Tagesschau von gestern Abend – hätte es aber durchaus sein können. Das war eine Ausstrahlung von 1995. Bereits 1972 allerdings, veröffentlichte der Club of Rome die “Grenzen des Wachstums”. Darin heißt es: „Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“ Noch sind zwar keine hundert Jahre seitdem vergangen, doch hat die Bedrohlichkeit dieser Warnung keinesfalls an Dringlichkeit verloren – ganz im Gegenteil. Erst kürzlich stellte das Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC, Teil eins des Sechsten Weltklimaberichts vor. 1990 erschien der Erste, der als Basis für die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen diente. Seitdem fassen die Berichte regelmäßig den aktuellen wissenschaftlichen Stand über die Beeinflussung des Erdsystems durch uns Menschen zusammen und, welche Konsequenzen daraus möglicherweise folgen. Es ist nicht irgendeine Studie, sondern der Bericht, auf dessen Erscheinen weltweit – hingefiebert wäre vermutlich zu viel gesagt – ihn aber doch mit Spannung erwartet hat. Nicht umsonst wird er auch als “Realitätscheck” gehandelt. Und der fällt gar nicht mal allzu gut aus, betrachtet man eine der zentralen Kernaussagen der Leitautor*innen, die lautet: “Die Menschheit wird die Pariser Klimaziele verfehlen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht schnell und drastisch reduziert werden.” Konkret bedeutet das: Wenn nicht alle Länder der Welt ihre Emissionen reduzieren, wird es schon bald unmöglich sein, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und das wiederum würde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit dramatische Folgen für künftige Generationen haben. Der Bericht zeigt aber zugleich: Noch liegt es in unserer und vor allem politischer Hand, den fahrenden Zug aufzuhalten, bevor es zu spät ist und die Realität uns in Form drohender Kipppunkte, einholen wird. Es sind alarmierende aber durchaus auch ermutigende Ergebnisse, wenn man den Handlungsspielraum betrachtet, der offensichtlich noch vorhanden ist. Wäre das allein nicht Grund genug, weltweit und mit Nachdruck medial davon zu berichten? Zumal sich diese Krise, laut Wissenschaft, auch nur in globaler Zusammenarbeit lösen lässt.

Kurz nach Erscheinen des Sechsten IPCC-Berichts am 9. August diesen Jahres, hätte man den Eindruck gewinnen können, dass genau das geschieht. Vielerorts, auf öffentlich-rechtlichen als auch privaten Sendern, Zeitungen und Plattformen wurden die Ergebnisse Weltklimarats geteilt. Doch bereits nach wenigen Tagen ebbte die Aufmerksamkeitsflut wieder ab und andere Themen rückten in den Vordergrund. Lag es an der Komplexität der Sachzusammenhänge, waren die Ergebnisse des Berichts nicht “catchy” genug, oder liegt der Grund vielmehr in der Beschaffenheit unserer heutigen Medienlandschaft? Es ist gewissermaßen eine Kombination aus beidem, sagt Kommunikationswissenschaftler Prof. Michael Brüggemann, der an der Universität Hamburg erforscht, wie der Klimawandel in Medien und Wissenschaft thematisiert und rezipiert wird: “Dem Journalismus gerät der Klimawandel immer wieder aus dem Blick, weil er nicht den  Aufmerksamkeitskriterien genügt, die Journalist*innen anlegen. Der Journalismus ist fokussiert auf kurze Ereignisse. Und der Klimawandel ist ein langsamer, über Jahrzehnte oder sogar über Jahrhunderte laufender Prozess. Und das ist praktisch die Brille, die Journalisten auf haben, die sehen die strukturellen Probleme dann nur sehr schlecht und vergessen dann kontinuierlich darüber zu berichten.”  Das könnte sich natürlich ändern, wenn die Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel mit großer Wahrcheinlichkeit vermehrt auftreten werden, sich künftig häufen – aber will man es darauf ankommen lassen? Hinzu kommt, dass es nicht nur an Frequenz hinsichtlich der Berichterstattung zum Klimawandel und seinen Auswirkungen bisher mangelt, auch inhaltlich wird dem Thema, zumindest, wenn es nach einer ganzen Reihe an Medienschaffenden wie auch Wissenschaftler*innen geht, nicht Genüge getragen. 

Aus diesem Anlass veröffentlichte die Journalistin Sara Schurmann im September letzten Jahres einen offenen Brief, in dem sie ihre Kolleg*innen dazu aufforderte, die Klimakrise endlich ernst zu nehmen – ergo sich in der Verantwortung zu sehen, häufiger und mit mehr Nachdruck über sie zu berichten. In diesem Brief heißt es: “Nicht nur die Klimaleugner:innen sind das Problem, auch wir sind es. Solange eine kritische Masse an Journalist:innen das nicht verstanden hat und ihre Arbeit nicht danach ausrichtet, solange werden auch Politiker:innen nicht entsprechend handeln.” In Schurmann’s Worten schwingt eine gewisse Verzweiflung, zugleich aber auch Hoffnung mit. Was sie mit ihrem Appell keineswegs bezwecken will, ist eine pauschale Kritik an allen Journalist*innen, derzufolge sie ihrer Verantwortung nicht gerecht würden. Es gibt viele exzellente Berichte über die Klimakrise und Journalist*innen, die seit Jahren unermüdlich vor den Auswirkungen warnen. Allerdings, so Schurmann, sei die Klimakrise “weit mehr als ein Fall für Fachjournalist:innen”. Sie betreffe alle Bereiche unseres Lebens und damit auch des Journalismus: “Mit ist selbst erst vor über einem Jahr bewusst geworden wie akut die Klimakrise eigentlich ist. Einer der Anlässe damals war, dass die Berichterstattung über dieses EU Corona Finanzpaket, das die Wirtschaft ankurbeln soll nach der Corona-Krise, das die Klimakrise nicht mitgedacht hat. […] Mir war zu dem Zeitpunkt relativ klar, das sind genau die 7 Jahre, in dem wir das Geld für klassische Wirtschaftsförderung ausgeben wollen, sind genau der Zeitraum in dem wir noch Zeit haben unsere Emissionen drastisch zu reduzieren und das geht nicht zusammen. Klassische Wirtschaftsförderung und Emissionen reduzieren ist im moment noch nicht kompatibel, da Emissionen und Wirtschaftswachstum nicht völlig voneinander entkoppelt sind. Als das so wenig mitgedacht wurde in den Artikeln, ging mir auf “wow, vermutlich wird Klima auch bei anderen Sachen vernachlässigt”. Das war der Punkt, in dem mir aufging, dass wir die Klimakrise im Gesamtbild, im medialen, nicht adäquat darstellen. Das war der Anlass, dass ich diesen offenen Brief geschrieben und publiziert habe.” 50 Journalist*innen unterstützen den Aufruf initial, rund 250 Menschen weltweit haben ihn mittlerweile unterzeichnet. Ganz allein steht Sara Schurmann keinesfalls mit ihrer These da. Auch Kommunikationswissenschaftler Brüggemann ist der Auffassung, der Klimawandel dürfe kein Nischenthema für Fachexpert*innen bleiben und damit in Umweltressorts – sofern diese überhaupt existieren – verbleiben. Vielmehr sei die Klimaberichterstattung ein “Querschnittsthema”. Konkret bedeutet das: Wird über das neue Iphone berichtet, so sei es wünschenswert, würde darin auch die Rohstoffgewinnung oder die Recyclingfähigkeit eine Rolle spielen. Gleiches gilt für Themen, wie das Reisen, Architektur, Film, Verkehr oder Mode. Natürlich ist es nicht immer möglich, in jedem einzelnen Artikel oder jeder Sendung differenziert auf die klimatischen Aspekte im Zusammenhang einzugehen, aber zumindest sollte es grundsätzlich mitgedacht und nicht an die Redakteur*innen der Wissenschaftsressorts ausgelagert werden. Aus diesem Grund gründete Sara Schurmann auch gemeinsam mit Kolleg*innen ein ressort- und  medien-übergreifendes Netzwerk: “Wir haben das “Netzwerk Klimajournalismus Deutschland” gegründet, um Kolleg*innen zusammenzubringen, die sich entweder schon mit Klimajournalismus beschäftigen oder die sich mehr damit beschäftigen wollen, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Wir wollen sowohl Inputs und einen fachlichen Austausch bieten, als auch einen redaktionellen Austausch. Gerade auch für Kolleg*innen, die frei arbeiten und nicht so viel Gelegenheit haben sich mit anderen auszutauschen oder auch Kolleg*innen, die in ihrer Redaktion Klima- oder Biodiversität alleine beackern als Thema. Wir haben das Netzwerk sehr bewusst Netzwerk Klimajournalismus Deutschland genannt und nicht “Journalists For Future”, weil uns schon klar ist, dass diese aktivistische Vermischung und sich in die FF-Bewegung einzureihen journalistisch so nicht geht. Man muss, auch zu dieser Bewegung, eine Distanz waren. Auch wenn ich grundsätzlich ihre Forderungen, dass wir unsere Lebensgrundlage erhalten, unterstütze. Aber natürlich müssen wir als Journalist*innen auch über diese Bewegung kritisch berichten können und ich finde insgesamt sich mit Bewegungen gemein zu machen, von denen man nicht weiß, wie sie sich entwickeln und welche Wendungen die noch nehmen, journalistisch schwierig. Von daher gibts dafür auch nicht die Notwendigkeit. Es geht, wie gesagt, erstmal um den Austausch, darum, Leute zusammenzubringen und sie dadurch vielleicht auch zu motivieren weiter zu machen, weil es auch ganz schön deprimierend sein kann, sich die ganze Zeit mit Klima und den Krisen alleine zu beschäftigen. Schon allein auch ein emotionaler Austausch unter Kolleg*innen kann da wahnsinnig viel wert sein.” 

Teil des Gründungsteams ist auch der Umweltjournalist und Hochschulprofessor Torsten Schäfer. Bis heute leitet er das Online-Portal “Grüner Journalismus” und erstellte im September vergangenen Jahres für die taz ein Konzept für eine “klimagerechte Sprache” – denn auch die forme, wie die taz schreibt, unser Denken und damit auch unser Klimabewusst-Sein. Die Empfehlungen Schäfer’s beziehen sich dabei insbesondere auf das Framing, also den Rahmen in dem der Inhalt medial eingebettet wird. Ist der Begriff “Klimawandel” zu schwach? Sollten Journalist*innen lieber Begriffe, wie “Klimakrise” oder gar “Klimanotstand” verwenden – oder ist das vielleicht sogar eher kontraproduktiv? Ziel der Empfehlungen einer “klimagerechten Sprache” sei es nicht, Sprachverbote oder Regeln aufzustellen. Vielmehr sei sie “Ausdruck von Vielfalt und sollte daher auch journalistisch offen bleiben, dies freilich in einem Rahmen, den normative Kontexte wie Demokratie und planetare Grenzen setzen”, so Schäfer. Der Diskurs um die mediale Berichterstattung der Klimakrise, der in Deutschland gefühlt erst jetzt Fahrt aufnimmt, hat international bereits vor einigen Jahren begonnen. Resultat daraus ist unter anderen die Initiative  “Covering Climate Now”, initiiert von dem renommierten Fachmagazin Columbia Journalism Review. Im Sommer 2019 riefen diese Medien in aller Welt dazu auf, sich an einer Klima-Themenwoche zu beteiligen. Vom 16. bis 23. September, also bis zum Auftakt des UN-Klimagipfels, der 2019 in New York stattfand, beteiligten sich rund 200 Medien weltweit an der Aktion. Der Guardian, die Nachrichtenagentur Bloomberg, die Huffington Post, ebenso, wie die taz, verpflichteten sich, “in dieser Woche mit Wucht über dieses doch eigentlich journalistisch so undankbare Thema zu berichten”, wie es der SPIEGEL formulierte. Ziel der Initiative “Covering Climate Now”, die aufgrund der großen Resonanz bis heute weitergeführt wird, ist es, neben der Prominenz und Sichtbarkeit, die dem Klimathema dadurch gewidmet wird, die Geschichten auch so zu erzählen, dass die Menschen sie auch begreifen. Es ginge nicht darum, den Leuten vorzuschreiben, was sie publizieren oder senden, wie die Initiatoren immer wieder betonen. Vielmehr ginge es darum, die Öffentlichkeit zu informieren und Debatten zu ermöglichen, da das Thema uns alle anginge. 

Für einige Medienschaffende geht das allerdings zu weit. Ganz im Sinne des deutschen Journalisten und ehemaligen Tagesthemen Moderators Hans Joachim Friedrichs, von dem die Worte stammen: „Ein Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten“, sehen sie eine Gefahr in diesem Verständnis von Journalismus. Dieser habe den Grundsatz der Objektivität zu erfüllen – wer Überzeugungsarbeit leisten will, der soll sich den Aktivist*innen anschließen, so der Tonus einige Kritiker*innen. Worauf sich diese beziehen, ist der Anspruch des Journalismus auf Ausgewogenheit. Sprich, der Pluralismus in den Medien soll durch die Präsentation verschiedener Meinungen und Perspektiven erhalten bleiben. Klingt sinnvoll, ist es auch! Aber was bedeutet das eigentlich im Hinblick auf die Berichterstattung zum Klimawandel? Ist die Konsequenz daraus, dass Journalist*innen ihre Leser- oder Hörerschaft nicht vom menschengemachten Klimawandel überzeugen dürfen? Wenn man überhaupt von überzeugen sprechen kann, wenn sich mehr als 97 Prozent der führenden Wissenschaft längst darin einig sind, dass dieser menschengemacht ist und wir etwas gegen sein Voranschreiten tun müssen. Oder ist mit Ausgewogenheit gemeint, dass, wenn über den Klimawandel berichtet wird, unterschiedliche Perspektiven aufgezeigt werden müssen? Wer eine Umweltwissenschaftlerin in eine Talkshow einlädt, muss er ihr gegenüber dan einen Klimaskeptiker oder gar -leugner platzieren? Gerade das sollte tunlichst vermieden werden, sagt Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann. Er hat gemeinsam mit Kolleg*innen zur sogenannten “Falschen Ausgewogenheit” geforscht und kam zu folgenden Erkenntnissen: “Zu Recht wollen Journalist*innen die Vielfalt der Meinungen darstellen und ausgewogen berichten. Und ‘falsche Ausgewogenheit’ ist dann, wenn man über eine wissenschaftliche Faktenfrage, über die Konsens herrscht, wie, dass es den anthropogenen Klimawandel gibt oder, dass Impfungen bei bestimmten Erkrankungen eine sehr wichtige und unschädliche Sache sind, da, wo es also gar keine Debatte, sondern einen Konsens gibt unter denen, die sich da auskennen, dass dann manche Journalisten denken: “Ich muss da jetzt meine Ausgewogenheit machen. Deshalb brauche ich immer jemanden, der bestreitet, dass der Klimawandel ein ernstzunehmendes Problem ist oder der bestreitet, dass die Menschen den Klimawandel verursachen.” Was dann wie eine 50:50-Balance aussieht, ist aber eigentlich eher ein 97:3-Verhältnis, zumindest, wenn wir vom Klimawandel sprechen. Das bedeutet nicht, dass keine Kritik an diesem Thema geäußert werden könne, nur müsse das Verhältnis zwischen solchen, die extreme und meist in der Minderheit vorhandene Meinungen vertreten und jenen die den wissenschaftlichen Konsens vertreten, entsprechend dargestellt werden. “Und so müsste es dann eigentlich sein, dass man sagt: ‘Okay, ich lade mir jetzt die 97 Experten ein, die sagen, dass es den Klimawandel gibt und die drei, sogenannten Experten, die das bestreiten’.”  Wichtig sei es vor allem die Thesen in den Kontext einzuordnen, insbesondere, wenn sogenannte “Klimaskeptiker” zu Wort kämen. Dies werde auch bereits von vielen Journalist*innen so gehandhabt, wie Brüggemann und sein Forschungsteam herausfanden: “Was wir in unserer Studie gesehen haben, in verschiedenen Ländern in der Qualitätspresse und in führenden Online-Angeboten, dass das zum Glück ein bisschen nachgelassen hat, dass der Journalismus was gelernt hat und die Leute, die das wirklich wider jeglicher Vernunft abstreiten, dass es den Klimawandel gibt, dass die weniger neutral zu Wort kommen, sondern, dass in der Regel Journalist*innen das kontextualisieren und sagen: “Hier gibt es den Bericht des Weltklimarats, wo der Forschungsstand gut zusammengefasst wird. Und dann gibt es aber auch Leute, die das bezweifeln.” Empfehlen würde Brüggemann grundsätzlich jedoch, Extrempositionen zu vermeiden, auch, wenn diese oft zu höheren Klickraten führen.

Ganz beantwortet ist die Frage, ob sich der Journalismus wirklich angreifbar macht, indem er der Klimaberichterstattung eine gewisse Priorisierung einräumt und damit vermeintlich weniger objektiv dasteht, allerdings noch nicht. Die Journalistin Sara Schurmann schreibt in ihrem besagtem offenen Brief, viele Medienschaffende würden zu Recht den Unterschied von Aktivismus und Journalismus betonen. Aber “die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels als vierte Gewalt zu kontrollieren”, sei kein Aktivismus, als vielmehr “wissenschaftlich, menschlich und journalistisch geboten”, so Schurmann. Für Umweltjournalist Torsten Schäfer hat Nachhaltigkeit sogar die gleiche Bedeutung wie etwa Meinungsvielfalt und Bürgerrecht, für deren Erhalt sich innerhalb von Demokratien Journalist*innen auch problemlos einsetzen können. Warum dann nicht auch für die Bekämpfung des Klimawandels? Weshalb macht man sich hier als Journalist*in schnell des Aktivismus verdächtig? Ist es so abwegig, dass einem das Thema und damit der Erhalt von Mensch und Erde, am Herzen liegt? Wie objektiv können Journalist*innen im Hinblick auf die Klimakrise überhaupt sein, wenn sie doch uns alle betrifft? Sara Schurmann hat darauf für sich eine recht klare Antwort gefunden: “Hier ist natürlich die Frage was man unter Neutralität oder Objektivität versteht. Ich würde darunter erstmal verstehen, dass man sich an wissenschaftliche Fakten hält. Ich glaube nicht, dass man sich als Journalist neutral zwischen die Option Klimaschutz oder kein Klimaschutz stellen kann. Denn, dass es Klimaschutz unbedingt braucht, ist wissenschaftlich absolut eindeutig, wenn wir den nicht machen, gefährden wir die Menschheit. Von daher ist das glaube ich nicht die Position der Neutralität, die man einnehmen kann. Neutral wäre es eher, sich an einen wissenschaftlichen Konsens zu halten und diesen hochzuhalten – und der fordert auf jeden Fall Klimaschutz.”

Wissenschaft braucht guten Journalismus, der in der Lage ist die Ergebnisse für ein Publikum aufzubereiten, das in der Regel nicht so tief in den Themen steckt. Dafür müssen Journalist*innen häufig, einerseits aus Platzmangel und, um Komplexität zu reduzieren, Abstriche machen. Ansonsten könnten sie ja auch einfach die wissenschaftlichen Paper bei sich eins zu eins abdrucken lassen. Aber wer hat schon Zeit und Muße die oft hunderte Seiten füllenden Berichte zu studieren? Die wenigsten von uns vermutlich. Daher vereinfachen Journalist*innen in der Regel in der Klimaberichterstattung die Modelle, die Wissenschaftler*innen verwenden, um Zusammenhänge und Wahrscheinlichkeiten zu erklären. 

Genau dieses Vorgehen allerdings kritisiert der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski von der WELT immer wieder, dass angeblich in Berichten über Klimaprognosen deren Unsicherheiten verschwiegen würden. Erst kürzlich übte er Kritik an der medialen Berichterstattung einiger Journalist*innen, welche die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auf die Folgen des Klimawandels zurückführten. Für Bojanowski bestätigt sich darin seine These, derzufolge ein gewisser Anteil an Journalist*innen, wie auch Wissenchaftler*innen sich der sogenannten “noble cause corruption”, also der Korruption für den guten Zweck verdächtig machten. In seinen Augen würden diese zugunsten der Risiken, die Unsicherheiten die der Klimaforschung zugrunde liegen, verschweigen: “Viele haben einfach noch nie davon gehört, dass die Klimawissenschaft komplex ist und immer mit erheblichen Unsicherheiten arbeiten muss. Wenn ich dann einen Artikel schreibe, indem ich schreibe, dass Vieles nicht so klar ist in Sachen Klimawandel, wirkt das für manche wie Provokation. Dabei ist die Vermittlung von Unsicherheiten ganz entscheidend, um sich verantwortungsvoll vorbereiten zu können auf die Folgen der globalen Erwärmung.” Bojanowski meint dabei zwei Gruppen beobachten zu können, welche sich im Hinblick auf die Berichterstattung von Klimafakten gegenüberstünden und die er für problematisch hält: “Die “Risikenverschweiger” gehen gerne über die erheblichen Risiken der globalen Erwärmung hinweg. Diese Leute werden gerne oft auch als “Klimaskeptiker” bezeichnet. Die “Unsicherheitenverschweiger”, wie ich sie nennen, ignorieren die gewaltigen Unsicherheiten im Klimasystem, häufig um die Risiken zu unterstreichen. Sie werden gemeinhin auch gerne als “Alarmisten” bezeichnet. Beide Gruppen verschweigen also jeweils eine wesentliche Realität – entweder die Risiken des Klimawandels oder die Unsicherheiten des Klimawissens.” Nun lässt sich keineswegs leugnen, dass Wissenschaft immer Unsicherheiten mit sich bringt. Sonst wäre sie keine Wissenschaft, sondern Ideologie. Selbst die Wettervorhersage für übermorgen ist mit Unsicherheiten verbunden. Sich jedoch auf die Komplexität der Klimawissenschaft zu berufen, um dadurch zu begründen, weshalb diese angeblich keine Ergebnisse hervorbringe, auf die man sich mit einer gewissen Sicherheit stützen könne, sei schlichtweg irreführend und falsch, wie mir Prof. Dr. Pao-Yu Oei,  Klimawissenschaftler an der Europa-Universität Flensburg erzählt. Unsicher sei lediglich die Tragweite der Katastrophe, nicht aber, dass es durch den Menschen zu extremen irreversiblen Veränderungen kommen wird. Mindestens 97 Prozent aller veröffentlichten wissenschaftlichen Paper, die den  Klimawandel behandeln, stimmen darin überein, dass dieser menschengemacht ist. Die Anzahl der veröffentlichten Paper, die dem widersprechen, ist im Vergleich dazu verschwindend gering, wie auch das sogenannte “consensus project” offenlegt. Es ist richtig, dass die Intensität einiger Szenarien, wenn es beispielsweise um irreversible Kipppunkten geht, nicht exakt prognostiziert werden kann – was der IPCC-Bericht allerdings auch transparent offenlegt – jedoch muss man sich doch fragen, ob diese zum Teil marginalen Unsicherheiten, Grund genug darstellen, sie gegenüber den Risiken hervorzuheben, die in vielen Fällen dramatische Auswirkungen haben können. Ist es wirklich ratsam, bis zum letzten Moment zu warten, bis man sich zu 100 Prozent sicher sein kann – was allerdings der Wissenschaft widerspräche – um Menschen adäquat zu informieren oder, wenn nötig, zu warnen? Im Fall der Hochwasserkatastrophe in Mitteldeutschland in diesem Sommer wäre es, wie eine Studie der „World Weather Attribution“-Initiative (WWA) herausfand, ratsam gewesen, früher auf die Gefahren hinzuweisen, die auch im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung stehen. Transparenz gehört zu guter Kommunikation dazu, auch oder ganz besonders bei der Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das hebt auch der Meteorologe Franz Ossing, der Teil des Koordinationsteams der Scientists for Future ist, hervor. Guter Wissenschaftsjournalismus “stärkt das Bewusstsein und den Respekt für die Positionen aller Beteiligten […], fördert den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft […] und arbeitet faktentreu.” Das heißt, er “übertreibt nicht in der Darstellung der Forschungserfolge und verharmlost oder verschweigt keine Risiken. [… Er] unterstützt und organisiert den Dialog über Chancen und Risiken von wissenschaftlichen Methoden und Ergebnissen”, wie sich in den “Leitlinien zur guten Wissenschafts-PR” der Initiative “Wissenschaft im Dialog” (WiD) nachlesen lässt. Das scheint prinzipiell auch mit den Forderungen von Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski übereinzustimmen, dieser sieht jedoch nach wie vor eine besondere Gefahr in jenen Journalist*innen, die seiner Meinung nach “Überzeugungsarbeit” leisten würden: “Prinzipiell finde ich es gut, wenn Journalisten unterschiedliche Perspektiven aufzeigen – das ist ja der Pluralismus, der die Sache vorantreibt. Gute Sache, würde ich sagen. Ich halte es aber für höchst problematisch, wenn Medien Überzeugungsarbeit leisten wollen. Medienforschung hat gezeigt, dass sich die Leser abwenden, wenn sie mit Überzeugungsarbeit konfrontiert werden – nur Sympathisanten macht man glücklich mit “Wach-rüttel-Journalismus”. Fraglich ist jedoch, was seine eigene Form der Kommunikation auszeichnet. Wer, wie Bojanowski, Artikel veröffentlicht, in denen er vor einer “unterschätzen Macht der grünen Lobby” warnt oder die Idee einer täglichen Klimasendung im Fernsehen als “ideologisch” bezeichnet, ist der wirklich so neutral, wie er vorgibt zu sein? 

“Der am weitesten verbreitete Aktivismus unter Journalisten ist wohl die Parteinahme für eine Normalität, die es nicht mehr gibt, also der #Normalismus als Ideologie. Womit dann eine begrenzte Wahrnehmung und verfälschende Gewichtung von Realität einher geht” twitterte  der deutsche Journalist und stellvertretende Chefredakteur der ZEIT, Bernd Ulrich, Anfang September letzten Jahres: Eine Antwort oder vielleicht eher Ergänzung auf den Tweet der Journalistin und Autorin Teresa Bücker, die mit einem Zwinkern schrieb: “Vielleicht sollte man mal anfangen, gewisse Menschen als […] ‘Aktivist für Umweltzerstörung’ […] zu betiteln.” Vertreten wir nicht immer irgendwie unsere Interessen? Und ist der Einsatz für den Erhalt des Status-quo nicht auch in gewisser Weise “Aktivismus”? Zumindest steckt dahinter eine Überzeugung, eine Haltung und Werte. Diese transparent zu machen, ganz gleich, wofür man auch stehe, darin liege die Krux, so Medienwissenschaftler Brüggemann: “Es gibt einfach ein klassisches verständnis des Journalismus das sagt: Der Journalist ist ein neutraler, distanzierter Beobachter, der ganz objektiv davon berichtet, wie die Welt ist. Dann gibt es die Vorstellung, die eher in den Sozialwissenschaften vorherrscht, dass eigentlich niemand in der Lage ist neutral und ohne Meinung zu berichten. Dass also alle Menschen bestimmte Meinungen und Werte, Vorstellungen und Weltsichten haben. Und diese Weltsichten prägen immer alles was sie sagen. Wenn man von dieser Position ausgeht, dann fällt die künstliche Gegenüberstellung von Aktivisten und Journalisten in sich zusammen. Weil es dann nur noch ein Mehr oder Weniger gibt, beziehungsweise einen Unterschied zwischen denen, die ihre Werte und Meinungen transparent machen und die so tun, als ob sie neutral sind, es aber nicht sind. Das machen die ja gar nicht unbedingt absichtlich. […] Also, wenn ich jetzt alle möglichen Journalist*innen fragen würde, ist Pressefreiheit ein Wert für den sie streiten, auch in ihrer Arbeit – Meinungsfreiheit, Demokratie – dann würden die meisten vermutlich ja sagen. Es gibt so bestimmte Werte, die eben doch viele Journalisten in unserer Gesellschaft teilen und da ist ja auch kein grundsätzliches Problem dabei. Solange man sich dessen bewusst ist. Es ist eigentlich schlauer, wenn man sich selber hinterfragt, was sind denn eigentlich meine Werte? Warum mache ich denn eigentlich Klimajournalismus? Doch nicht, weil im Wirtschaftsjournalismus kein Job frei war? […] Und ein Autojournalist interessiert sich doch vielleicht auch für Autos und fährt gerne Auto. Und diese eigene bias, die Menschen nun mal haben, transparent zu machen, das finde ich besser, als das einfach abzustreiten und zu tun: “Ich bin der, der neutral ist und sag wie die Fakten sind und die anderen sind praktisch die Aktivisten.”

Grundsätzlich können wir wohl erstmal festhalten, dass den meisten Journalist*innen, die ihren Beruf ernst nehmen, Meinungsvielfalt und Pluralismus am Herzen liegt. Wieso sollte es daher schaden, wenn auch der Journalismus selbst eine neue, nennen wir es “Strömung” erhält? Könnte ihm das nicht sogar gut tun? Als sogenannter “Transformativer” oder “Konstruktiver Journalismus” wird diese Art der Berichterstattung auch bezeichnet. Also Journalismus, der neben der Problembeschreibung auch Lösungsansätze präsentiert und versucht, Akteure die eine nachhaltige Transformation begünstigen, durch Sichtbarkeit zu stärken. Eine Reihe von spezialisierten Medien, wie das enorm-Magazin, Perspective Daily oder die klimareporter pflegen diesen journalistischen Ansatz bereits. Von strategischer Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit grenze sich der Transformative Journalismus jedoch dadurch ab, dass er institutionell und mental unabhängig von den Akteur*innen des Wandels agiere, so Dr. Uwe Kröger, Medien- und Kommunikationswissenschaftler an der Universität Leipzig. Neutral ist Transformativer Journalismus demnach zwar nicht, aber objektiv kann und soll er durchaus sein. Wichtig für die Legitimation einer solchen Berichterstattung sei ein allgemeines Bewusstsein, dass das Herstellen von Öffentlichkeit für jegliche Themen oder Akteur*innen immer ein politischer Akt und nie wertfrei sei, meint Kröger. Dies gilt auch, wenn die ARD vor der Tagesschau die „Börse vor acht“ sendet oder ein konstruktiv-transformatives Format namens „KLIMA vor acht“. So nennt sich eine Initiative die eine “Primetime fürs Klima” fordert, in der regelmäßig und wissenschaftlich fundiert über die Klimakrise berichtet werden soll. Bisher wurde die Sendezeit von den öffentlich-rechtlichen Sendern jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Pressesprecherin von KLIMA vor acht, Friederike Mayer, sagt zu dieser Entscheidung: “Man könnte spekulieren, ob es daran liegt, dass diese Idee von außen an den Sender herangetragen wurde oder ob es daran liegt, das Klimaberichterstattung oft noch, fälschlicherweise, als “grünes” Thema gesehen wird bzw. parteipolitisch verknüpft wird und sich die Sender deswegen scheuen so ein Format umzusetzen. Ich persönlich denke, dass die Dimension der Krise, mit der wir es hier zu tun haben, von den öffentlich-rechtlichen bis heute noch nicht richtig verstanden wurde. Denn hätten sie das verstanden, wäre es eigentlich gar keine Frage, dass so ein Format entwickelt wird und auch auf einem prominenten Sendeplatz läuft.” Einen kleinen Erfolg konnte die Initiative jedoch kürzlich verzeichnen, als der TV-Sender RTL bekannt gab, dass immer donnerstags und samstags auf die Hauptausgabe von „RTL Aktuell“ ein „Klima Update“ folgen werde. In den 90 Sekunden informieren die Meteorologen Christian Häckl und Bernd Fuchs über Hintergrundwissen und Fakten zum Klimawandel sowie aktuellen Forschungsergebnissen. Bei der Premiere am 8. Juli sahen immerhin fast drei Millionen Menschen zu, erzählt Friederike Mayer: “Die Reaktionen auf das Klima-Update waren eigentlich durchwegs positiv. Wir haben uns sehr gefreut, das mit RTL ein privater Sender unsere Idee aufgegriffen hat und wir freuen uns natürlich auch über die Reichweite, die ein solches Format über einen prominenten Sendeplatz bekommen hat. Grundsätzlich würden wir uns natürlich ein etwas längeres Format wünschen und auch Eins, das täglich ausgestrahlt wird, aber es ist auf jeden Fall ein guter Anfang.” 

Der Mehrheit der Journalist*innen, die sich dem Transformativen Journalismus zugehörig fühlen, liegt es wohl fern, ihr Publikum lediglich mit Horrorgeschichten zu alarmieren. Ganz im Gegenteil, geht es vielen, neben dem Anspruch der umfassenden Information, besonders um die Offenlegung von Handlungskorridoren. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit soll gestärkt werden – nicht nur auf individueller Basis, sondern auch hinsichtlich kollektiver Wirkmächte, die wir als Bürgerinnen und Bürger besitzen. Was viele der Publikationen in diesem Feld auszeichnet, ist, dass sie darauf hinweisen, dass auch Alternativen zum Status-quo existieren, dass es, je nach Perspektive, auch anders aussehen könnte. Von “Überzeugungsarbeit” oder gar einer Infantilisierung der Leser- oder Hörerschaft lässt sich in diesen Fällen wohl kaum sprechen. Vielmehr ist es ein Angebot – unter vielen. Denn das zeichnet auch eine plurale Medienlandschaft aus, dass sie Widersprüche und Ambiguitäten toleriert. Auch hinsichtlich der Art und Weise, wie Journalismus interpretiert wird. Darüber diskutiert und gestritten werden, darf gerne – im besten Fall bewirkt das nur, dass Journalist*innen und Medienschaffende am Ende ein noch besseres Verständnis von ihrer Arbeit erlangen – gesetzt den Fall, wir ziehen uns nicht in unsere sicheren “Blasen” zurück, sondern suchen den Austausch: “Also ich finde es gut, wenn es im Journalismus eine gewisse Vielfalt gibt, auch in den Rollenverständnissen. Es ist ja ok, dass es den Nachrichtenjournalisten gibt, der versucht keinerlei Subjektivität einfließen zu lassen. Aber diejenigen, die Journalismus anders machen, solange sie damit transparent umgehen, sind für mich genauso gute Journalisten.” 

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