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New Work

Ich arbeite, also bin ich – muss Arbeit wirklich Sinn machen?

von Marilena 22. Juli 2019

Die Arbeitszeit steigt wieder. Das belegen Studien. Aber wieso? Weil wir so gerne arbeiten? Arbeit ist heute weitaus mehr als ein Job. Sie ist Grundlage unserer Selbstdefinition. Ich arbeite also bin ich. Unsere Arbeit bestimmt, welche soziale Stellung wir haben. Dem können wir uns kaum entziehen. Ich persönlich glaube, dass wir Menschen grundsätzlich ein Bedürfnis nach Aktivität und Beteiligung haben. Dass wir danach streben, uns unserer Selbstwirksamkeit bewusst zu werden. Dieser Wunsch nach Tätigkeit wird aber erstmal durch den Filter der Erwerbsarbeit gepresst. Wenn wir von Arbeit sprechen, dann meinen wir fast immer nur jene, die bezahlt werden. Es wird höchste Zeit für eine Neudefinition von „Arbeit“!

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► Buchtipp: Utopien für Realisten – Rutger Bregmann

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Bereits in der vorletzten Podcast Folge #121, glaube ich, habe ich das heutige Thema kurz aufgegriffen. Nämlich die Identifikation mit unserer Arbeit. Man könnte fast sagen, unsere Gesellschaft ist besessen von dem Gedanken, eines erfüllten Arbeitslebens. Insbesondere die jüngeren Generationen Y und Z. Arbeit soll nun auch Spaß machen! Und sie sollte einen Sinn haben bzw. Sinn geben. Das hat sie früher, also besonders ganz früher früher, zu Zeiten der industriellen Revolution, mit ziemlich großer Gewissheit nicht getan. Ganz im Gegenteil. 
Wenn man sich z.B. den Film „Moderne Zeiten“ von Charlie Chaplin anschaut, der den Menschen im Räderwerk moderner Technik, damals in Form von niemals stoppenden Fließbändern erzählt, dann wird einem deutlich, dass Arbeit damals so ziemlich das Gegenteil von Freude war. So war es im Industriezeitalter Ende 18. Anfang 19. Jh. z.B. völlig normal, dass man 7 Tage die Woche bis zu 15 Stunden am Tag, oder gar mehr, gearbeitet hat. Kinder natürlich auch. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Arbeitszeit dann bei noch etwa 48 Stunden auf 6 Tage à 8 Stunden verteilt. Erst Ende der 1960er Jahre, war die 40-Stunden Woche in fast allen Sektoren in Deutschland angekommen. Und ist bis heute ja auch meistens noch der Fall, wenn nicht gerade Unternehmensberater ist.
Studien zeigen aber sogar, dass die Tendenz wieder nach oben geht, was die Arbeitsstunden betrifft. Gerade durch Home-Office, flexible Arbeitszeiten und den Verzicht auf die Stechuhr, hat sich gezeigt, dass viele Menschen sogar mehr arbeiten als vorher. Der Arbeitsplatz wird zum Mittelpunkt unseres Lebens. Und immer mehr Menschen bleiben länger im Büro – für das gleiche Geld oder sogar für weniger. Arbeitszeit = Lebenszeit lautet die Devise. Oder wie sagt man so schön, Arbeit ist das halbe Leben. Da sollte sie doch auch Sinn stiften und Spaß machen. 
Davon war auch ich lange Zeit vollkommen überzeugt. Ein Grund, weshalb ich mich vor ein paar Jahren selbstständig gemacht habe. Da ich mich in keinem Unternehmen wirklich wiederfinden konnte. Keines hatte meinen Ansprüchen gerecht werden können. Und scheinbar geht es immer mehr, vor allem jungen Menschen, ähnlich, was natürlich Auswirkungen hat.
Heute sprechen wir davon, die Arbeit zu revolutionieren. New Work lautet das Zauberwort! Agiles Management, Design Thinking, Holocracy und Working Out Loud sind nur einige der Buzzwords, die gerade heiß diskutiert und zum Teil getestet werden. Sie alle sollen noch mehr dazu beitragen, Arbeit noch sinnstiftender, menschlicher und freudvoller zu machen. Klingt auf den ersten Blick nach einer guten Sache. Dachte ich auch. Aber man kann das ganze auch mal von einer anderen Perspektive aus beleuchten und sich die Frage stellen: Muss Arbeit wirklich sinnstiftend sein?
Ich möchte damit keinesfalls ausdrücken, dass diese Bewegung in Richtung singstiftender Arbeit und mehr Menschlichkeit im Arbeitskontext, nicht ein guter Schritt sei. Es gibt kaum etwas Besseres, als glückliche und zufriedene Menschen. Und, wenn der Job dazu beitragen kann, umso besser. Dennoch hinterfrage ich diesen Wandel derzeit. 
Denn ich glaube, dass gerade die Selbstverwirklichungsgesellschaft, in der wir leben, die davon ausgeht, dass die Frage nach dem Sinn nur jeder einzelne für sich beantworten kann, zu einer immer stärkeren Individualisierung führt. Zu einer regelrechten Subjektivierung oder Privatisierung von Sinnansprüchen. Noch nie in der Geschichte hatten wir so viel Freiheit wie heute, uns selbst zu entfalten. Und ich habe das Gefühl, der Anspruch an sich selbst, diesen Sinn in der Arbeit zu finden, wird immer größer.
Wir werden von klein auf darauf vorbereitet, uns in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Vollbeschäftigung ist quasi die Utopie unserer Gesellschaft. Oder wie Max Weber es in seinem Werk „Die protestantische Ethik und der Geist der Kapitalismus“, das ich im Studium mal gelesen habe, formuliert: „Die sozialstaatlichen Erziehungsanstalten formen den Menschen, derer er, der Kapitalismus bedarf.“
Dabei ist Arbeit heute weitaus mehr als ein Job. Sie ist Grundlage unserer Selbstdefinition. Ich arbeite also bin ich. Ich meine, wer kennt das nicht. Man geht auf eine Party, lernt neue Menschen kennen und eine der ersten Fragen lautet: „Und, was machst du so?“ Danach folgt dann meist eine Erläuterung der beruflichen Tätigkeiten. Wir arbeiten nicht als Ingenieur, wir sind Ingenieur. Oder was auch immer. Unsere Arbeit bestimmt, welche soziale Stellung wir haben. Dem können wir uns kaum entziehen. 
Ich weiß noch genau, wie ich nach meinem Uniabschluss im Café gearbeitet habe, um nach Indien reisen und eine Yoga Ausbildung machen zu können, anstatt einen Master oben drauf zu setzen. Um mich nicht rechtfertigen zu müssen, hab ich manchmal einfach gesagt, es sei ein Gap Year. Dann waren die Leute beruhigt. Dass ich meine Akademiker Karriere nicht einfach aus dem Fenster werfe.
Naja, ich finde es auf jeden Fall nicht sehr verwunderlich, dass bei dem Arbeitsfetisch, nicht zu arbeiten oder es nicht zu können, Menschen oft in eine Sinnkrise führt. In meinen Workshops oder im Coaching wird mir das immer bewusster. Dort kommen oft Menschen zu mir, die einfach keinen Sinn in ihrer Arbeit finden und diesen nun auf Biegen und Brechen finden wollen. Einerseits um selbst glücklicher zu sein. Aber ich glaube, dass der Gedanke, den gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden zu wollen, eine große Rolle spielt.
Es scheint mir manchmal fast so, als müssen wir arbeiten wollen. Diese Haltung wird besonders deutlich durch die Stigmatisierung von Arbeitslosigkeit. Sie ist ein Zustand, den es zu überwinden gilt. Nichts freiwilliges oder gar gewünschtes. Darum muss man sich beim Arbeitslosenamt auch nicht nur als arbeitslos, sonder auch als „arbeitssuchend“ melden.
Besonders bezeichnen finde ich übrigens die Worte, welche der damalige SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering gewählt hat, um Hartz IV zu rechtfertigten: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“, die übrigens aus den biblischen Versen des Apostel Paulus stammen.
Ich erinnere mich noch gut, als mir ein Freund Anfang des Jahres erzählt hat, er sei unzufrieden mit seiner Arbeit und wolle sich eine Pause genehmigen, um zu Reflektieren. Aber er habe Angst davor, sich arbeitslos zu melden. Nicht nur, weil er keine Lust habe, auf die bürokratischen Torturen, sondern auch, weil er sich dann gebrandmarkt fühle. Und ich glaube, so geht es nicht nur ihm.
Ich persönlich glaube, dass man grundsätzlich davon ausgehen kann, dass wir Menschen ein Bedürfnis nach Aktivität und Beteiligung haben. Dass wir danach streben, uns unserer Selbstwirksamkeit bewusst zu werden. Dieser Wunsch nach Tätigkeit wird aber erstmal durch den Filter der Erwerbsarbeit gepresst. Wenn wir von Arbeit sprechen, dann meinen wir fast immer nur jene, die bezahlt werden. Soziale und Freiwilligen Arbeit z.B., haben kaum gesellschaftliches Ansehen und werden nur wenig wertgeschätzt. Dabei haben sie einen unglaublich großen Wert und tragen weitaus mehr zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei, als viele der „Bullshitjobs“, wie der Autor Rutger Bregmann sie bezeichnet. Also, die zwar ein gesellschaftlich hohes Ansehen haben und meist auch gut entlohnt werden, aber eigentlich keinen Wert generieren. Die die ungerechte Verteilung des Wohlstands und den Turbokapitalismus einfach nur weiter vorantreiben. Sehr empfehlenswertes Buch übrigens. Ich verlinke das mal in den Shownotes. 
Und ich glaube, dass wir genau durch dieses Paradigma, diese Arbeitsfixierung, in Zukunft selbst ins eigene Fleisch schneiden. Denn es wird sich viel änder, so viel ist klar! Unterschiedliche Studien gehen davon aus, dass uns u.a. durch die Digitalisierung ein neue Ära der Massenarbeitslosigkeit bevorsteht. Einige Befürworter dieses Wandels argumentieren, dass es, wie in der Vergangenheit, als z.B. das Auto die Kutsche ersetzt hat, neue Jobs entstehen werden (Autos bauen sich schließlich nicht von alleine). Das mag damals funktioniert haben. Aber sind wir mal ehrlich! Wer glaubt denn allen Ernstes daran, dass sich z.B. jeder Steuerberater und jede Kassiererin, deren Jobs auf alle Fälle bedroht sind, in der Lage sein werden, sich zum Programmierer von Algorithmen umzuschulen. Uns droht also nicht nur Arbeitslosigkeit und in Folge steigende Armut, sondern auch, um es mit den Worten von einem meiner Lieblings Autoren, Harari zu sagen, eine „Klasse der Unbedeutsamen“. Viele viele Menschen und nicht nur in den Niedrighlohnsektoren, die keine Arbeit mehr finden und damit stigmatisiert sind. 
Auf den ersten Blick mag das Entsetzen und Angst erzeugen. Auf den zweiten Blick jedoch, birgt eben diese Entwicklung ganz neues Potential. Nämlich eine Neudefinition von Arbeit. So schrieb bereits Oscar Wild im 19. Jahrhundert, Muße, nicht Arbeit, sei das Ziel des Menschen. Und auch der Philosoph, Richard D. Precht, den ich erst kürzlich nterviewt habe, schreibt in seinem neusten Buch: „Zu arbeiten, etwas zu gestalten, sich selbst zu verwirklichen liegt in der Natur des Menschen. Von neun bis fünf in einem Büro zu sitzen und dafür Lohn zu bekommen nicht!“ 
Wenn man weiter zurück in die Geschichte blickt, so war es stets eine Traum der Menschen, eines Tages im Schlaraffenland zu leben, in dem man nicht mehr so hart arbeiten muss. Und dieser Traum könnte nun durch die Digitalisierung Realität werden. 
Damit wir allerdings ohne Arbeit im herkömmlichen Sinne, nicht in Sinnlosigkeit versinken, müssen einige Fragen geklärt werden, wie z.B.
Was verstehen wir heute unter Arbeit?
Welche Alternativen gibt es zum bisherigen Lohnarbeitsmodell?
Wie kann Arbeit in Zukunft gestaltet werden?
Welche Möglichkeiten haben wir, unser Leben jenseits von Erwerbsarbeit zu gestalten? Also, was stellen wir mit der ganzen freien Zeit an? 
Auf dieser Basis ist es möglich,vom Nachdenken über die Zukunft der Arbeit zum gemeinsamen Arbeiten an der Zukunft der Arbeit zu gelangen.
Das mag sich vielleicht erstmal alles absurd anhören, aber ich glaube, dass ein Weg in diese Richtung, weg von der Arbeitsfixierung, der Entkoppelung von Lohn und Arbeit, uns auf lange Sicht gut tun würde. Wir könnten uns dann nicht nur der Muße und Kontemplation widmen, sondern auch wieder mehr Gemeinschaftssinn pflegen. Es gibt weitaus mehr Menschen, die freiwillig ihre Freizeit sozialen Projekten widmen, als man denkt. Und ich glaube, mit weniger Arbeit, wären es noch weitaus mehr. Ich glaube, wir wären weitaus glücklicher, als, wenn wir unsere Arbeit einfach nur ins Home Office verlagern oder ein bisschen Holocracy machen.
Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und es müssen etliche Faktoren, wie z.B. die Finanzierung dieses Wagnisses, berücksichtigt werden. Aber ich glaube, es ist, wie bei vielen Dingen, die früher noch undenkbar schienen, wie z.B. das Frauenwahlrecht damals, die schon nach kurzer Zeit als normal angesehen werden. Es verlangt natürlich einen Sinneswandel. Ein Hinterfragen der bestehenden Realität. Die, anders als wir oft glauben, nicht in Stein gemeißelt ist. Sondern formbar. Die Frage ist nur, wie.
Zum Abschluss vielleicht noch ein paar Worte von John Lennon, die gut passen: „Als ich fünf war, hat meine Mutter mir immer gesagt, dass es das Wichtigste im Leben sei, glücklich zu sein. Als ich in die Schulekam, baten sie mich aufzuschreiben, was ich später einmal werden möchte. Ich schrieb auf:glücklich. Sie sagten mir, ich hätte die Frage nicht richtig verstanden, und ich antworteteihnen, dass sie das Leben nicht richtig verstanden hätten.“
Ich danke dir fürs Zuhören und würde mich sehr freuen, deine Gedanken und Ideen zu dem Thema zu hören. Schreib mir gerne auf Instagram oder eine E-mail. Ich freue mich immer über den Austausch.


Marilena Berends, Podcast Sinneswandel
Folge #123

22. Juli 2019

Aileen Moeck: Wie wollen wir in Zukunft lernen?

von Marilena 15. Juli 2019

Erst kürzlich habe ich „Die Zukunftsbauer“ kennengelernt. Eine Initiative, die sich zur Aufgabe gemacht hat, unser Schulsystem und die Art und Weise, wie wir in Deutschland lernen und lehren, zu revolutionieren. Diese Vision hat mich sofort begeistert, sodass ich mir Aileen, eine der Begründerinnen, für ein Interview geschnappt habe. Wir diskutieren u.a. darüber, was Bildung eigentlich bedeutet, weshalb sie dringend wieder (mehr) auf die politische Agenda gehört und, was sie zur Persönlichkeits- und Gesellschaftsentwicklung beitragen kann. 

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► Mehr über die Zukunftsbauer und, wie du mitmachen kannst, erfährst du auf diezukunftsbauer.com
► Aileens Buchtipps : Risikogesellschaft von Ulrich Beck und Resonanzpädagogik von Hartmut Rosa. Weiterhin alle Bücher von Yuval Noah Harari und Richard David Precht.

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15. Juli 2019

Disrupt Yourself: Das Paradigma der Selbstoptimierung

von Marilena 7. Juli 2019

Unsere Welt wird immer mehr VUKA: Schneller, agiler, komplexer und anspruchsvoller. Was dazu führt, dass wir enorm gefordert sind und der Leistungsdruck hoch ist. Um mithalten zu können, müssen wir permanent an uns arbeiten und mit dem Wandel der digitalen Zeitära gehen. Die Wege der Selbstoptimierung sind dabei vielfältig und herauszufinden, was wir eigentlich wollen, stellt aufgrund der Fülle der Möglichkeiten eine echte Herausforderung da. 

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Heute mal eine Folge zu einem Thema bzw. ein paar Gedanken, die ich nun schon seit geraumer Zeit mit mir herumtrage. Das Ganze ist ein bisschen komplexer und ich hoffe, ich schaffe es, meine Gedankengänge hier nachvollziehbar mit dir zu teilen. Aber ich glaube es ist ein wichtiges Thema, das uns alle betrifft. Es geht um Selbstdisruption. Im Anbetracht der voranschreitenden Digitalisierung, bezieht sich der Begriff Disruption (aus dem engl. disrupt, also unterbrechen oder auch zerreißen), nicht mehr nur auf die radikale Erneuerung von Technologien und Prozessen. Auch vor uns Menschen wird nicht Halt gemacht. Und das hat natürlich Konsequenzen.
Bevor ich in die Podcast Folge einsteige, möchte ich mich bei meinem heutigen Podcast Sponsoren, Book Beat bedanken. Book Beat ist eine Plattform und App für Hörbücher. Wenn du mir schon eine Weile folgst, insbesondere auf Social Media, dann weißt du, dass ich fast schon ein Hörbuch Junkie bin. Letztens habe ich voller Freude entdeckt, dass es bei Book Beat auch alle drei Bücher von Yuval Noah Harari gibt. Der mich übrigens auch, unter anderen, zu dieser Folge inspiriert hat. Kann ich sehr empfehlen! Mit dem Code MARILENA kannst du Book Beat 30 Tage lang kostenlos testen. Danach kostet die App 14,90 im Monat und ist jederzeit kündbar. Ich habe dir alles in den Shownotes verlinkt, sodass du nach dem Podcast alles entspannt nachlesen kannst.
Also, zurück zu meinem eigentlichen Gedanken:
Wir stehen auf der Wende zu einem grundlegenden Wandel. Da sind wir uns glaube ich alle einig. Vielleicht stecken wir sogar schon mittendrin. Mehr, als wir uns zurzeit bewusst sind. Nicht nur als Gesellschaft, sondern auch als Individuum. Vieles, das uns bislang Halt und Sicherheit gegeben hat, vaporisiert. Verabschiedet sich also aus unserem Leben. Bröckelt dahin. Insbesondere durch die Globalisierung und Digitalisierung wird das Leben zunehmend schneller, agiler, komplexer, vernetzter. Die VUKA-Welt, von er ich in Folge 111 schon gesprochen habe. Keiner weiß so recht, wohin es mit uns und der Welt gehen soll. Es fehlt uns an Orientierung.
Hinzukommt, dass wir keine Zeit haben. Wir rotieren den lieben langen Tag. Sind immer beschäftigt. Unsere Arbeit ist weitaus mehr als ein Job. Sie ist Statussymbol und Grundlage unserer Selbstdefinition. Ich leiste, also bin ich. Wer wenig Zeit hat, von Meeting zu Meeting hastet, gilt als erfolgreich. Denn Zeit ist Geld. Daher müssen wir Zeit effektiv nutzen, um effizienter zu sein. Die Produktivität muss weiter angekurbelt werden. Nur so funktioniert unsere Leistungs- und Effizienzgesellschaft. Nur so fallen wir nicht aus dem Rahmen. 
Zudem müssen wir permanent an uns selbst arbeiten. Durch die persönliche Freiheit, die uns in der Multioptionsgesellschaft zusteht, ist Selbstverwirklichung regelrecht zum Diktat geworden. Ein Paradigma der Selbstoptimierung. Alleine in den ersten Lebensphasen, wenn es um die Entscheidung geht, welche Ausbildung, welches Studium oder welchen Beruf man wählt, können wir unter zahllosen Angeboten wählen. Und uns schnell in der Wahlfreiheit verlieren und sogar daran verzweifeln. 
Ich weiß nicht wie es dir ging oder geht, aber mich hat das damals wirklich in eine Existenzkrise gebracht. 
Jeden Tag sprießen neue Berufsbezeichnungen und Varianten der Lebensführungen aus dem Boden. Der Individualisierung sind keine Grenzen gesetzt. Und wenn nicht das Beste aus unserem Leben herausholen, es nicht nach unseren Wünschen gestalten, haben wir es eben nicht geschafft. Jeder ist schließlich seines eigenen Glückes Schmied. Aber #nopressure! Immer schön gelassen bleiben und positiv Denken.
Da stellt sich einem doch die Frage, wie einem das in Anbetracht einer sich permanent und immer schneller wandelnden Welt gelingen verdammt noch mal gelingen soll?
Die Antwort lautet: „Disrupt yourself“! In Zeiten großer Veränderungen, wie der Digitalisierung, wird uns eingeflößt, sei es sinnvoll, flexibel zu bleiben. Anpassungsfähigkeit, Offenheit für Neues und innere Wandlungsfähigkeit sollen unsere Arbeitstauglichkeit und damit auch unsere Existenz sichern. Statt uns, wie gewohnt, einen sicheren Job zu suchen und immer schön geradeaus zu gehen, wie wir es bisher gewohnt waren, werden wir nun aufgefordert uns ein Repertoire verschiedener Verhaltensweisen zuzulegen, um uns an die jeweilige Situation flexibel anpassen zu können. Je nachdem, was von uns gefordert wird. 
Es wird uns suggeriert, die Transformation habe uns im Griff und wir sind es, die uns anpassen müssen. Insbesondere an den Markt und die Wirtschaft. Wir sind dazu gezwungen, uns in den sich wandelnden Strukturen, die paradoxerweise nicht änderbar zu sein scheinen, permanent selbst neu erfinden zu müssen. Am besten sollen wir es auch noch wollen. Veränderung ist doch super! 
Aber mal ehrlich, wie sollen sich für uns aus dieser haltlosen Haltung heraus sinnvolle Zukunftsperspektiven ergeben? Das ist mir unklar.
Viel klarer ist allerdings, dass diese Entwicklung vor allem eine zunehmende Individualisierung und Singularität zur Folge hat. Ein Wertewandel, weg von Normen und Pflichten, hin zur Selbstentfaltung und Liberalisierung. Einem expressiven Selbst, das nicht nur einfach den Konventionen folgt. Einer Selbstverwirklichungsgesellschaft. In der es permanent um das „me“ anstelle des „We“ geht. Me first. Denn wer im Selbstoptimierunsgwettlauf nicht mitmacht, hat verloren.
Hinzu kommt, dass es uns, wie Harari, den ich zu Beginn der Folge erwähnt habe, schreibt, an kollektiven Narrativen fehlt. Also eine Erzählung, an die wir glauben können. Etwas, das uns als Gesellschaft verbindet. Wo wir gemeinsam hinstreben. Ein übergeordneter Sinn. Diesen haben wir scheinbar unbewusst gegen die persönliche Freiheit und individuelle Sinnfindung eingetauscht. Unter anderem angetrieben vom Kapitalismus und den langsamen Bedeutungsverlust der Religionen. 
Also richten wir den Blick lieber auf uns selbst. Schnallen uns Smart-Watches um die Gelenke, die uns tracken. Optimieren unsere Arbeitsweise, Routinen und unsere Ernährung. Aber Vorsicht! Die Avocado ist zwar gesund, aber nicht ohne schlechtes Gewissen zu genießen. Denn, wer nicht nachhaltig lebt, gilt auch als unbewusst und demnach defizitär. 
Was wir machen, wir können es nur falsch machen. Wir bleiben ein überholtes Modell und müssen nicht nur mit den Maschinen mithalten, die uns immer mehr auf die Pelle rücken, sondern auch ständig unsere eigenes veraltetes Betriebssystem aktualisieren. Das ist nicht nur verdammt anstrengend und Burnout förderlich, sondern kann uns schnell zu kleinen selbstfixierten Narzissten machen. 
Angetrieben werden wir noch zusätzlich von Selbsthilfebüchern, die uns suggerierten, dass jeder sein Leben verbessern könne und müsse. Die habe ich selbst gerne vor nicht allzu langer Zeit gelesen und ihre Tipps befolgt. Das kann manchmal auch entlastend sein, da es uns erkennen lässt, dass Verbesserung möglich ist und, dass unser Leben nicht komplett durch unsere Herkunft und Gene vorherbestimmt ist. Allerdings arbeiten diese Ratgeber auch indirekt dem neoliberalen Paradigma zu und geben uns das Gefühl, nicht genug zu sein. Wir sollten uns also grundsätzlich fragen, was für ein Menschenbild diese Selbsthilfebücher uns vermitteln.
Über die Notwendigkeit der Selbstdisruption und Entkopplung der Identifikation mit dem Job, schreibt auch Christoph Keese in seinem Buch „Disrupt Yourself“: Vom Abenteuer sich in der digitalen Welt neu erfinden zu müssen“, welches ich vor nicht allzu langer Zeit gelesen habe. In meinen Augen aus einer eher privilegierten Position heraus und befeuert eher zusätzlich die Arbeitsfixierung unserer Gesellschaft, indem es dazu ermutigt, das Spiel mitzuspielen und dabei flexibel und positiv gestimmt zu bleiben. Den Wandel als Chance sehen, lautet das Zauberwort. Dennoch ist es, wenn man sich zunächst oberflächlich aus ökonomischer Sicht informieren möchte, durchaus einen Blick wert. Und auf den letzten Seiten schreibt er zu meiner Erleichterung, dass es auch in der Pflicht der Politik und Unternehmen ist, Voraussetzungen für eine würdevolle und erfolgreiche Begleitung der Menschen in die neue Arbeitswelt zu schaffen. Mir persönlich reicht die Umschulung und das digitale „Fit-machen“ unserer Gesellschaft für die Zukunft nicht aus. Ich bin davon überzeugt, dass es einen größeren Sinneswandel braucht. 
Ich glaube auch nicht, dass wir Menschen grundsätzlich defizitär sind. Klar, wir sind nich perfekt und es gibt eine ganze Menge an Dingen, die Maschinen besser können, als wir. Aber dennoch nicht alles! Noch können Maschinen nicht fühlen, lieben oder führen. Statt uns also in ein Wettrennen mit Algorithmen zu begeben, welches wir nur verlieren können, sollten wir uns vielleicht eher die Frage stellen, was uns als Menschen ausmacht. Und wie wir in Zukunft leben wollen. Als Gemeinschaft und als Individuum. 
Denn Identität oder gar Sinnhaftigkeit bilden sich nicht durch ein Training an Flexibilität heraus. Identität ist an kein äußerlich vorgegebenes Ziel gebunden. Sie nährt sich aus unserem Selbstverständnis und Bewusstsein. Wahre Flexibilität setzt voraus, dass man in entscheidenden Momenten standhaft sein kann. Dass wir ein Standing haben. Wer wir sind und wer wir sein wollen. 
Aber um das zu Ergründen, dafür brauchen wir Zeit. Zeit zum Innehalten. Die wir im Moment nicht haben. Weil wir arbeiten müssen. Denn rein ökonomisch betrachtet, ist der Müßiggang, der oft mit Nichtstun gleichgesetzt wird, schädlich. Doch auch, wenn es entgegen dem Gedanken unserer Effizienzgesellschaft ist, glaube ich, dass gerade, wenn wir mal unproduktiv sind und uns der Muße hingeben, schaffen wir Raum für Sinn und Neues. Dann sind wir kreativ und haben erst die Kapazität innovativ zu sein. Wir brauchen Freiräume, die nicht nur zum Selbstzweck dienen. Die uns Luft zum Atmen verschaffen und erst die Möglichkeit entstehen lassen, uns wieder Gedanken um Gemeinschaft und Gemeinschaftssinn zu machen. Denn nichts gibt uns so viel Sinn, glaube ich, wie teil von etwas Größerem zu sein. Wie Viktor Frankl es sagt, eine Aufgabe zu haben, die einem größeren Zweck als dem Selbstzweck oder der Selbstoptimierung dient. 
Das ist zumindest auch meine eigene Erfahrung. Erst, als ich mir eben dieses Innehalten erlaubt habe und zumindest aus dem BWL-Hamsterrad ausgestiegen bin, um meine eigenen Interessen und Fähigkeiten zu ergründen, war ich in der Lage, von mir selbst zu abstrahieren. Es hat seine Zeit gebraucht, bis ich den Fokus von mir selbst auf andere richten konnte. Bis ich mich als Teil von etwas Größerem sehen konnte. Dass es nicht alleine um mich geht. Sondern um meinen Platz in der Gesellschaft und Welt. Und wie ich diesen ausfüllen und für etwas Gutes nutzen möchte.
Aber dafür brauchen wir, wie gesagt Zeit und die finanziellen Ressourcen. Vielleicht eröffnen uns ja die Maschinen diese neue Möglichkeit, wenn sie den Großteil der Arbeit erledigen. Aber dazu in der nächsten Folge mehr…

7. Juli 2019

Im Gespräch mit Richard David Precht über Utopien für die digitale Gesellschaft

von Marilena 1. Juli 2019

Richard David Precht ist Philosoph, Publizist und Honorarprofessor an der Universität Lüneburg, an der ich selbst auch studiert habe. Es war schon lange mein Wunsch, ein Interview mit ihm zu führen, darum freue ich mich sehr, dass es nach dem dritten Anlauf nun geklappt hat. In dem Gespräch haben wir uns über die Zukunft unserer Gesellschaft, insbesondere in Anbetracht der digitalen Ära, gesprochen.

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► Das Buch „Jäger, Hirten, Kritiker – Eine Utopie für die digitale Gesellschaft“ von R. D. Precht findest du hier
► Ebenfalls empfehlenswert in dem Kontext, ist das Buch „Utopien für Realisten“ von Rutger Bregman, das du hier findest.

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1. Juli 2019

Im Gespräch mit Robert Franken über Privilegien und Gender Equality

von Marilena 17. Juni 2019

In diesem Interview habe ich mit Robert Franken gesprochen. Robert bezeichnet sich selbst mehr als „Digitaler Potenzialentfalter“, als dass er sich als Berater sieht. Außerdem ist er Feminist und setzt sich dafür ein, dass Frauen nicht weiter in Rollen und zur Anpassung gedrängt werden.

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► „Digitale Tanzformation“ nennt sich der persönliche Blog von Robert Franken, auf dem du mehr von ihm lesen kannst.
► Hier findest du mehr Information zu Male Feminists Europe

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17. Juni 2019

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