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Henrietta Clasen

Henrietta Clasen

Zukunft, (un)denkbar?

von Henrietta Clasen 22. Juni 2021

Die alte Zukunft hat keine Zukunft. Und doch scheinen wir sie uns nicht einmal vorstellen zu können – eine bessere Zukunft. Wir lobpreisen die Gegenwart, die Achtsamkeit des Augenblicks – doch wären wir uns wirklich selbst so bewusst, wie wir vorgeben zu sein, müssten wir dann nicht erkennen, dass die Gegenwart nicht zukunftsfähig ist?! Wie kann es sein, dass bis heute, trotz des exponentiellen Anstiegs an Informationen, aus all den Fakten keine Praxis entsprungen ist? Und doch kopieren wir immer wieder das, was wir bereits kennen – aus Angst vor der Zukunft?

Shownotes:

Macht (einen) Sinneswandel möglich, indem ihr Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr uns auch via PayPal oder per Überweisung an DE95110101002967798319. Danke.

Danke auch an Jonte Mutert, der unseren neuen Jingle produziert hat. Sowie an Hannes Wienert, der uns seine Stimme für die Zitate von Roger Willemsen lieh.

► Roger Willemsen: “Wer wir waren” (2016).
► Springer: “The development of episodic future thinking in middle childhood”(2018).
► PNAS: “Reducing future fears by suppressing the brain mechanisms underlying episodic simulation”(2016).
► Frankfurter Rundschau: “Historisches Urteil zur Klimaklage: Jetzt müssen die Emissionen so schnell wie möglich runter”, (05/2021).
► Dietmar Dath: “Niegeschichte. Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine”, Matthes & Seitz. Berlin (2019).
► Ernst Bloch: “Geist der Utopie”, Suhrkamp (1918).

Kontakt:
✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art

Transkript: Zukunft, (un)denkbar? – Können wir uns ein besseres Morgen vorstellen?

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

Es ist Zeit für einen Wandel! Das haben wir uns auch in der Podcast Redaktion gedacht, und daher vor einigen Wochen einen Aufruf gestartet, in dem wir euch gebeten haben, uns eure Vorschläge für einen neuen Sinneswandel Jingle zu schicken. Vielen Dank an alle, die das getan haben. Wir sind wirklich überwältigt von der Vielfalt an Ergebnissen und davon, wie viel Zeit und Mühe ihr in die Produktion gesteckt habt. Die Auswahl ist uns alles andere als leicht gefallen – aber, wie ihr vermutlich schon gehört habt, ist sie gefallen. Der neue Jingle kommt von Jonte Mutert, der noch in diesem Jahr sein Studium der Filmmusik in Babelsberg aufnehmen wird. Wir hoffen, euch gefällt der neue Sound ebenso gut, wie uns. Schickt uns gern euer Feedback an redaktion@sinneswandel.art.

Um Wandel soll es auch in der heutigen Episode gehen. Oder vielmehr darum, welches Denken die Realisation von Wandel voraussetzt. Bevor wir beginnen, möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass wir uns freuen, wenn ihr unsere Arbeit finanziell unterstützt. Bereits 200 Fördermitglieder zählen wir auf Steady – was großartig ist und wofür wir sehr dankbar sind – damit wir aber weiterhin und vor allem langfristig möglichst unabhängig produzieren können, seid ihr gefragt! Unterstützen könnt ihr uns, wie gesagt ganz einfach mit einer Mitgliedschaft über Steady oder auch, indem ihr uns einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/SinneswandelPodcast schickt – das geht auch schon ab 1€ und steht alles noch mal in den Shownotes. Das war’s, ich wünsche euch viel Freude beim Zuhören!

“Mag die Welt auch vor die Hunde gehen, die Zukunft hat dennoch ein blendendes Image”, schreibt Publizist Roger Willemsen in “Wer wir waren”, der letzten Rede vor seinem viel zu frühen Tod im Februar 2016. “Selbst verkitscht zu Wahlkampf-Parolen, verkauft sie sich so gut, als wäre sie wirklich noch ein Versprechen”. So warb Armin Laschet in seiner Rede für das CDU-Programm zur Bundestagswahl mit einem „Jahrzehnt der Modernisierung“ und die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, sprach auf dem Grünen-Parteitag davon, dass eine Ära zu Ende gehe und wir nun die Chance hätten, eine neue zu begründen. Jetzt sei der Moment, unser Land zu erneuern, so Baerbock. Doch längst nicht nur die Politik hat die Zukunft für sich entdeckt. So warb die niederländische Versandapotheke Doc Morris 2018 mit “Gestalten wir die Zukunft, bevor sie da ist“, einem Slogan, der ebenso gut von einer Partei hätte kommen können. Zukunft ist längst nichts mehr, das einfach passiert. Nicht umsonst zerbrechen sich Zukunftsforscher*innen an renommierten Instituten die Köpfe darüber, in welcher Welt wir einmal leben werden. Das Morgen wird schon heute vorausgedacht. 

Man könnte also den Eindruck gewinnen, die Zukunft stehe vor der Tür. Dabei könnten wir kaum weiter von ihr entfernt sein. Vielmehr stehen wir vor dem Abgrund einer ganz und gar ungewissen Zukunft, was wir nur zu verdrängen scheinen. “Die Zukunft, das ist unser röhrender Hirsch über dem Sofa, ein Kitsch, vollgesogen mit rührender Sehnsucht und Schwindel. Die Zukunft der Plakate existiert losgelöst von den Prognosen unseres Niedergangs und hat in der Kraft ihrer Ignoranz keinen Bewegungsspielraum, sie verharrt hingegen. Was nicht neu ist, das ist die Zukunft”, so Willemsens These. Dabei wissen wir doch eigentlich schon lange, dass es nicht mehr weitergehen kann wie bisher. Und doch kopieren wir immer wieder das, was wir bereits kennen, und pflegen eine nostalgische Beziehung zur Vergangenheit – aus Angst vor der Zukunft? “Where is the wisdom we lost in knowledge?”, fragt T.S. Eliot bereits 1934 in seinem Theaterstück “The Rock”. Wie kann es sein, dass bis heute, trotz des exponentiellen Anstiegs an Informationen, aus all den Fakten keine Praxis entsprungen ist? Ist es das schlechte Gewissen gegenüber künftigen Generationen, was uns schließlich handeln lässt? Oder bedarf es erst der Justiz, die uns ermahnt, die Zukunft mitzudenken? Es bleibt noch abzuwarten, ob auf das erst kürzlich im April getroffene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge das Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig sei, sprich nicht mit den Grundrechten vereinbar, die gewünschte Umsetzung folgen wird. Als “Zeitenwende. Bahnbrechend. Und wirklich historisch”, bezeichnete Energieökonomin Claudia Kemfert das Urteil.  Denn zum ersten Mal wird auf oberster Ebene Generationengerechtigkeit in puncto Klima juristisch mitgedacht. Worauf sich Karlsruhe dabei beruft, ist das sogenannte Vorsorgeprinzip des Staates laut Grundgesetz Artikel 20a, demzufolge die Regierung verpflichtet ist künftige Generationen vor dem Klimawandel zu schützen und Kosten nicht unnötig auf unsere Enkelkinder schieben darf. Das Urteil konsequent zu Ende gedacht bedeutet: Rasches Handeln ist erforderlich. Nichtstun oder einfach so weitermachen wie bisher, ist deutlich teurer als endlich zu Handeln. Die wahre Schuldenbremse, so Kemfert, sei der Klimaschutz. Was jetzt passieren muss, sei eine 180 Grad Wende: Raus aus dem fossilen Zeitalter und grünes Licht für die erneuerbaren Energien! Wachstum allein, ist längst kein Indikator mehr für Wohlstand und Zufriedenheit – war es vermutlich nie. Was nun zählt, ist Wachstum enkeltauglich zu gestalten. Wachstum, um des Wachstums Willen, das ist ein Relikt der Vergangenheit!

Die alte Zukunft hat keine Zukunft. Und doch scheinen wir sie uns nicht einmal vorstellen zu können, eine bessere Zukunft. Wir lobpreisen die Gegenwart, die Achtsamkeit des Augenblicks – doch wären wir uns wirklich selbst so bewusst, wie wir vorgeben zu sein, müssten wir dann nicht erkennen, dass die Gegenwart nicht zukunftsfähig ist?! “Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, […] randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. […] Wir waren die, die verschwanden. […] So bewegten wir uns in die Zukunft des Futurums II: Ich werde gewesen sein.” So lautet zumindest Roger Willemsens wenig hoffnungsvolle Vision.  

Dabei ist die Zukunft im Kopf durchzuspielen eine zentrale menschliche Fähigkeit, die unser alltägliches Handeln bestimmt. Selbst kleinste Entscheidungen treffen wir, indem wir im Geiste simulieren, was passieren könnte. Etwa wenn wir morgens beim Bäcker an der Theke stehen und  uns fragen, ob wir lieber das Schoko-Croissant oder doch das belegte Dinkelbrötchen wählen sollten. “Zukunftsdenken hilft uns, Ziele zu setzen und zu planen, und gibt uns die Motivation, unsere Pläne auch umzusetzen”, sagt Roland Benoit, Kognitions- und Neurowissenschaftler am Max-Planck-Institut in Leipzig. Forscher*innen gehen davon aus, dass wir bereits im Alter von drei bis fünf Jahren beginnen, über den gegenwärtigen Moment hinaus, in die Zukunft zu denken. Eine besondere Rolle dabei spielt ein Netzwerk, das aus dem Hippocampus und Teilen der Großhirnrinde besteht. Es überlappt sich mit dem sogenannten “Default Mode Network”, also dem Ruhezustandsnetzwerk, das immer dann aktiv wird, wenn wir gerade nichts zu tun haben. Was, wenn wir ehrlich sind, angesichts all der Ablenkungen und Reize unserer vernetzen und schnelllebigen Welt, nur noch allzu selten vorkommt. Im Zeitalter der Zerstreuung seien wir, so Willemsen, nie ganz in der Gegenwart. Auch die Zukunft sei uns damit abhanden gekommen, nur noch rein gegenständlich vorstellbar und reduziert auf Technikutopien, die uns Menschen mehr entmündigten, als befreiten. “Verstand sich der Mensch Anfang des 20. Jahrhunderts eher als Subjekt der Moderne, erkennt er sich hundert Jahre später eher als ihr Objekt. Wie aber soll er, von der Zeit vorangeschoben, unter diesen Bedingungen die Zukunft denken können?” 

Sind wir also, angetrieben durch Effizienzstreben und Wachstumsdrang, defacto zu bequem geworden, uns eine andere Welt, als die bereits Existierende, vorzustellen? Ist dies der Grund, weshalb wir uns schon mit kleinsten Updates zufriedengeben, uns gar euphorisch in die Warteschlange einreihen, wenn die x-te Version des “neuen” iPhones auf dem Markt erscheint? Dabei sollte die Postmoderne doch eigentlich die Moderne ablösen, indem sie ihr zu mehr Vielfalt und Kritik verhilft. “Mehr Demokratie wagen.” Weg von Funktionalität, hin zum kreativen Chaos. Stattdessen scheinen wir gefangen in einer Welt des Machbaren, anstelle des Wünschbaren. Hitzig wird über die Erhöhung von Benzinpreisen diskutiert, die Arm und Reich, so heißt es, weiter werden spalten. Die Zukunft muss mehrheitsfähig sein, um Zukunft zu haben. 

Vielleicht ist es aber auch ein menschlicher “Gen-Deffekt”, ganz einfach Teil unserer menschlichen Natur, dass wir uns die Zukunft nicht vorstellen, sie nicht anders  denken können? Werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte, so könnte dieser Eindruck durchaus verstärkt werden:  “Das Auto hat keine Zukunft. Ich setze auf das Pferd”, verkündete Kaiser Wilhelm II. 1904 stolz. Auch Wilbur Wright, ein Pionier der Luftfahrt, sollte sich irren, als er 1901 sprach: “Der Mensch wird es in den nächsten 50 Jahren nicht schaffen, sich mit einem Metallflugzeug in die Luft zu erheben”. Ebenso, wie im Jahre 1926 Lee De Forest, der Erfinder des Radios: “Auf das Fernsehen sollten wir keine Träume vergeuden, weil es sich einfach nicht finanzieren lässt.” Und auch Thomas Watson, CEO von IBM, konnte sich 1943 scheinbar noch nicht die Welt von heute vorstellen: “Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt. Es gibt keinen Grund, warum jeder einen Computer zu Hause haben sollte.” Die Liste menschlicher Irrungen ließe sich beliebig weiterführen, und es scheint beinahe, als sei der Mensch dort am altmodischsten, wo er versucht, sich selbst zu überschreiten.  Offenbar können wir uns selbst nicht entkommen.

Im Jahr 2016 fanden Neurowissenschaftler*innen des Leipziger Max-Planck-Instituts, gemeinsam mit britischen Kollegen, allerdings heraus, dass es manchmal sogar ratsam sein kann, Zukunftsgedanken zu unterdrücken. Eine Überlebensstrategie gewissermaßen. Die Forscher*innen ließen Probanden zukünftige Szenarien auflisten, die ihnen Sorgen bereiteten. Wer sich diese anschließend im Geiste vorstellen sollte, reagierte deutlich ängstlicher als Teilnehmende, die Gedanken an die negativen Ereignisse bewusst vermieden. Es macht demnach für unsere emotionale und kognitive Grundhaltung, wie auch für unsere Entscheidungen und Handlungspläne, einen großen Unterschied, ob wir mit negativen Vorahnungen in die Zukunft blicken, oder Positiv-Szenarien im Kopf entwerfen. Damit Letztere jedoch nicht in der  “Utopien-Schublade” verstauben, benötigt unser Gehirn ein „Wie“ und ein „Warum“. Die Verortung der eigenen Rolle in der mentalen Simulation, lässt die Zukunft für uns zu einem Möglichkeitsraum werden, in dem wir selbst eine gestalterische Rolle einnehmen. Fühlen wir uns handlungsfähig, lässt der Eindruck nach, von den Ereignissen überrollt zu werden. Ohne aktive kognitive Beteiligung und ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, schauen wir hingegen nur passiv vom Zuschauerrand zu. Es ist die emotionale Färbung, die unseren Ausblick auf die Zukunft, aber auch unser Erleben in der Gegenwart bestimmt. Und wie wir wissen, geschieht die Weichenstellung für die Zukunft im Hier und Jetzt.

Science-Fiction ist eigentlich das beste Beispiel dafür, dass es funktioniert. Dass wir Menschen in der Lage sind, uns das schier Unmögliche vorzustellen. Weshalb, das hat Schriftsteller Dietmar Dath in seinem Buch “Niegeschichte” sehr treffend formuliert: „Es gibt nicht nur Dinge, die zwar denkbar sind, aber nicht wirklich, sondern umgekehrt auch solche, die wirklich sind, aber für Menschen schwer bis überhaupt nicht denkbar.“ Science-Fiction zeigt: Was undenkbar ist, muss noch lange nicht unmöglich sein. Das klingt abstrakt, aber abstrakt ist schließlich auch unser Verhältnis zur Welt, in der wir leben. Wer hätte sich vor kurzem schon vorstellen können, dass ein klitzekleines, kronenförmiges Virus das gesamte soziale Leben einmal lahmlegen würde? 

“Nur Zeiten, die viel zu wünschen übrig lassen, sind auch stark im Visionären”, schreibt Roger Willemsen. Hat die Corona-Pandemie, als Zeit der Entbehrung, also vielleicht ein Fenster geöffnet, einen Raum für das Visionäre geschaffen – gar für einen Neuanfang? So oder so, ist jetzt die richtige Zeit, oder vielmehr die letzte Chance, die wir noch haben, um das Neu- und Andersdenken von Zukunft wieder zu erlernen. Wenn es nach dem Schriftsteller Ernst Bloch geht, so sind es Bilder und Fantasien, die den Gedanken vorausgehen, und die Gedanken wiederum den Forderungen und der politischen Praxis. Indem wir uns das Morgen ausmalen, erkennen wir, wo es in der Gegenwart hakt. Die Utopie ist das Hinausgehen über die faktische Welt und auch, wenn sie reine Projektion bleibt, hat allein der Diskurs, der durch das Imaginieren entsteht, die Welt und wie wir sie wahrnehmen, bereits verändert. Denn im offenen Dialog und in immer neuen Selbst-und Weltbeschreibungen werden Vorstellungen vom gelungenen Leben zur Diskussion gestellt. Und dort, wo Entwürfe wünschenswerter Zukünfte entwickelt werden, beginnt auch ihre Realisation. Oder mit Roger Willemsens Worten: “Ja, die Zukunft wird schneller sein, und sie hat längst begonnen.”

Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn euch der Podcast gefällt, teilt ihn gerne mit Freunden oder hinterlasst uns eine positive Bewertung auf iTunes. Und, wie gesagt, freuen wir uns besonders, wenn ihr unsere Arbeit als Fördermitglieder unterstützt, damit wir weiterhin für euch produzieren können. Supporten könnt ihr uns ganz einfach via Steady oder, indem ihr uns einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Alle weiteren Infos und Quellen zur Episode findet ihr, wie immer, in den Shownotes. Vielen Dank und bis bald im Sinneswandel Podcast. 

22. Juni 2021

Sich selbst neu erfinden, geht das?

von Henrietta Clasen 10. Juni 2021

Ist es Fluch oder Segen, dass der Mensch im Besitz der Freiheit ist, sich selbst entwerfen zu können? Die vermutlich zentralste Frage der Existenzialisten, nach deren Philosophie der Mensch ohne jeden Kompass zu einer angsteinflößenden und zugleich berauschenden Freiheit verdammt ist, die ihm die totale Verantwortung für sein Leben aufbürdet. Heißt das nun, dass wir uns im Leben selbst erfinden – im Zweifel immer wieder von Neuem? Gibt es so etwas wie eine abschließende Identität des Selbst, die sich verwirklichen ließe? Oder sind wir nicht vielmehr hybride und wandlungsfähige Wesen, deren Identitäten unabgeschlossen bleiben?

Shownotes:

Macht (einen) Sinneswandel möglich, indem ihr Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr uns auch via PayPal oder per Überweisung an DE95110101002967798319. Danke.


► Mira Lobe, Susi Weigel: “Das kleine Ich-bin-Ich”. Jungbrunnen, 1972.
► Sternstunde Philosophie: “Lars Eidinger – Das Leben als Kunstwerk”. SRF Kultur.
► Erving Goffman: “Wir alle spielen Theater”, 1956.
► Slavoj Žižek: “Lacan – Eine Einführung”. Fischer, 2008.
► Johan Huizinga: “Homo Ludens: Vom Ursprung der Kultur im Spiel”, 1938.
► Helmuth Plessner: “Die Stufen des Organischen und der Mensch”, 1928.
► Martin Heidegger: “Sein und Zeit”, 1927.
► Karl Jaspers: “Existenzphilosophie”, 1938.
► Jean-Paul Sartre: “Das Sein und das Nichts”, 1943.

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Ein besonderer Dank gilt den Fördermitgliedern, die Sinneswandel als Pionier*innen mit 10€ im Monat unterstützen: Anja Schilling, Christian Danner, Bastian Groß, Pascale Röllin, Sebastian Brumm, Wolfgang Brucker, Petra Berends, Holger Bunz, Dirk Kleinschmidt, Eckart Hirschhausen, Isabelle Wetzel, Annette Hündling, Torsten Sewing, Hartmuth Barché, Dieter Herzmann, Hans Niedermaier, Constanze Priebe-Richter, Heinrich Ewe, Julia Freiberg, Dana Backasch, Peter Hartmann, Martin Schupp, Juliane Willing, Andreas Tenhagen, eeden Hamburg Co-creation Space for visionary women*, David Hopp, Jessica Fischer (Universität Paderborn), Ioannis Giagkos, Matthias Niggehoff, Nina Lyne Gangl, Johanna Bernkopf , Holger Berends, Sebastian Hofmann, Elvira-Eisen Walser, Do rian und Anita Wilke.

Transkript: Sich selbst neu erfinden, geht das? – Über Rollenwandel & Identitäts-Pluralismus

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

Auf der bunten Blumenwiese geht ein buntes Tier spazieren, wandert zwischen grünen Halmen, wandert unter Schierlingspalmen, freut sich, dass die Vögel singen, freut sich an den Schmetterlingen, freut sich, dass sich’s freuen kann. Aber dann… Aber dann stört ein Laubfrosch seine Ruh, und fragt das Tier: „Wer bist denn du?“ Da steht es und stutzt, und guckt ganz verdutzt dem Frosch ins Gesicht: „Das weiss ich nicht“. Der Laubfrosch quakt und fragt: „Nanu? Ein namenloses Tier bist du? Wer nicht weiss, wie er heißt, wer vergisst, wer er ist, der ist dumm! Bumm!”

Als ich neulich durch die Buchhandlung meines Vertrauens, auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für meinen bald 8-jährigen Neffen schlenderte, stieß ich auf die Geschichte des kleinen Ich-bin-Ichs. Eine unerwartete Wiederbegegnung, mit der ich nicht gerechnet hatte und die noch mehr in mir auslösen sollte, als ich in der Buchhandlung zu erwarten hoffte. In diesem Moment, das Bilderbuch in der Hand haltend, fühlte ich mich augenblicklich zurück katapultiert in die dritte Klasse meiner Grundschulzeit. Ich trage eine bunte Leggins, ein noch bunteres T-Shirt und habe jeweils eine gepunktete Socke an meinen Ohren baumeln. Es ist der große Tag der Aufführung – und ich spiele das kleine Ich-bin-Ich aus Mira Lobes gleichnamigen Kinderbuch. Aufgeregt laufe ich zwischen meinen Klassenkameraden, die als Papageien, Nilpferde und Hunde verkleidet sind, hin und her. Stelle ihnen abwechselnd die immer gleich Frage, ob sie wissen, wer oder was ich bin – doch finde keine Antwort. 

Ich kann nicht behaupten, dass ich mich damals schon bewusst mit der meinen, oder Identität überhaupt, auseinandergesetzt hätte – ich meine, ich war vielleicht acht oder neun Jahre alt – aber das Gefühl von Zugehörigkeit, oder eben auch der Abwesenheit von ihr, das kannte ich wohl. Und ich ahnte, dass diese Frage, die für das kleine Ich-bin-Ich so schwer zu beantworten war, eine wichtige sein wird. Als Kinder, wenn vielleicht eher unbewusst, beschäftigen wir uns, so glaube ich, schon früh mit unserer eigenen Identität oder sind zumindest durch Erfahrungen mit ihr konfrontiert. Als “Spiegelstadium” bezeichnete der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan den Moment, in dem sich ein Kind durch die Reflexion im Spiegel zum ersten Mal als ganzheitliche Gestalt, mit der es sich identifiziert, wahrnimmt. Und dies geschieht, so Lacan, bereits zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat. Aber spätestens, vermute ich, wenn wir von neugierigen Eltern und Verwandten gefragt werden, wer wir denn eigentlich einmal sein wollen, wenn wir einmal groß sind. Ich habe mir fest vorgenommen, meinem Kind später diese Frage nicht zu stellen. Ich weiß ja selbst bis heute keine kluge Antwort darauf zu geben. 

“Haben Sie auch schon mal darüber nachgedacht, ob Sie Ihre Rolle im Leben gefunden haben? Nicht auch jemand ganz anderes oder viel mehr in sich tragen, als nur eine Person?”  fragt Wolfram Eilenberger sein Publikum in Sternstunde Philosophie und ich nicke innerlich mit dem Kopf. Nicht nur einmal. Immer wieder. In letzter Zeit sehr oft. Wenn diese Frage sich ihre Wege durch meine Synapsen in mein Bewusstsein bahnt, so ahne habe ich meist bereits, dass die Unruhe, die mich dann packt, der Vorbote eines anstehenden Wandels sein könnte. Bildlich stelle ich mich in diesen Phasen manchmal wie einen noch lebenden Aal vor, der sich in der Pfanne windet. Nicht, dass ich das schon mal wirklich miterlebt hätte, aber die Erzählungen meiner Mutter aus ihrer Kindheit waren sehr anschaulich. Vielleicht trifft es aber auch eher das Bild eines Chamäleons, dass erleichtert seine Haut abstreift, weil sie ihm eines Tages zu eng geworden ist. Was ich damit sagen will, ist, dass ich immer wieder diese Momente erlebe, in denen ich am liebsten alles hinwerfen und mich neu erfinden möchte. In denen sich einfach so gar nichts mehr stimmig anfühlt. Und das, obwohl eigentlich von außen betrachtet, alles gut ist, manchmal sogar besser als gut. Aber vielleicht macht mich genau das skeptisch? War es das jetzt schon? Bin das wirklich ich? Könnte ich nicht auch noch ganz wer anderes sein? Meistens sind das auch die Momente, in denen ich mich frage, ob ich damals nicht doch hätte zur Schauspielschule gehen sollen oder, ob ich diesen Weg vielleicht sogar heute noch wagen sollte. Einmal habe ich mich, in der Aufbruchsstimmung einer solchen Krise, sogar spontan zu einem Vorsprechen angemeldet. Nur, um es dann doch nicht anzutreten. Denn was wäre, wenn es wirklich klappt?

“Ich würde behaupten, dass ich in der “Verwandlung”, in dem Moment wo ich eine Rolle spiele, mehr ich selbst bin, als, wenn ich hier alltäglich vor Ihnen sitze. […] Ich habe für mich gemerkt, dass dieser Moment des Ausdrucks dazu führt, dass ich ein anderes Verständnis von mir selbst erlange. Und, dass ich Gefühle, die ich sonst nicht ausdrücken kann, aus welchen Gründen auch immer, mit der Rolle zum Ausdruck bringen kann.” Was Schauspieler Lars Eidinger in Sternstunde Philosophie beschreibt, kann ich nur allzu gut nachempfinden. Nicht nur, weil ich das Spiel mit Rollen auf der Theaterbühne selbst so liebe, sondern auch hinsichtlich der alltäglich erlebten Realität. Manchmal muss ich mich von mir selbst, räumlich im Außen, wie auch im Innen, distanzieren, Abstand gewinnen, um mir selbst wieder näher kommen zu können. Gerade in pandemischen Zeiten ist das nicht immer einfach. In den eigenen vier Wänden sitzend, reduziert auf die Rolle als erwerbstätige Bürgerin, bleibt nicht viel Raum zur Entfaltung der eigenen Facetten. 

“Aber habe ich das richtig verstanden? Sie sehen das als eine Art therapeutische Erfahrung, in eine Rolle zu gehen, die vielleicht sehr weit weg von sich ist, um eine Spiegelung von sich selbst damit zu bewirken?”, fragt Wolfram Eilenberger Lars Eidinger. Ich glaube nicht mal, dass es nur die Schauspielerinnen und Schauspieler sind, die in unterschiedliche Rollen schlüpfen. “Wir alle spielen Theater”, wenn es nach dem Soziologen Erving Goffman geht. Für ihn gleicht die soziale Welt einer großen Bühne und wir alle spielen in der Interaktion mit anderen verschiedene Rollen. Was nicht bedeutet, dass wir alle unauthentisch wären, sondern vielmehr, dass wir in unterschiedlichen Situationen, ob auf der Arbeit, zu Hause mit der Familie oder mit Freunden, eben anderen Anforderungen und Erwartungen gerecht werden müssen, weswegen wir uns mehrere Rollen aneignen. Und auch bei Friedrich Schiller lässt sich schon nachlesen: “Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.” Der Mensch, ein homo ludens, wie ihn der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga bezeichnete. 

Heißt das denn nun, dass wir uns im Leben selbst erfinden – im Zweifel immer wieder von Neuem? Gibt es dann überhaupt so etwas wie eine abschließende Identität des Selbst, die sich verwirklichen ließe? Oder sind wir nicht vielmehr hybride und wandlungsfähige Wesen, deren Identitäten unabgeschlossen bleiben?

“Der Mensch steht gleichsam hinter sich selbst, ortlos, im Nichts”, heißt es bei dem Philosophen Helmuth Plessner. “Nichts” im Sinne des nicht festgelegten Seins, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, wie den Tieren. Was den Menschen zu einem zur Freiheit genötigten Wesen mache, das immer nach Neuem strebe. Auch bei Martin Heidegger, dem Begründer der Existenzialontologie, ist der Mensch aufgefordert, sich selbst zu entwerfen. Das Dasein ist zwar in die Welt “geworfen”, wird aber nicht auf ein bestimmtes So-Sein festgelegt. Es muss sich vielmehr selbst und immer wieder aufs Neue zu dem machen, was es sein will. Doch wie ich mein persönliches So-Sein finde, auf diese Frage gibt Heidegger keine Antwort.

Wissenschaft kann zwar erkennen, was der Fall ist, aber sie wird uns nie sagen können, was wir wollen sollen, so drückt es wiederum Karl Jaspers aus, der Heideggers Philosophie zur eigentlichen Existenzphilosophie führte. Hinter jedem Horizont öffnet sich ein weiterer Horizont ins Unendliche. Dies gilt auch für uns selbst, die wir immer nur Teilaspekte unseres Daseins erkennen können, aber nie wissen, wer oder was wir letztlich im Ganzen unseres Wesens sind. Spannend an einer solchen Vorstellung ist, dass die Idee des Ganzen zu einer Art Fluchtpunkt wird, auf den wir uns zwar zu bewegen könne, die Suche jedoch als Unabgeschlossenes akzeptieren müssen und selbst dann nicht aufgeben sollten, wenn wir uns einmal des Weges irren. Jaspers zufolge seien es gerade die Grenzerfahrungen, denen wir uns stellen müssen, um zu einer Persönlichkeit zu werden und in der Auseinandersetzung mit ihnen unsere Identität zu entwickeln.

Ist es da überhaupt ein Privileg oder nicht vielleicht sogar eher eine Bürde, so viel Freiheit zu besitzen, sich selbst entwerfen zu können, wie es uns als Menschen zusteht? Das ist  die zentrale Frage der Existenzialisten, nach deren Philosophie der Mensch ohne jeden Kompass zu einer angsteinflößenden und zugleich berauschenden Freiheit verdammt ist, die ihm die totale Verantwortung für sein Leben aufbürdet. Der lebendige, auf die Zukunft gerichtete Mensch ist ein Nichts an Sein, ein Werden, dass das, was es eben noch war, schon wieder ausradiert hat, wenn es sich vorwegnimmt, so Jean-Paul Sartre. Der Mensch ist nie identisch mit sich selbst. Und unser Bewusstsein kann auf die quälende Frage „Wer bin ich?“ keine endgültige Antwort geben. Diese Unbestimmtheit aber ist genau das, worin Sartre die eigentliche Freiheit erkennt.

Vielleicht geht es am Ende auch viel weniger darum, eine abschließende Antwort auf die Frage “Wer bin ich?” zu finden, als vielmehr zu ergründen, wer man alles sein könnte. Wozu selbstverständlich auch gehört, Erfahrungen zu machen, in denen ich das Gefühl habe, nicht ich selbst sein zu können, entfremdet zu sein. Wie Lars Eidinger beschreibt, sind es manchmal sogar jene Rollen, die uns zunächst am unähnlichsten scheinen, die uns näher zu uns selbst führen. In dem Sinne, dass sie unsere Existenz, das was wir glauben zu sein, ein Stück weit in die Ferne rücken lassen. Wir können Abstand zu uns selbst gewinnen, was zugleich Raum schafft, neue Seiten an uns zu entdecken. Wir schlüpfen bildlich gesprochen aus unserer Haut, die sich, wie die eines Chamäleons, manchmal zu klein anfühlt, um über uns hinauswachsen zu können. Was nicht heißt, dass dieser Prozess der Seins-Werdung einem linearen Wachstum gleicht. Vermutlich ist es eher ein Vor und Zurück. Ein Ruckeln und Zuckeln. Oder eben ein Kostümwechsel, ein stetiges An-und Ausprobieren. Ein manchmal auch unangenehmer und kräfteraubender Akt der Entdeckung des eigenen Facettenreichtums und der inneren Widersprüche. “Ambiguitätstoleranz”: wir sollten einander mehr Vielfalt zugestehen, Pluralität schätzen lernen und Offenheit und Toleranz kultivieren, heißt es doch so oft. Aber weshalb nur den anderen und nicht auch uns selbst gegenüber? Dafür, dass es in Ordnung ist, sich umzuentscheiden, neue Wege zu gehen, sich auszuprobieren, ganz gleich ob mit 18 oder 80. Eine offene und tolerante Gesellschaft, ermöglicht es in meinen Augen, jedem Menschen gleichermaßen, die eigene Existenz zu erforschen. Im Miteinander mit anderen selbstverständlich, und nicht auf deren Kosten. Sie erlaubt es Menschen, sich in verschiedenen Rollen auszuprobieren, frei und ohne Zwang.

“Werde der, der du bist”, zitiert Nietzsche den griechischen Lyriker Pindar. Was nach einer Hymne moderner Selbstverwirklichung klingt, könnte, etwas weiter gefasst, eine Einladung sein, die eigene Vielheit der Identität, das Facettenreichtum in sich selbst und damit auch in anderen, anzuerkennen. Ohne, dass es dafür eine Erklärung bedarf, wie es auch das kleine Ich-bin-Ich voller Erleichterung feststellt:

„So, jetzt weiss ich, was ich bin! Kennt ihr mich? ICH BIN ICH!“ Alle Tiere freuen sich, niemand sagt zu ihm: „Nanu?“ Schaf und Ziege, Pferd und Kuh, alle sagen: „Du bist du!“ Auch der Laubfrosch quakt ihm zu: „Du bist du! Und wer das nicht weiss, ist dumm! Bumm!”

Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn euch der Podcast gefällt, teilt ihn gerne mit Freunden und Bekannten. Außerdem würden wir uns besonders freuen, wenn ihr unsere Arbeit als Fördermitglieder unterstützt, damit wir weiterhin gute Inhalte für euch kreieren können. Supporten könnt ihr uns ganz einfach via Steady oder, indem ihr uns einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Das geht schon ab 1€. Alle weiteren Infos findet ihr in den Shownotes. Vielen Dank und bis bald im Sinneswandel Podcast. 

10. Juni 2021

Die Zerstörung (m)einer Illusion – ein Erfahrungsbericht

von Henrietta Clasen 20. Mai 2021

Fast jede*r weiß um die Dringlichkeit der Klimakrise. Doch weshalb wird sie nach wie vor nicht ernst genommen? Bewusstsein um einen Zusammenhang allein, hat leider nur geringen Einfluss auf unser tatsächliches Handeln. Nicht zu wenig Wissen, sondern ein mangelndes Gefühl an Betroffenheit ist die Ursache. Betrifft uns etwas persönlich, entsteht Betroffenheit. Heißt das, wir müssen erst selbst Erfahrungen machen, damit wir uns betroffen und handlungsfähig fühlen? Geht es nicht auch anders? Gastautorin Julia Gaidt glaubt daran, dass es möglich ist. indem wir Geschichten erzählen. Geschichten, die es uns ermöglichen, Erlebtes nachzufühlen. Die uns die Augen öffnen und aktivieren. Eine solche Geschichte hat Julia Gaidt zu erzählen. Von einem Erlebnis, das sie selbst und ihr Weltbild erschüttert hat und das sie in dem Wunsch teilt, dass es auch andere berührt und ermutigt, sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen. 

Shownotes:

Macht (einen) Sinneswandel möglich, indem ihr Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr uns auch via PayPal oder per Überweisung an DE95110101002967798319. Danke.

► IPCC Report on Global Warming of 1.5°.
► Luisa Neubauer & Alexander Repenning: Vom Ende der Klimakrise.
► Vortrag Luise Tremel: „Aufhören. Warum, wie, wer und wann am Besten was“.
► 1,5°C-Ziel Machbarkeitsstudie.
► bpb.de: Wie hängen Pandemie, Umweltzerstörung und Klimawandel zusammen?.
► Greta Thunberg: Ich will das ihr in Panik geratet!.
► Carbon Clock des MCC.

Kontakt:
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Transkript: Die Zerstörung (m)einer Illusion – ein Erfahrungsbericht

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

Betrifft uns etwas persönlich, entsteht Betroffenheit. Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes berührt, fühlen mit und nicht selten empfinden wir das Bedürfnis, uns zu involvieren. Oft erst, wenn wir etwas selbst mit unseren eigenen Sinnen gesehen und erlebt haben, können wir das Ausmaß der Dinge begreifen. Wie der Backpacker, der auf Reisen beim Surfen im Müll schwamm und infolgedessen ein Unternehmen zur Bekämpfung von Plastik gründete. Oder die Schülerin, die in einer Tier-Doku sah, wie die Wurst, die sie täglich auf dem Pausenbrot aß, eigentlich hergestellt wird und danach zur Umwelt- und Tierschutzaktivistin wurde. Es gibt viele Beispiele, wie diese. Doch manchmal frage ich mich, ob es wirklich immer erst diese persönliche Betroffenheit, das eigene Erleben bedarf, um sich involviert und infolgedessen handlungsfähig zu fühlen? Gibt es überhaupt irgendetwas, das uns nicht betrifft – in einer globalisierten und vernetzten Welt, wie unserer? Zumal in der Natur eh kein “Dein” und “Mein”, kein intern und Extern existiert – alles ist mit allem verwoben. Nicht umsonst sprechen Expert*innen, wie der Klimawissenschaftler Mojib Latif immerzu von der Gefahr drohender Kipppunkte. Treibhausgase lassen die Temperaturen ansteigen, die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt an, Wetterextreme häufen sich, Dürren entstehen, Ernten bleiben aus… ein globaler Kreislauf, in dem kein Teil isoliert von einem anderen zu betrachten ist. Und doch leben wir heute so, als mache es einen Unterschied, wenn der globale Norden seine Emissionen und seinen Müll einfach im globalen Süden ablädt. Und solange die Näherinnen unserer hierzulande billig erworbenen T-Shirts, im gefühlt weit entfernten Bangladesh sitzen und wir ihr Elend nicht sehen können, scheint die Welt für viele heil zu sein. Kein Grund etwas zu ändern. Selbst, wenn wir uns insgeheim dessen bewusst sind, dass nicht alles mit rechten Dingen geschieht.

Doch das Bewusstsein um einen Zusammenhang allein hat nur geringen Einfluss auf das tatsächliche Handeln. Nicht zu wenig Wissen, sondern ein mangelndes Gefühl an Betroffenheit sei die Ursache,  so Klimapsychologin Janna Hoppmann. Letztendlich gehe es vor allem darum, nicht nur den Kopf anzusprechen, sprich Faktenwissen zu vermitteln, sondern auch über das Gefühl der Betroffenheit das emotionale Erleben des Themas mit einzubeziehen, damit ein Prozess des Umdenkens und Hinterfragens losgetreten werden könne. Diese Theorie untermalt auch der Philosoph Kwame Anthony Appiah in seinem Buch “Eine Frage der Ehre”, demzufolge fünf Phasen existieren, innerhalb derer sich “moralische Revolutionen” vollziehen, wie sie Appiah bezeichnet. So wird in Phase eins das Problem, nehmen wir mal den Klimawandel, gänzlich ignoriert, in Phase zwei wird es immerhin anerkannt, jedoch fehlt der persönliche Bezug, um etwas zu ändern. In Phase drei wird schließlich auch die persönliche Betroffenheit anerkannt, allerdings werden noch genug Ausreden gefunden, weshalb ein Handeln unmöglich ist – vermutlich die Phase, in der wir uns gegenwärtig im Bezug auf die Bewältigung der Klimakrise befinden – erst in Phase vier wird schließlich das Problem angepackt. Und in Phase fünf blickt man schließlich mit einem Kopfschütteln zurück und fragt sich, wie man überhaupt so lange warten konnte.

Müssen wir wirklich selbst Erfahrungen machen, die uns wachrütteln, damit wir uns betroffen und infolgedessen handlungsfähig fühlen? Ich hoffe es nicht. Denn nicht nur haben wir nicht die Zeit dafür, auch wünsche ich es keinem Menschen, erst Leid am eigenen Körper oder der Nahestehender erfahrungen zu müssen, damit sich etwas bewegt. Geht es nicht auch anders? Kann es vielleicht auch gelingen, dass wir miteinander mitfühlen, Betroffenheit jenseits geografischer Distanzen und nationaler Grenzen empfinden, das uns dazu befähigt uns für andere und damit zugleich für uns selbst einzusetzen?

Gastautorin Julia Gaidt glaubt daran, dass es möglich ist. Vor allem, indem wir Geschichten erzählen. Geschichten, die es uns ermöglichen, Erlebtes nachzufühlen. Selbst, wenn wir nicht live mit dabei waren. Geschichten, die uns die Augen öffnen und aktivieren, statt lähmen. Die uns Mut machen und Hoffnung geben. Eine solche Geschichte hat Julia Gaidt zu erzählen. Von einem Erlebnis, das sie selbst und ihr Weltbild erschüttert hat und das sie vor allem in dem Wunsch teilt, dass es auch andere berührt und ermutigt, sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen. 

Bevor wir beginnen, möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass ihr uns finanziell unterstützen und damit einen Sinneswandel möglich machen könnt. Denn in die Recherche und Produktion stecken wir eine Menge Zeit und Energie. Und, damit wir das weiterhin tun können, brauchen wir eure Unterstützung. Das geht z.B. ganz einfach via Steady oder, indem ihr uns an Paypal.me/Sinneswandelpodcast einen freien Betrag schickt. Wie ihr uns unterstützen könnt, steht in den Shownotes. Vielen Dank.

Die “Apokalypse” war für mich bisher ein diffuser und allenfalls mit Science Fiction verbundener Begriff. Über den Klimawandel wusste ich als Akademikerin, Anfang 30 natürlich Bescheid. Aber ich muss mir beschämt eingestehen, dass dieses Wissen geschichtenlos war. Einigermaßen gut verdrängt und weit weg, in der fernen Zukunft. Beides hat sich im vergangenen Jahr grundlegend geändert. Ich habe jetzt eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, die mein Leben erschüttert und mich wachgerüttelt hat. Und ich erzähle sie, in der Hoffnung, es werde auch anderen allein beim Hören so gehen. In der Hoffnung, dass sich damit meine Vermutung, dass nur durch die Erfahrung persönlichen Leids, eine grundlegende Transformation zu erreichen sei, die dem fortschreitenden Klimawandel ein Ende setzt, als falsch bewahrheitet.   

Ich lebe vorübergehend in den USA, genauer gesagt, in der Bay Area bei San Francisco, in Kalifornien. 2020 war hier ein sehr schwieriges Jahr. Zu den massiven Einschränkungen durch die Corona-Pandemie kam eine diffuse Angst aufgrund der politischen Situation und der Tatsache, dass wir das Land zwar hätten verlassen können, aber nicht hätten zurückkehren können. Konkret bedeutet das bis heute, unsere Freund*innen und Familien in Deutschland seit über einem Jahr nicht gesehen zu haben. Und als wäre das nicht genug, war der Sommer extrem trocken, mit mehreren Hitzewellen und in der Folge einer ab Mitte August verheerenden Waldbrandsaison. Letztere bedeutete für uns über zwei Monate lang ungesunde bis schwer schädliche Luft mit nur wenigen Atempausen. Und, da unser 18 Monate alter Sohn noch keine Maske hätte tragen können, die vor den Rauchpartikeln geschützt hätte, waren wir die meiste Zeit in unserer Wohnung gefangen. Unser Luftreinigungsgerät lief auf Hochtouren. Eine von Tag zu Tag weiter fortschreitende Ausnahmesituation, die irgendwann zur absurden “Normalität” wurde. Und in diesen Zustand hinein platzte völlig unerwartet “der Weltuntergang”. Er kündigte sich schon am Vortag durch eine kaum noch leuchtende, blutrote Sonne inmitten eines senfgelben Himmels an. Aber was am nächsten Morgen, dem 9. September 2020 auf uns wartete, hätte ich mir nicht im Traum ausmalen können.

Der Morgen dämmert viel später als gewohnt, und in orange. Das klingt erst mal malerisch-schön. Wir alle kennen diese bunt gefärbten Himmel bei Sonnenauf- und -untergang. Aber schon beim zweiten Hinsehen, und vor allem mit fortschreitender Tageszeit wird klar, dass hier etwas ganz anderes, ganz und gar nicht Schönes geschieht. Der Himmel ist von einer so dicken Rauchdecke durch die Waldbrände bedeckt, dass das Tageslicht nur als rötlicher Schimmer durchdringt und ich von Licht im engeren Sinne eigentlich gar nicht sprechen kann. Mitten in das dämmerige Orange wird es ab vormittags zehn Uhr immer röter – und dunkel. Nicht so finster, wie in einer sternenklaren Nacht ohne Mond, aber doch so dunkel, dass wir in der Wohnung Licht brauchen, um die Hand vor Augen erkennen zu können. Draußen sieht es auf den ersten Blick aus, als befänden wir uns mitten in der Nacht, inmitten einer Großstadt: bewölkter Himmel, es hat gerade frisch geschneit und die niedrige Wolkendecke und die Schneedecke werfen sich abwechselnd das Licht der Straßenlaternen zu. Erst fasziniert es mich, dass es mitten am Tag so dunkel sein kann und es nach drei Tagen mit 35 Grad jetzt auf einmal nur noch 16 Grad sind. Aber es bleibt und bleibt dunkel. Es wird immer beengender. Angsteinflößender. Rausgehen geht nur für wenige Minuten. Die Luftqualität ist unzumutbar. Kurz für ein Foto wage ich mich aber dennoch ins Freie. Dabei fällt mir auf, dass in dieser dunkelroten Atmosphäre, auf Dachziegeln, Autos und jedem einzelnen Blatt, ein gräulicher Schatten liegt. Und spätestens da ist der Vergleich mit der friedlich, weißen Schneenacht hinüber. Die Welt ist von Asche bedeckt. Ein toxisch und leblos wirkender fahler Anstrich. Und es schneit tatsächlich, wenn ich im Scheinwerferlicht genau hinsehe – aber, was da vom Himmel rieselt, ist Asche. Wir ziehen uns in die letzte Herberge die bleibt zurück: unsere Wohnung, in der es noch Strom gibt. Also Licht. Und etwas zu Essen. Und dank der Kombination aus Strom und Luftreinigungsgerät auch saubere Luft zum Atmen. Die Welt draußen ist auf einmal so lebensfeindlich, wie ich sie mir nur vorstellen kann. Wobei das nicht ganz stimmt. Ich konnte mir so etwas vorher nicht vorstellen. Und sicher geht es noch viel schlimmer. Langsam aber sicher bekomme ich eine Idee davon, wie es auf dem Mars oder der Venus sein muss: Unbelebbar. Die dicke Rauchschicht über uns und um uns herum erstickt jedes Gefühl von Hoffnung. Lässt vergessen, dass darüber tatsächlich die Sonne scheinen muss. Es wird unvorstellbar, dass irgendwo auf der Welt der Himmel gerade blau ist. Es scheint räumlich und zeitlich kein Ende der Dunkelheit in Sicht. Nach sozialer Isolation und Bewegungseinschränkung durch ein Virus über Monate und Verlust der Luftqualität über Wochen, ist nun auch das Tageslicht verschwunden. 

Es ist kein Geheimnis, dass das große Ausmaß der Waldbrände in Kalifornien dem menschengemachten Klimawandel zuzuschreiben ist. Und mit diesem Wissen und dem für mich bisher abstrakten Wissen, dass diese Extreme in den kommenden Jahren immer weiter zunehmen werden (1), wird für mich in der roten Dunkelheit auf einmal eine grauenhafte Zukunft der Erde sichtbar: Ich sehe mein Kind in dieser Dunkelheit aufwachsen, drinnen, ohne Sonnenschein, ohne frische Luft, ohne die Möglichkeit mit anderen Kindern lachend über einen Spielplatz zu rennen. Ich sehe, dass unter dieser Rauchdecke faktisch kein Leben möglich sein wird, denn ohne Licht kein Pflanzenwachstum. Ich sehe das Leben der Menschen auf unserem einst so grünen Planeten, in dieser blutroten Dunkelheit verschwinden. Ich sehe all das, wie durch eine Glaskugel, und bekomme Angst. Eine existentielle Angst, wie ich sie noch nie gefühlt habe. Ein „normales“ Leben scheint auf dieser Welt mit fortschreitender Zerstörung unserer Lebensgrundlage nicht mehr möglich zu sein. Mein Leben war gut bisher. Ich könnte das verkraften, klar, auch wenn es viel zu betrauern gäbe. Aber mein anderthalbjähriger Sohn wird nie ein „normales“ Leben kennenlernen.

Meine Zukunftsvision hält nur für einige Minuten, vielleicht einige Stunden an, die Dunkelheit für einen Tag und die wirklich schlechte Luftqualität für eine Woche. Danach wird das Unvorstellbare wahr: Wir können zum ersten Mal nach sieben Tagen wieder vorübergehend lüften, das Haus verlassen, und die Sonne scheint. Ich muss mich vergewissern, dass die Welt da draußen tatsächlich noch existiert. Und ich lebe an einem so privilegierten Ort, dass sie das für mich auch tut. Ich bin weder evakuiert worden, noch ist mein Haus abgebrannt, noch habe ich Angehörige oder mein eigenes Leben in den Flammen verloren, wie so viele andere. Aber etwas in mir ist zerstört worden. Der Glaube daran, dass die Welt einfach immer weiter so existieren wird, wie ich sie kenne. Dass mögliche politische Unruhen die größten Unsicherheitsfaktoren in meinem Leben seien. Dass ich weiterhin ein Leben in Frieden fernab von Kriegen und Naturkatastrophen führen würde. Dass es wirklich wieder eine echte “Normalität” nach der Pandemie geben wird. Es ist, als wäre ich aus einem Traum aufgewacht, nur beginnt da erst der Albtraum. Meine bisherige „Normalität“ hat sich als Illusion entpuppt. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich wirklich in meinem Glauben, dass alles immer irgendwie gut werden wird, erschüttert.

Klar, ich wusste vorher von der „Erderwärmung“. Sie wird auch bekämpft, von den einen ideologisch, von den anderen tatsächlich. Aber insgesamt viel zu wenig. So viel wird klar, wenn ich mich nur wenige Tage mit dem Thema beschäftige. Mit Entsetzen reibe ich mir in diesem Jahr zum wiederholten Male die Augen – was haben wir nur getan? Was tun wir tagtäglich? Und dann wird schnell klar, selbst wenn ich als einzelne Person jetzt versuche, mein Leben komplett umzustellen, wird das im Großen und Ganzen nicht viel ändern. Erst, wenn alle oder ein Großteil der Menschen wirklich etwas ändern würden, wäre diese Krise aufzuhalten. Sprich, es bräuchte einen Sinneswandel – auf allen Ebenen. Aber vor allem systemisch. Ohne diese Kehrtwende ist es nicht möglich, was Luisa Neubauer in ihrem Buch “Vom Ende der Klimakrise” Adorno-like  zusammenfasst: „Es gibt kein nachhaltiges Leben in einer nicht-nachhaltigen Gesellschaft.“ (2 S. 37) Es braucht also einen gesellschaftlichen Wandel. Hin zu einem System, das auch funktioniert, ohne den Planeten dabei zu zerstören. Ein System, das nicht darauf fußt, die natürliche Lebensgrundlage aktueller und zukünftiger Generationen auszubeuten. Uns wird immer wieder gepredigt, wenn es nur genug neue innovative, „grüne“ Techniken gäbe, dann müssten wir uns nicht einschränken und können einfach mit unserem, auf Wachstum aufbauenden System weitermachen. Aber laut dem Ökonomen Niko Paech ist das Unfug. Er plädiert für eine Gesellschaft ohne Wachstum und erklärt mit dem Begriff der “Postwachstumsökonomie”, wie das möglich sei (3). Aus einer etwas anderen Sicht beschreibt die Historikerin und Transformationsforscherin Luise Tremel, wie das „Aufhören“ mit unserem System möglich wäre und vergleicht diesen Prozess mit der Abschaffung der Sklaverei (4). Auch hier war der Wohlstand Vieler von der Ausbeutung, in diesem Falle der Versklavten, abhängig. Heute ist unser Wohlstand von fossilen Infrastrukturen und Energieträgern abhängig, die Gegenwart und Zukunft ausbeuten. Und wie auch die Sklaven damals, wird sich die Erde nicht von selbst von der Ausbeutung befreien können – oder nur in einem Ausmaß, dass vermutlich mit unserem Aussterben einhergeht – sondern wir, die davon profitieren, müssen uns bewusst für diesen Verzicht entscheiden. Es bedarf laut Luise Tremel einer „freiwilligen Selbstdeprivilegierung“ (4). Luisa Neubauer fasst das in ihrem Buch so zusammen: „Es geht also um ein bewusst angestrebtes Weniger: weniger quantitatives Wachstum, weniger Ressourcenverbrauch, weniger Emissionen, weniger Ausbeutung. Im Idealfall würde das Wohlstandsparadigma das Beste beider Welten miteinander vereinbaren: hohe soziale Standards, aber wenig Treibhausgase und Umweltbelastungen. Globalisierung ohne globale Abhängigkeiten. Wachstum, ja, aber nur eines, das auch glücklich macht. Also ein qualitatives Wachstum: an Freiheit, Zufriedenheit, Gesundheit und Unabhängigkeit.“ (5 S.175-176) Klingt eigentlich gar nicht nach Verzicht.

Das ist keine neue Botschaft. Und ich bin auch nicht ihr Urheber. Aber vielleicht konnte ich sie vorher nicht sehen, nicht begreifen, mich nicht aktiv mit ihr beschäftigen, ohne wirklich am eigenen Leib die Erfahrung gemacht zu haben, was diese Zerstörung unserer Lebensgrundlage durch unseren – und damit meine ich vor allem den westlichen – Lebensstil bedeuten wird. Und ich habe „nur“ einen Tag im Dunkeln gesessen. Mir ist bewusst, dass es Millionen von Menschen weltweit gibt, die deutlich drastischere Erfahrungen durchleben, machen mussten und wohl leider machen werden. Warum berichte ich das also alles hier? Ich möchte meine Geschichte erzählen, die Trauer um die möglicherweise verlorene Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder teilen, in der Hoffnung, ein winziges Stück zu ihrer Rettung beizutragen. Ich möchte die kurze Meldung aus der Tagesschau vom „roten Himmel über San Francisco“ erlebbar und fühlbar machen. Erst Monate nach dem Ereignis bin ich auf ein Wort gestoßen, das das Gefühl, die Angst, die ich empfunden habe, als “Solastalgie” benennt. Das ist ein noch relativ neuer Begriff für den Schmerz, die Trauer und die psychische Not, die durch den Stress entstehen, wenn Menschen von Umweltzerstörung z.B. im Rahmen der Klimakrise betroffen sind. Zu wissen, dass es ein Wort für mein Gefühl gibt, tut gut und hilft beim Verstehen. Begreifen werde ich diesen dunklen Tag aber wohl nie in Gänze. 

Ich werde an dieser Stelle keine Fakten zur Klimakrise vortragen. Dass wir unter 1,5 Grad bleiben müssen, ist bekannt (1). Es wurde im Pariser Klimaabkommen auf politischer Ebene sogar beschlossen. Nur umgesetzt wird es bislang nicht. Es liegt an uns, u.a. bei der nächsten Wahl, dafür zu sorgen, dass Deutschland dieses Ziel wieder ernst nimmt und alles erdenklich Mögliche tut, um das zu erreichen. Denn es ist möglich, noch (!), wie eine Studie, die von Fridays for Future beim Wuppertal Institut in Auftrag gegeben wurde, erst kürzlich gezeigt hat (6). Nur wird es nicht reichen, ein bisschen mehr Fahrrad zu fahren, auf Plastikstrohhalme zu verzichten und mit gut gemeinten Floskeln die Menschen zu beruhigen. Ein alternativer, rundum nachhaltiger Lebensstil ist aktuell eher ein Luxus, den sich die meisten Menschen in Deutschland nicht leisten können. Und es wäre unfair, den einzelnen Bürger*innen die Verantwortung dafür zu überlassen. Es wird nicht reichen „Kompromisse zu suchen“, wie so oft propagiert wird, wenn es mal wieder heißt, „es werde ja schon viel getan, aber man müssen ja auch…“. 

Alle Kosten, in allen Bedeutungen des Wortes, werden zweitrangig werden, wenn es die Welt, wie wir sie bisher kennen, so nicht mehr gibt. Wenn Banken „too big to fail“ sind, warum nicht auch unser Planet? Und wer jetzt meint, die Bekämpfung der Corona-Pandemie stünde erstmal im Vordergrund, und danach müsse die Wirtschaft wieder dran sein und für Klimaschutz sei leider keine Zeit, der begeht einen großen Denkfehler: Denn durch unser derzeitiges, auf Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem, und die dadurch immer weiter fortschreitende Zerstörung des Planeten, entstehen Pandemien, wie die aktuelle überhaupt erst. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit zum Beispiel warnt davor, dass das Risiko für eine solch rapide und gefährliche Verbreitung von Viren weiter steigen wird, wenn die Menschen nicht aufhören, in den natürlichen Lebensraum von Tieren einzudringen (7). Genau wie bei der Pandemiebekämpfung, gilt auch beim Klimaschutz: Es gibt den ausgehandelten Kompromiss zwischen „dem Problem“ und „der Wirtschaft“ nicht. Sondern auch „die Wirtschaft“ – und eigentlich sollte es doch viel eher „die Menschen“ oder „die Gesellschaft“ heißen – kann nur geschützt werden, wenn das Problem konsequent, sinnvoll, vollständig und vor allem zeitnah angegangen wird. Genauso, wie ein verzögerter und halbherziger Lockdown weder Wirtschaft noch Menschen nützt, wird eine halbherzige Bekämpfung der Klimakrise, die dadurch angestoßenen, sich verselbstständigenden Prozesse nicht aufhalten oder auch nur abmildern können. Eine Vertagung der Lösung in die Zukunft ist in beiden Fällen, mehr als fatal.

Es gibt viele Lösungsansätze und Fachleute, die sich schon lange mit der Bekämpfung der Klimakrise beschäftigen. Die Ressourcen dazu sind längst vorhanden. Sie müssen nur genutzt werden. Es ist zwar klar, dass dies kein leichter und günstiger Weg sein wird. Mir ist jedoch klar geworden, dass es der einzige, bezahlbare Weg ist, der überhaupt die Möglichkeit mit sich bringt, dass unser Planet langfristig so bleibt, wie wir ihn zum Leben benötigen. Die Bekämpfung der Zerstörung unserer Lebensgrundlage muss das Wahlthema 2021 werden, an dem keine Partei vorbeikommt, wenn sie gewählt werden will. Nur so können wir die Katastrophe noch abmildern. Greta Thunberg hat gesagt: „ich will, dass ihr in Panik geratet.“ (8) An diesem schwarz-roten Mittwoch im September habe ich diese Panik erlebt. Sie ist absolut berechtigt und keinesfalls „Angstmache“, als welche sie so gern abgetan wird. Aber sie darf nicht lähmen, sondern sollte uns aktivieren, an dem Zustand etwas zu ändern. Und zwar jetzt! Nach neuesten Berechnungen bleiben der Menschheit, gerechnet ab Ende 2017, noch 420 Gigatonnen CO2, auf Deutschland runtergerechnet 4,2 Gigatonnen, die verbraucht werden dürfen, soll die globale Erhitzung auf maximal 1,5°C begrenzt werden. Was mehr als wünschenswert ist, wenn wir nicht in eine unaufhaltbare Abwärtsspirale rutschen wollen, die unser Leben, so wie wir es kennen, wohl beenden wird (1). Aber was bedeuten diese Zahlen nun? Bei der aktuellen Verbrauchsmenge von 42 Gigatonnen pro Jahr weltweit, ist dieses Budget Stand Mai 2021, in 6 Jahren und 7 Monaten aufgebraucht (9). Das sind keine zwei Legislaturperioden mehr! Und das macht die kommenden Wahlen so wichtig und im wahrsten Sinne des Wortes lebensentscheidend. Für die Menschen in meiner aktuellen Umgebung wird langsam Realität, was an vielen anderen Orten der Erde schon lange gilt und an wieder anderen bald drohen wird: der bisherige Lebensraum, der uns als zu Hause galt, wird zunehmend unbewohnbar, wenn wir weiter verdrängen, was unser maßloser Lebensstil und das ausbeuterische kapitalistische System mit dem Planeten anstellen.

Die Waldbrandsaison ist hier erst einmal vorüber. Der Himmel strahlt wieder in Königsblau, und sollte es doch gelegentlich regnen, spüre ich eine unfassbare Dankbarkeit. Auch die Nächte sind wieder sternenklar. Wenn ich die Planeten direkt neben dem Mond stehen sehe, dann ist für einen kurzen Moment sichtbar und im Raum begreifbar, wie schräg ich auf der Erde gerade durch das Weltall schwebe. Dann ist erahnbar, was Astronaut*innen oft berichten: die Tatsache, dass wir auf der Erde leben können, ist in diesem schwarzen, unendlichen und lebensfeindlichen Weltall etwas ganz Besonderes und Schützenswertes. Es liegt in unseren Händen, sie zu erhalten. Und, wir müssen die Menschen und Parteien wählen und unterstützen, die diese Dringlichkeit verstanden haben. 


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20. Mai 2021

Emilia Roig & Mohamed Amjahid: Wie lässt sich Rassismus verlernen?

von Henrietta Clasen 13. Mai 2021

“Was ich nicht sehe – existiert nicht.” Mit dieser verkürzten Sichtweise, wie Scheuklappen vor den Augen, laufen nicht wenige Menschen durch die Welt. In einer sicheren, weißen Blase, ausgepolstert mit Privilegien, die das Leben komfortabel machen, haben sie sich eingenistet. Mohamed Amjahid, nennt sie “Parallelgesellschaften” – Räume, die sozial segregiert sind, in denen sich Communities bilden. An und für sich erstmal nichts Schlimmes. Problematisch wird es erst dann, wenn diese Blasen dafür sorgen, dass Menschen sich und ihr Handeln nicht mehr in Frage stellen. Um eben diesen Perspektivwechsel und die Dekonstruktion dessen, was viele Weiße für die „Normalität“ halten, geht es Emilia Roig in ihrem Buch „Why We Matter“. Gemeinsam mit Mohamed Amjahid, dem Autor von “Der Weiße Fleck” habe ich mich unter anderem darüber unterhalten, wie sich eine antirassistische Haltung erlernen lässt, was es mit dem Begriff der “Intersektionalität” auf sich hat und, wie privilegierte Menschen, zum Ally werden können.

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► Emilia Roig: Why We Matter: Das Ende der Unterdrückung, Aufbau Verlag.
► Mohamed Amjahid: Der Weiße Fleck: Eine Anleitung zu antirassistischem Denken, Piper Verlag.
► Emilia auf Twitter und Instagram.
► Mohamed auf Twitter und Instagram.

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13. Mai 2021

Şeyda Kurt: Was macht (die) Liebe politisch?

von Henrietta Clasen 6. Mai 2021

“Viel zu selten sprechen wir darüber, wie unser Miteinander anders sein könnte”, schreibt  Şeyda Kurt in ihrem Buch “Radikale Zärtlichkeit: Warum Liebe politisch ist.” Liebe geschieht nicht im luftleeren Raum, sonder ist eingebunden in ein komplexes Geflecht aus Macht und Ansprüchen und wird seit jeher im Kapitalismus absichtlich als Mythos konstruiert. Indem wir jedoch erkennen, dass Liebe eine höchst politische Angelegenheit ist, erklären wir sie zugleich als veränderbar, als von uns gestaltbar. Wie ein neue Narrativ der Liebe, jenseits patriarchaler, rassistischer und kapitalistischer Tradierungen aussehen könnte, darüber hat sich Marilena Berends ausführlich mit Autorin und Journalistin Şeyda Kurt unterhalten.

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► Şeyda Kurt: Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist. Erschienen bei Harper Collins (04/21).
► Mehr von und über Şeyda Kurt auf ihrer Website .
► Şeyda auf Twitter und Instagram.

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6. Mai 2021

Hengameh Yaghoobifarah: Sollten wir wütender sein?

von Henrietta Clasen 28. April 2021

Ein Mensch, der seine Wut nicht auf sich sitzen lässt, sondern ihr Raum gibt, ist Hengameh Yaghoobifarah. Als “Reizfigur” bezeichnete die sz Hengameh kürzlich. Weil angeblich kaum ein* Autor*in im vergangenen Jahr so viel Solidarität und Empörung zugleich auf sich zog. Aber, warum ist das so? Weil Hengameh queer, nicht-binär, migrantisch oder Feminist*in ist? Wir leben noch immer in einer Gesellschaft, in der gewisse Eigenschaften als “normal”, andere als “abnormal” gelten. Nicht selten geht diese Kategorisierung, meist von weißen, cis-Personen vorgenommen, mit Stigmatisierung oder gar blankem Hass einher, der jenen entgegengebracht wird, die von der sogenannten “Norm” abweichen. Kann man angesichts dieser Umstände überhaupt von einer freien Gesellschaft sprechen? Ist diese nicht erst dann erreicht, wenn Menschen sich, ohne Angst vor Diskriminierung haben zu müssen, zu ihrer Identität bekennen können? Über diese und weitere Fragen, hat sich Marilena Berends ausführlich mit Hengameh Yaghoobifarah unterhalten.

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►Hengameh Yaghoobifarah: Ministerium der Träume, Aufbau Verlag (2021).
► Podcast Auf eine Tüte mit Hengameh Yaghoobifarah. 
► Hengameh auf Instagram und Twitter.
►Hengameh’s taz Kolumne Habibitus
► SZ-Magazin: “Reizfigur: Hengameh Yaghoobifarah im Porträt”.

Ein besonderer Dank gilt den Fördermitgliedern, die Sinneswandel als Pionier:innen mit 10€ im Monat unterstützen: Anja Schilling, Christian Danner, Bastian Groß, Pascale Röllin, Sebastian Brumm, Wolfgang Brucker, Petra Berends, Holger Bunz, Dirk Kleinschmidt, Eckart Hirschhausen, Isabelle Wetzel, Annette Hündling, Torsten Sewing, Hartmuth Barché, Dieter Herzmann, Hans Niedermaier, Constanze Priebe-Richter, Birgit Schwitalla, Heinrich Ewe, Julia Freiberg, Dana Backasch, Peter Hartmann, Martin Schupp, Juliane Willing, Andreas Tenhagen, eeden Hamburg Co-creation Space for visionary women*, David Hopp, Jessica Fischer (Universität Paderborn), Ioannis Giagkos, Matthias Niggehoff, Nina Lyne Gangl, Johanna Bernkopf , Holger Berends, Sebastian Hofmann und Elvira-Eisen Walser.

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28. April 2021

Igor Levit: Können wir überhaupt unpolitisch sein?

von Henrietta Clasen 12. April 2021

Was macht ein Pianist, der keine Konzerte mehr spielen kann? Auf diese Frage gibt es sicherlich viele Antworten. Eine davon liefert Igor Levit, den die New York Times als einen der „bedeutendsten Künstler seiner Generation“ beschreibt. Bereits am 12. März 2020, entschließt sich Igor die Konzerte in sein heimisches Wohnzimmer zu verlegen. Jeden Abend um 19 Uhr spielt er live – und tausende von Menschen schauen und hören ihm via Twitter und Instagram dabei zu. Marilena hatte die Gelegenheit, sich mit Igor Levit persönlich zu unterhalten und mit ihm über das vergangene Jahr zu sprechen, das ihn, wie er sagt, näher zu sich selbst geführt hat, wie kaum ein anderes. Es ist ein Gespräch, das sehr persönlich erscheinen mag, uns auf der anderen Seite aber auch das Politische, das Igor als untrennbar mit seinem Wesen verknüpft begreift, vor Augen führt. Denn gibt es eigentlich irgendetwas im Leben, das nicht politisch ist? Können wir unpolitisch sein? 

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► Website Igor Levit.
► Igor Levit, Florian Zinnecker: Hauskonzert. Hanser Literaturverlage.
► Musik: Waldsteinsonate, Igor Levit. Mit freundlicher Genehmigung von Sony Music International .

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12. April 2021

Joséphine Sagna: Kann Kunst (uns) befreien?

von Henrietta Clasen 5. April 2021

Joséphine Sagna setzt sich in ihrem künstlerischen Schaffen mit der Identitätsfrage einer Schwarzen Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft auseinander. Mit Vorurteilen und Rassismus, Fremd- und Eigenwahrnehmung, Intimität und Selbstinszenierung der Dargestellten. In den Mittelpunkt stellt sie den weiblichen Körper, selbstbewusste, starke BIPoC-Frauen, die sich dem westlichen Schönheitsideal entgegenstellen. Joséphine Sagna möchte die Essenz der Figuren darstellen, ihre laute, leise, weiche, starke und freie Art in einem vielschichtigen und fragmentarischen Bild einfangen — Schicht für Schicht, vielfarbig und mit unterschiedlichen Facetten. 

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► Website Joséphine Sagna.
► Joséphine Sagna auf Instagram.
► Doku My Body – My Art. Frauen. Körper. Kunst. auf 3sat u.a. mit Joséphine Sagna.

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5. April 2021

Zeit für einen Sinneswandel!

von Henrietta Clasen 23. März 2021

Könnt ihr die Musik am Anfang und am Ende jeder Podcast Episode auch nicht mehr hören? Wir jedenfalls nicht! Darum starten wir einen kleinen Aufruf. Gefragt seid ihr, die Sinneswandel Hörer*innen. Gesucht wird ein neuer Jingle. Wenn ihr Ideen habt, wie sich das anhören könnte und einen Jingle selbst produzieren könnt, dann schickt uns diesen zu. Am besten als MP3-Format und der Track sollte nicht länger als 60 Sekunden sein. Was das Genre und die Machart angeht, seid ihr vollkommen frei. Seid gerne kreativ! Schickt euren Jingle-Vorschlag an henrietta.clasen@sinneswandel.art. Einsendeschluss ist der 20. April. Wir freuen uns auf eure Ideen!

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► Schickt euren Jingle-Vorschlag (max. 60 Sek.) im MP3-Format (z.B. via Wetransfer) an henrietta.clasen@sinneswandel.art. Einsendeschluss ist der 20. April. Wir freuen uns auf eure Ideen!

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23. März 2021

Klimakrise, Burn-out- alles eine Frage der Zeit?

von Henrietta Clasen 16. März 2021

Es gibt Dinge die bemerkt man lange Zeit nicht, bevor man zu wenig oder zu viel davon hat. Eines dieser Phänomene ist “die Zeit”. Sie ist das Wasser, in dem wir schwimmen. Die Luft, die wir atmen. Immer da und doch nicht greifbar. Nur als Jenes, das verrinnt. Vor unseren Augen als Zeiger, die fortlaufend das Ziffernblatt der Uhr umrunden. Sekunde um Sekunde, Minute um Minute, Stunde für Stunde. Und das, ganz gleich, ob es uns beliebt oder nicht. Die Zeit lässt sich nicht stoppen, nicht unter Kontrolle bringen. Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass der Mensch noch keine Technik erfunden hat, die eben dies bewirkt. Doch, wenn sich die Zeit schon nicht kontrollieren lässt, so doch wenigstens der Umgang mit ihr. Man könnte sagen, der moderne Mensch IST Zeit. Er hat sie sich in solchem Maße angeeignet, dass sie Teil seines Selbst geworden ist – oder er Teil von ihr.

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► Alles eine Frage der Zeit: Harald Lesch, Karlheinz A. & Jonas Geißler. oekom Verlag.
► Momo: Michael Ende.
► Ist es radikal, nach Corona lange Ferien zu machen? Teresa Bücker in “Freie Radikale: Die Ideenkolumne” des sz-Magazins.
► 24 Jahre schlafen: Dafür geht unsere Lebenszeit drauf: Stern.de.

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Transkript: Klimakrise, Burn-out- alles eine Frage der Zeit?

„Es gibt ein großes und doch ganz alltägliches Geheimnis. Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach. Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und wundern sich kein bisschen darüber. Dieses Geheimnis ist die Zeit. Es gibt Kalender und Uhren, um sie zu messen, aber das will wenig besagen, denn jeder weiß, dass einem eine einzige Stunde wie eine Ewigkeit vorkommen kann, mitunter kann sie aber auch wie ein Augenblick vergehen – je nachdem, was man in dieser Stunde erlebt. Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.“ So steht es in Michael Endes Kinderbuch Momo. 

Es gibt Dinge die bemerkt man lange Zeit nicht, bevor man zu wenig oder zu viel davon hat. Ansonsten kommen sie einem wie das Selbstverständlichste der Welt vor. Eines dieser Phänomene ist “die Zeit”. Sie ist das Wasser, in dem wir schwimmen. Die Luft, die wir atmen. Immer da und doch nicht greifbar. Nur als Jenes, das verrinnt. Vor unseren Augen als Zeiger, die fortlaufend das Ziffernblatt der Uhr umrunden. Sekunde um Sekunde, Minute, um Minute, Stunde für Stunde. Tag für Tag, Jahr um Jahr. Und das, ganz gleich, ob es uns beliebt oder nicht. Die Zeit lässt sich nicht stoppen. Nicht unter Kontrolle bringen. Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass der Mensch noch keine Technik erfunden hat, die eben dies bewirkt. Die Zeit, wie in Michael Endes Roman Momo, zum Stoppen bringt. Doch wenn sich die Zeit schon nicht kontrollieren lässt, so doch wenigstens der Umgang mit ihr. Man könnte sagen, der moderne Mensch IST Zeit. Er hat sie sich in solchem Maße angeeignet, internalisiert, dass sie Teil seines Selbst geworden ist – oder er Teil von ihr. Um sie, also die Zeit, unter Kontrolle zu bringen, stehen dem postmodernen Subjekt ein reichhaltiges Repertoire  von Strategien zur Verfügung, die es zur Anwendung bringen kann: von Speed-Reading, über One-Day-Delivery, Fast-Food-Ketten, Intermittent-Fasting, bis hin zur akribischen Tagesplanung, To-do-Listen und dem Leistungs-Tracking mittels moderner Technik. All dies gibt den Menschen das Gefühl ihr Leben und damit die verstreichende Zeit, unter Kontrolle zu haben. “Es liegt allein in deiner Hand”, scheint der Zeiger auf der Uhr uns mahnend entgegen zuraunen. Time is money! Oder, wie Seneca einst schrieb: “Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.” 

24 Jahre seines Lebens verschläft der durchschnittliche Deutsche angeblich. 12 Jahre sieht er fern – zu Corona-Lockdown-Zeiten sind es vermutlich noch mehr. 374 Tage verbringt der Mensch angeblich wartend – an Ampeln, im Stau, an Flughäfen, in Schlangen, an der Kasse, beim Arzt… Doch wer beurteilt eigentlich, ob diese Zeit sinnvoll oder vergeudet ist? Wer, außer uns selbst, kann diese Bewertung vornehmen? In einer idealen Welt, wäre das vielleicht auch so, in der es uns, wovon Marx schon träumte, frei stünde „heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren”. Oder vielleicht auch einfach mal nichts zu tun? Gut, das hätte Marx vielleicht anders gesehen. Aber, was ich damit sagen will, ist: Es ist leider nicht ganz so einfach. Denn Zeit ist leider nicht rein individuell zu betrachten. Sowohl in Bezug darauf, welchen Stellenwert sie für uns einnimmt, als auch, welchen Zugang wir zu ihr besitzen. Genau das ist nämlich immer schon unweigerlich mit dem Zeitgeist, der Gesellschaft und Kultur, in der wir leben, verbunden. Und, oh Wunder, was macht es wohl mit Menschen, die in einer Welt leben, in der Zeit wichtigste und knappste Ressource zugleich ist? Von Effizienz und Optimierungszwang getrieben, eilt das moderne Subjekt von A nach B. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie vielleicht weniger in geografischer Hinsicht, aber doch weiterhin, und sei es zwischen Home-Office Laptop und Kinderzimmer. Es gibt so viel zu tun, zu sehen, zu lesen zu wissen und vor allem so viel, zu dem man seinen Senf hinzugeben könnte. Meinung ist heute alles! Wer keine Meinung hat, hat verloren. Manchmal frage ich mich jedoch, wie ich mir überhaupt eine Meinung bilden soll, wenn alles an mir vorbeirauscht, die Twitter Meldungen nach 3 Sekunden schon veraltet sind und jeden Tag ein neuer Skandal auf dem Titelblatt steht. Wann soll ich die Zeit finden, mir darüber mal wirklich Gedanken zu machen? Mich mal intensiv mit etwas auseinandersetzen? Geschweige denn, mal anderen wirklich zuhören? Eine “Empörungskultur” erlaubt das nicht. Hier zählt nur das ausgesprochene oder ausgeschriebene Wort – möglichst schnell und am besten laut.

“Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat”, schrieb einst der Physiker und Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg. Ich erinnere mich noch, wie zu Anfang des ersten Corona-Lockdowns davon gesprochen wurde, wie viel mehr Zeit uns doch nun zur Verfügung stünde. Und, ach, welch ein Privileg! Was soll man nur mit ihr anstellen? Mit all der überflüssigen Zeit, die doch keinesfalls vergeudet werden durfte. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieser kurze Moment des Zeitwohlstands, der vermutlich auch nur einer sehr sehr kleinen Gruppe von Menschen vergönnt blieb, schnell vorüberging. Heute höre ich zumindest nur noch selten von Menschen auf der Suche nach neuen Hobbys, wie dem Puzzeln, Sauerteigbrot backen oder Stricken. Corona hat eines ganz bestimmt nicht vermehrt, die Zeit. Die Journalistin und Autorin Teresa Bücker schreibt in ihrer Kolumne für das Magazin der Süddeutschen Zeitung: “Der Corona-Bonus, den alle verdienen, ist mehr freie Zeit. Wir brauchen Corona-Sonderurlaub auch nach der Pandemie, damit wir nach einer langen Zeit, in der neben der Arbeit kaum etwas stattfand, wieder spüren können, warum wir auf der Welt sind.” Auch, wenn kritisch zu diskutieren wäre, um wen es sich bei diesem kollektiven “wir”, das Bücker anspricht, handelt, so kann ich mich ihrem Punkt, den sie damit vermutlich setzen will, nicht ganz entziehen. Denn ein Leben, das primär aus Arbeit, genauer gesagt, Lohnarbeit und oft unbezahlter Care-Arbeit besteht, ist ziemlich anstrengend, wenn nicht sogar ermüdend. Hinzu kommt die psychische Belastung der Situation an und für sich. Die Unvorhersehbarkeit der Zukunft. Was bleibt einem da anderes übrig, als sich voll und ganz der Arbeit hinzugeben? Der nächste Urlaub rückt schließlich eh in immer weitere Ferne.

Mit der Gleichsetzung von Zeit mit Geld verblasste die Bedeutung ökologischer wie kultureller System- und Eigenzeiten immer mehr. “Dafür zahlen nicht nur die heute lebenden Menschen, sondern vor allem die Natur und die künftigen Generationen einen hohen Preis”, so der Zeitforscher Karlheinz Geißler in dem Buch Alles eine Frage der Zeit, welches just am heutigen Tage erscheint. Er und seine zwei Co-Autoren, Harald Lesch und Jonas Geißler eröffnen darin eine weitere Perspektive auf das Phänomen Zeit, die eigentlich von größter Relevanz für uns alle sein sollte. Nämlich die Frage, wie viel Zeit uns noch bleibt, um unseren Planeten und damit auch die Menschheit zu retten. Sprich, wie viele Jahre oder Jahrzehnte, bleiben uns noch, um die Klimakrise abzuwenden? Um das Schlimmste zu verhindern oder gar das Blatt zu wenden und eine lebenswertere Zukunft zu gestalten? “Klimakrise, Artensterben, Burn-out? Alles eine Frage der Zeit!”, sagt Harald Lesch. “Zeitnot und Hektik prägen unsere Gesellschaft. Gemäß dem Motto »Zeit ist Geld« kämpfen wir gegen alles Langsame, Bedächtige oder Pausierende, oft bis zur Erschöpfung. Dafür zahlt auch die Natur einen hohen Preis: Unsere Nonstop-Gesellschaft forciert die ökologische Krise. Was die Natur in Jahrtausenden erzeugt hat, wird in kürzester Zeit »verwertet«, ja regelrecht verbrannt.” Was es den Autoren zufolge bedarf, ist eine “nachhaltige Zeitkultur”, “in der das Diktat der Verrechnung von Zeit in Geld überwunden ist und wir nicht länger uns und unsere Umwelt verschleißen. [Denn nichts] hat keine Zeit, alles aber hat seine Zeit! Verändern wir unser Verhältnis und Verständnis zur Zeit, dann fördern wir die Zukunftsfähigkeit unserer Lebensformen.” Es ist wirklich an der Zeit, so könnte man sagen!

Ein Blick auf die Politik erweckt jedoch eher den Eindruck, als lebe sie in einem anderen Raum-Zeit-Kontinuum, zu der die existenzielle Dringlichkeit der klimatischen Veränderungen noch nicht vorgedrungen ist. Oder aber, es gilt, was Ernst Ferstl einst schrieb: “An Zeit fehlt es uns vor allem dort, wo es uns am Wollen fehlt.” Nur ist das wiederum der Natur ziemlich einerlei, ob wir wollen oder nicht. Der Klimawandel wird sich weiter vollziehen, wenn wir den Kurs nicht ändern. Und damit ist nicht nur die Umsetzung der Maßnahmen des Pariser Klimaabkommens gemeint, sondern auch das Überdenken unseres Verständnisses von uns Menschen in der Welt und damit auch in der Zeit. Autor und Berater Jonas Geißler empfiehlt dazu folgendes: “Eine gute Möglichkeit, sich selbst auf die Spur zu kommen, ist, statt “Zeit einmal “Leben” zu sagen und zu beobachten, was dann passiert. Unsere Wahrnehmung verändert sich augenblicklich: ›Ich habe kein Leben?‹ ›Ich leide unter Lebensknappheit?‹ ›Ich habe Lebensprobleme?‹ Es wird deutlich, wie unser Denken und Sprechen über die Zeit uns dazu verführt, auf einer bestimmten Ebene zu bleiben und die dahinter liegenden Probleme nicht zu erfassen. Wenn wir sagen: ›Ich habe keine Zeit‹, scheint das etwas zu sein, was außerhalb unserer Verantwortung liegt. Wenn wir sagen: ›Ich habe kein Leben‹, sprechen wir von uns.”

Sicherlich, das Hinterfragen individuellen Zeitverständnisses und -gebrauchs ist ein wichtiger Schritt – dabei belassen sollten wir es jedoch nicht. Ein sehr viel grundsätzlicheres Umdenken, insbesondere auf ökonomischer Ebene sei vonnöten, so der Zeitforscher Karlheinz Geißler: “Der vom Messen besessene Kapitalismus sieht in der Natur eine endlos verfügbare Ressource, der man sich, ohne sich um die Reproduktion zu kümmern, nach Belieben bedienen kann. Zeit ist aber ebenso wenig eine Ressource wie das Leben selbst. »Ressource« ist sie nur in der ökonomischen Systemlogik. Wir tun gut daran, deshalb auch nur im Rahmen ökonomischer Diskurse der Zeit Ressourcencharakter zuzuschreiben. Geht’s um Zeit in Kultur, Kunst, Politik oder in Bildung und Erziehung, ist die Ressourcenperspektive fehl am Platze. In der Ökonomie muss man Zeit gewinnen, in der Erziehungs- und der Bildungsarbeit, wie auch in der Kunst, Zeit in kreativer Art und Weise verlieren.”

Es gilt also bewusster und zugleich “verschwenderischer” mit Zeit umzugehen. Für einen neuen Zeitwohlstand, der allen zugutekommt, Mensch, wie Natur. Die Zeit dafür ist mehr als reif! Nehmen wir sie uns!


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16. März 2021
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