Wenn man den Medien Glauben schenkt, geht unsere Welt gerade den Bach hinunter. Und wir dürfen dabei zusehen, wie Politiker sich quasi taub stellen, ganz gleich ob erfahrene und anerkannte Wissenschaftler an ihre Türen klopfen oder eine Greta Thunberg. Da kann man innerlich schon mal verzweifeln. Und dann steht da plötzlich eine Frage im Raum: Bringt das alles überhaupt etwas? Kann ich wirklich etwas bewegen?
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Bevor ich in die Podcast Folge einsteige, möchte ich mich bei meinem Podcast Sponsoren, Book Beat bedanken. Book Beat ist eine Plattform und App für Hörbücher. Wenn du mir auf Instagram, folgst dann weißt du vermutlich, dass ich sehr gerne und viel lese. Und das ist, glaube ich, immer noch eine Untertreibung. Im Moment höre ich zum Beispiel „Erkenne die Welt“ von dem Philosophen Richard D. Precht. Kann ich nur empfehlen, wenn du etwas mehr über die Geschichte der Philosophie erfahren möchtest. Für mich ist es quasi eine kleine Vorbereitung auf mein Philosophie Studium, das im Oktober startet. Mit dem Code MARILENA, also meinem Namen, hast du übrigens die Möglichkeit, Book Beat 30 Tage lang kostenlos testen. Danach kostet die App 14,90 im Monat und ist jederzeit kündbar. Ich habe dir alles in den Shownotes verlinkt, sodass du nach dem Podcast alles entspannt nachlesen kannst.
So, und nun zum Thema der heutigen Folge:
Wenn man den Medien Glauben schenkt, geht unsere Welt gerade den Bach hinunter. Durch unsere schonungslose Ausbeutung und Verschwendung der natürlichen Ressourcen, über Jahre hinweg, haben wir nun den Salat. Die Temperaturen steigen erbarmungslos, infolge schmelzen die Polkappen, ganze Tier- und Pflanzenarten drohen auszusterben. Und vielleicht sogar die ganze Menschheit. „Die Menschheit schafft sich ab“, wie Harald Lesch es in einem seiner Bücher tituliert.
Und, als wäre das alleine nicht schon genug, erleben wir ganz nebenbei auch noch einen enormen Zuwachs an rückwärts gewandten populistischen Bewegungen. Dass immer mehr Männer, wie Trump, Putin, Erdogan und Co. an die Macht kommen, lässt die meisten von uns nicht vor Freude jubeln, sondern stimmt uns nachdenklich.
Auch die voranschreitende Digitalisierung, die angeblich wie eine Welle über uns hereinbrechen wird, gibt nicht gerade Anlass für Freudensprünge. Eine neue Ära der Massenarbeitslosigkeit und die Übernahme durch KI, welche in eine Technokratie mündet, sind nur einige der Prophezeiungen, von denen man liest.
Und als Sahnehäubchen, wenn wir uns all dies zu Gemüte geführt haben, müssen wir feststellen, dass dennoch fast nichts getan wird. Die Politiker stellen sich quasi taub. Ganz gleich ob erfahrene und anerkannte Wissenschaftler an ihre Türen klopfen oder eine Greta Thunberg mit der „Fridays for Future“ Bewegung auf die Straßen geht und zu zivilem Ungehorsam aufruft. Die Lobby der großen Konzerne scheint einfach mehr Gehör zu finden. Schließlich muss alles was wir tun, zum Wachstum beitragen. Einen Profit rausschlagen. Da passen die Forderungen der Klimaschützer natürlich nicht ins Konzept.
Also denken wir uns „Fuck it! Wenn die da oben schon nichts ausrichten, dann mache ich das jetzt!“ Wir beginnen vegan zu essen, Second-Hand zu kaufen, fahren an die Ostsee statt nach Malle zu fliegen. Wir bemalen Plakate und gehen auf die Straße, um unseren Unmut kundzutun. Nur, damit uns dann in den Nachrichten davon erzählt wird, dass die Menschen um uns herum völlig unbeirrt weiter in den Urlaub fliegen, mit dem Kreuzfahrtschiff herum schippern, und Fleisch konsumieren bis zum Umfallen.
Da kann man innerlich schon mal verzweifeln. Hat man doch sein letztes Hemd gegeben und sich wirklich Mühe gegeben, seinen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Es könnte doch alles so viel besser sein, wenn die anderen das auch begreifen und ihr Verhalten ändern würden. Warum tun sie das nicht? Warum verschließen sie sich?
Und dann steht da plötzlich eine noch größere Frage im Raum: Bringt das alles überhaupt etwas? Kann ich wirklich etwas bewegen? Ich bin doch nur ein kleiner Pups im Universum. Vielleicht hat das ja alles gar keinen Sinn? Vielleicht sollte ich einfach das Leben, was ich habe genießen, mich darum nicht kümmern und es Sache der Politik sein lassen, diese Herausforderungen zu lösen? Vielleicht ist es ja eh zu spät? Vielleicht ist das ja auch alles eine Lüge und nur halb so schlimm? Was soll ich eigentlich glauben? Was darf ich noch hoffen?
Glaub mir, all diese Gedanken hatte ich auch schon. Die mir manchmal schlaflose Nächte bereitet haben. Über die ich mir alleine oder auch mit Freunden gemeinsam den Kopf zermartert habe. Vielleicht die wichtigste Message dieser Folge: Du bist nicht alleine!
Ich würde diese Folge nicht aufnehmen, wenn mir das Thema nicht selbst wichtig wäre. Gerade durch meine Arbeit und das Teilen meiner Gedanken in der Öffentlichkeit, ist mir bewusst geworden, wie viele Menschen, angesichts all der globalen Herausforderungen, das Gefühl haben, ohnmächtig zu sein. Man bezeichnet das auch als Weltschmerz.
Aber was ist Weltschmerz eigentlich genau? Weltschmerz ist ein vom deutschen Schriftsteller, Jean Paul Friedrich Richter, geprägter Begriff für ein Gefühl der Trauer und schmerzhaft empfundener Melancholie, das jemand über seine eigene Unzulänglichkeit empfindet, die er zugleich als Teil der Unzulänglichkeit der Welt, der bestehenden Verhältnisse betrachtet.
Das bedeutet also, wir empfinden Weltschmerz, wenn die weltlichen Entwicklungen unseren persönlichen Vorstellungen und Werten widersprechen. Also, wenn wir z.B. selbst Vegetarier sind, aber zusehen müssen, wie immer mehr Tiere verspeist werden. Dann schmerzt uns das, weil es entgegen unserem Weltbild steht.
Das Gefühl der Ohnmacht und eigenen Unzulänglichkeit, entsteht aber vor allem dann, wenn wir an dem gegenwärtigen Zustand nichts ändern können. Oder es zumindest so empfinden. Durch das Nicht-Übereinstimmen von Werten und Handeln (ich will ja eigentlich, aber kann nicht), entsteht ein quälender Konflikt, also eine Dissonanz.
Wir stecken im wahrsten Sinne des Wortes in einer Zwickmühle. Und wie wir damit umgehen, hängt sehr stark von unserer Persönlichkeit, unserem Umfeld und unserer Lebenssituation ab. Manch einer wendet sich ganz von der medialen Bericherstattung ab. Nach dem Motto: „Was ich nicht sehe/höre, das existiert nicht.“ Zumindest nicht in meiner Welt. Realitätsflucht könnte man das auch nennen. Eine Reaktion auf den Weltschmerz kann auch die absolute Resigantion sein. Nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut.“ Ich kann nichts ausrichten, dann genieße ich doch wenigstens das eine Leben, das ich habe. Und zu guter Letzt, sind da die zähen Kämpfer, die manchmal ihre ganze Existenz dem Wunsch nach einer besseren Welt unterstellen. Mal mehr, mal weniger dogmatisch.
Es gibt auch einige Stimmen, insbesondere aus den Wissenschaften, die der Meinung sind, Weltschmerz sei vor allem ein “First World Problem”. Nach dem Motto: “Wer um das nackte Überleben kämpfen muss, hat keine Zeit für Weltschmerz.” Dem würde ich nicht mal widersprechen. Sich vor Augen zu führen, dass man sich in einer sehr privilegierten Position befindet, ist vor allem sinnvoll, um nicht in Melancholie und Selbstmitleid zu versinken und stattdessen Mitgefühl zu praktizieren und ggf. aktiv zu werden. Allerdings, und das ist in meinen Augen ebenso wichtig: nur, weil man ein Luxusproblem hat, macht es das nicht weniger schmerzhaft. Es zu verdrängen, nach dem Motto: „anderen geht es viel schlechter, reiß dich mal zusammen“, hilft selten weiter. Ich denke, zu Akzeptieren, dass man dieses Gefühl nun mal fühlt, anstatt es Kleinzureden, ist eine gute Basis.
Für was? Naja, um mit dem Gefühl des Weltschmerz umzugehen. Gibt es dann einen richtige Weg? Ich bezweifle es. Daher teile ich dir einfach mal meine Gedanken dazu und wie ich selbst damit bisher umgehe. Vielleicht helfen sie dir ja ebenso weiter.
- Ich für mich persönlich, in meinem kleinen Universum, versuche stets mein Bestes zu geben. Indem ich nach meinen Werten handle und anhand dieser meine Entscheidungen abwäge. Ob ich etwas wirklich benötige oder nicht. Wie ich reise. Wie ich lebe. Ich hinterfrage stets mein Handeln und Sein, um nicht selbst in einer Art Diskrepanz zu leben. Nach dem Motto: „Wasser predigen und Wein trinken.“
- Allerdings mache ich mir auch immer wieder, und das ist Punkt 2, meine persönlichen Grenzen bewusst. Ich definiere meinen Bereich des Möglichen, auf den ich Einfluss nehmen kann. Und akzeptiere demnach auch, dass ich nicht perfekt, sondern menschlich bin. Wenn ich mich bewusst entscheide eine Avocado zu essen oder vor lauter Schusseligkeit oder Stress mal meinen Re-Cup für den Coffee to go vergessen habe, dann foltere ich mich dafür, im übertragenen Sinne natürlich, nicht den ganzen Tag. Mein Anspruch ist es, mich zu bessern, indem ich mein mir Möglichstes tue. Mit einem schlechten Gewissen, ist niemandem geholfen. Darum versuche ich lieber mir selbst mitfühlend zu begegnen und aus meinen manchmal „Fehlentscheidungen“ zu lernen und mich zu bessern.
- Das führt mich zu Punkt 3, nämlich dem Mitgefühl. Wir urteilen oft viel zu schnell über Menschen, ohne deren Hintergrund und Geschichte zu kennen. Je mehr Verständnis wir uns selbst gegenüber bringen können, desto leichter fällt es uns zu akzeptieren, dass andere Menschen ebenfalls ihre eigenen Grenzen haben. Dass jeder das Maß und den Umfang seines Einsatzes selbst bestimmen darf. Je dogmatischer und belehrender wir vorgehen, auf desto mehr Reaktanz werden wir vermutlich stoßen. Darum lieber nach Ghandis Motto: Sei die Veränderung, die du selbst in der Welt sehen willst.
- Also nicht nur labern, sondern auch machen! Good Point! Nämlich Nummer 4. Selbst aktiv werden. Den eigenen Unmut über die Unzulänglichkeiten in der Welt nutzen und transformieren. Es gibt mittlerweile zahlreiche Initiativen, Vereine, Unternehmen und auch Einzelkämpfer*innen, die sich für das Gute einsetzen. Im Kleinem, wie im Großen. Dabei spielt es keine Geige, ob du es nach Feierabend als Ehrenamt oder Vollzeit machst. Ich glaube, es gibt kaum etwas, das mehr Sinn verleiht, als sich für etwas einzusetzen, das einem am Herzen liegt.
- Und, Punkt 5, Teil von etwas zu sein, das größer ist, als man selbst. Das ist z.B. einer der Gründe, weshalb ich ein gemeinnütziges Kollektiv gründe. Weil ich den Diskurs mit Gleichgesinnten und das Gefühl der Verbundenheit vermisse. Aber natürlich auch, weil man zusammen, indem man sich solidarisiert, viel mehr erreichen kann, als alleine. Und, es macht zudem mehr Spaß.
Eigentlich, fürs Gefühl, wären 5 Punkte runder, aber ich habe noch einen: Punkt 6. Trotz all der zum Teil beunruhigenden und entmutigenden Nachrichten, sollten wir nicht vergessen, auch die positiven Ereignisse wahrzunehmen und wertzuschätzen. Veränderung braucht Zeit. Dem englischen Philosophen Anthony Appiah zufolge, gibt es 5 Phasen, in denen sich sogenannte moralische Revolutionen vollziehen.
Phase 1: Problem wird nicht gesehen
Phase 2: Anerkennung, aber kein persönlicher Bezug
Phase 3: Anerkennung des persönlichen Bezugs, aber Nennung von Gründen, warum kein Handeln möglich ist
Phase 4: Handeln
Phase 5: Im Rückblick: Unverständnis, dass die alte Praxis je bestehen konnte
Sich also immer wieder zu vergegenwärtigen, was bereits vorangeschritten ist, wo wir uns verbessert haben, im privaten, wie im gesellschaftlichen Kontext, ist, glaube ich zumindest, essentiell, um die Hoffnung zu bewahren. Darum braucht es in meinen Augen auch mehr kollektive Utopien und neue Narrative für unsere Zukunft als Gesellschaft. Die uns Mut machen mitzugestalten und unsere Handlungsspielräume zu nutzen.
Denn eines ist glasklar: Zukunft passiert nicht. Zukunft wird gemacht. Und zwar von uns allen. Darum zum Abschluss die Worte des französischen Philosophen Francis Bacon: „Wenn Zukunft eine Perspektive ist, dann sollte man in der Gegenwart damit beginnen, sie zu gestalten.“
In dem Sinne, lass uns gemeinsam die Zukunft gestalten!
Marilena Berends, Podcast Sinneswandel
Folge #125