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Mental Health

Machen Tinder und Co. [die Liebe] kaputt?

von Marilena 19. Juli 2022

 

Jede dritte Person in Deutschland sucht heute online nach dem nächsten Date. Einige mehr, andere weniger “erfolgreich”. Aber wovon ist das abhängig, was suchen Menschen auf Dating-Apps wie Tinder? Und wie gleichberechtigt sind wir in der Partnersuche? In dieser Episode geht Marilena dem (Online)-Dating auf die Spur, wie es unser Sein und Tun beeinflusst (hat) und wo mögliche Chancen und Risiken liegen. Zu Wort kommen zudem drei Autorinnen: Ann-Kristin Tlusty, Pia Kabitzsch und Anne-Kathrin Gerstlauer.

Shownotes:

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Literatur & Quellen:
► Aretz, Wera (2015): Match me if you can: Eine explorative Studie zur Beschreibung der Nutzung von Tinder. In: Journal of Business and Media Psychology, S. 41–51.
► 
Dombrowski, Julia (2011): Die Suche nach der Liebe im Netz. Eine Ethnographie des Online-Datings.
► 
Gerstlauer, Anne-Kathrin (2021): Der Gender-Dating-Gap und die Liebe. Audible.
► 
Illouz, Eva (2016): Gefühle in Zeiten des Kapitalismus. Suhrkamp.
► 
Kabitzsch, Pia (2021): It’s a date! Tindern, Ghosting, große Gefühle. Was die Psychologie über Dating weiß. Rowohlt.
► 
Paur, Nina (2014): Junge Frauen: Unheimlich unabhängig. ZEIT online.
► 
Tlusty, Ann-Kristin (2021): Süß. Eine feministische Kritik. Hanser.
► Bitkom-Studie zur Nutzung von Online-Dating-Diensten (2019).
► Statista: Tinder Abonnenten weltweit 2022.
► 
Statista: Bumble Nutzer weltweit bis 2020.
► 
Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft: It’s a match! Oder Rassismus?. (2021).

✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art

 

Transkript:

Es ist Sommer. Endlich! Die Sonnenstrahlen kitzeln sanft meine Haut, während ich auf dem Fahrrad sitze – auf meinen Ohren “Modern Love” von David Bowie. An einer roten Ampel bleibe ich stehen, schaue mich um. Mein Blick bleibt an einem Werbeplakat hängen: “Lasst uns Dating wieder besser machen”, steht darauf in dicken, roten Buchstaben. Die Frau, die auf dem Plakat in ihr Smartphone blickt, erweckt nicht gerade den Eindruck, als schenke sie dem Werbeversprechen viel Vertrauen. Und auch ich frage mich, was soll das heißen, “Dating wieder besser machen”? Läuft es wirklich so schlecht in Sachen Partnersuche? War früher alles besser – bevor wir angefangen haben, uns auf Tinder und Co. durch die Profile fremder Menschen zu swipen – stets auf der Jagd nach dem besten Match? Oder ist Dating heute vielleicht einfach nur anders?

Wieder zu Hause, klappe ich meinen Laptop auf und gebe in die Suchleiste ein: “Online-Dating, wirklich so schlecht, wie sein Ruf?” Laut einer Bitkom-Studie sucht heute immerhin jede dritte Person in Deutschland online nach dem nächsten Date. Und gut die Hälfte von ihnen hat darüber sogar einen festen Partner oder Partnerin finden können – was laut Studie als Erfolg gilt. Wobei ich wage zu bezweifeln, dass wirklich alle, die sich auf Dating-Apps und Singlebörsen rumtreiben, Ausschau nach einer festen Partnerschaft halten. Ist ja auch vollkommen legitim, etwas Unverbindliches, das nächste Abenteuer, eine Romanze oder einfach nur Bestätigung zu suchen. Ich meine, wer kennt das nicht?! Man liegt abends auf dem Sofa, es regnet, der Weg zur nächsten Bar erscheint endlos lang – und mal abgesehen davon: wer lernt heute schon noch Menschen am Tresen kennen? – also wird die nächstbeste Dating-App auf dem Smartphone geöffnet. Ist ja auch viel bequemer und die Auswahl im Zweifel auch größer. 10,7 Millionen Nutzer*innen weltweit sind mittlerweile auf Tinder angemeldet, verrät mir Google. Und ein weiterer Vorteil: Ich muss nicht sofort reagieren – wenn überhaupt. Zumindest scheint Ghosting heute gesellschaftlich so akzeptiert zu sein, wie Hafermilch im Flat White. Trotzdem, eigentlich natürlich nicht die höfliche Art. Im “echten Leben” würde man sich nach einem kurzen Smalltalk ja auch nicht einfach wortlos umdrehen und sein Gegenüber stehen lassen. Es gibt sicherlich viele weitere Argumente, die sich pro oder contra Online-Dating aufzählen ließen, aber was sich ohne Zweifel sagen lässt, ist, dass Tinder und Co. die Art und Weise, wie wir uns heute einander annähern, bereits verändert hat. Es fragt sich nur, zum Positiven oder zum Negativen?

Online-Dating ist nur so gut oder schlecht, wie wir im Stande sind, es für uns zu nutzen – dieser Überzeugung ist zumindest Pia Kabitzsch. Pia ist Psychologin und erklärt auf YouTube unter dem Namen “psychologeek” wie unsere Psyche tickt. Und sie hat ein Buch geschrieben: “It’s a date! Tindern, Ghosting, große Gefühle. Was die Psychologie über Dating weiß” – der Titel sagt eigentlich alles: Es geht ums Dating. Aber nicht im Allgemeinen oder rein aus Sicht der Psychologie. Pia plaudert im Buch auch aus dem eigenen Nähkästchen: von misslungenen Dates, darüber, wie sie Matches anschreibt und mit welchen Strategien sie bisher am besten gefahren ist – auf der Suche nach dem perfect fit. Mit ihrem Buch hofft sie Lesenden etwas an die Hand geben zu können, das ihnen im Datingjungle etwas Orientierung verschafft – und vor allem das Gefühl vermittelt: “Ich bin damit nicht allein, anderen geht es auch so wie mir!” 

Natürlich habe auch ich meine Erfahrungen mit Tinder und Co. gesammelt, aber Psychologin bin ich keine. Daher möchte ich von Pia wissen, wonach die Menschen auf den diversen Dating-Plattformen eigentlich auf der Suche sind. Stimmt das Vorurteil, dass die meisten nur an One-Night-Stands interessiert sind?

“Nur um das mal kurz vorwegzunehmen: Dieses Vorurteil, dass die meisten Menschen auf Dating Apps nur auf der Suche nach einer ‘schnellen Nummer’ sind, das ist kompletter Bullshit. Also das stimmt nicht. Die meisten sind wirklich auf der Suche nach einer Beziehung bzw. nach, ganz kitschig, Liebe. Was mich persönlich aber ziemlich überrascht hat und irgendwie auch erschrocken hat, ist, dass ungefähr 50 Prozent der 18 bis 27 Jährigen auf Tinder nicht Single sind. Fand ich richtig krass und habe mich dann auch gefragt: okay, wow, was macht ihr denn dann auf den Dating Apps? Betonung liegt auf dem Wort ‘Dating’. Und es hat sich herausgestellt, dass super viele einfach nur wegen des Egoboost da sind. Fühlt sich gut an einen Match zu haben. Dann sind die Leute aus Langeweile da. Wegen dieser ganzen Gamification. Zocken da so ein bisschen rum, schauen sich ein bisschen aus Interesse um, was so im Umfeld abgeht, aber ohne wirklich eine Dating-Absicht zu haben. Ja, das fand ich irgendwie eine krasse Zahl auf jeden Fall.”

Okay, nicht alle sind nur auf die “schnelle Nummer” aus. Das entspricht auch nicht meiner bisherigen Dating-App-Erfahrung. Aber die oft fehlende Transparenz über die Absichten meiner Matches, macht es natürlich nicht ganz einfach, die “Hauptgewinne” von den “Nieten” zu unterscheiden. Wobei das im echten Leben natürlich nicht unbedingt anders ist. Auch hier kann sich jemand als Single ausgeben und in Wahrheit bereits verheiratet sein und zwei Kinder haben. Online-Dating macht es allerdings noch einmal wesentlich leichter, sich als jemand anderes auszugeben, als man in Wirklichkeit ist, meint auch Pia:

“Ein weiteres Problem ist auf jeden Fall ‘Catfishing’. Das bedeutet, dass man sich online als eine andere Person ausgibt. Das ist jetzt natürlich ein Extrem, aber das gibt es auch in abgeschwächter Form, dass man sich halt einfach anders darstellt, als man ist. Das ist natürlich sehr einladend online, das fliegt nicht so schnell auf, wie im Offline-Leben.”

Klar, wir wollen uns von unserer besten Schokoladenseite präsentieren, online wie offline. Was allerdings auffällt, ist, dass die Selbstdarstellung – eine Gelungene, versteht sich – in Dating-Apps immer wichtiger wird. Wenige Sekundenbruchteile entscheiden hier, ob nach links oder rechts geswiped wird, ob top oder Flop. Ziemlich oberflächlich, mag man meinen. Aber läuft es im echten Leben wirklich anders? Sind es nicht auch da wenige Augenblicke, die darüber entscheiden, ob wir uns verlieben oder nicht? Ist Online-Dating tatsächlich so viel oberflächlicher – oder liegt das eigentliche Problem vielleicht ganz woanders?

“Gefühle in Zeiten des Kapitalismus” nennt sich eines von Eva Illouzs Büchern, in dem die israelische Soziologin die Auswirkungen unserer kapitalistischen Weltordnung auf Beziehungen unter die Lupe nimmt. Während, laut Illouz, der Konsum zunehmend mit künstlichen Emotionen aufgeladen wird, erleben Gefühle im Kapitalismus das Gegenteil: sie werden kommerzialisiert und zweck-rationalisiert: Lohnt sich die Kontaktaufnahme? Gibt es eine bessere Alternative? Welche Opportunitätskosten entstehen, wenn ich Zeit, Geld und Selbstoffenbarung investiere? Die Notwendigkeit ökonomisch zu denken, mag zwar mit dem romantischen Liebesideal brechen, fügt sich aber wiederum ideal in das neoliberale Narrativ von: “Wer viel leistet – oder swiped – wird auch mit einer erfüllten Partnerschaft belohnt.” Aber, ob das wirklich aufgeht, lässt sich bezweifeln. Durch Online Dating jedenfalls, verstärkt sich, laut Illouz, diese Marktlogik immer weiter. Hier “verwandelt [sich] das Selbst in ein verpacktes Produkt, das mit anderen auf einem offenen Markt konkurriert, der nur durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage reguliert wird”, schreibt sie. Und natürlich zählt auch hier: wem es am besten gelingt sich zu verkaufen, liegt klar im Vorteil.

Ich weiß noch, als ich mir zum ersten Mal die App mit dem zündelnden Feuer als Logo runtergeladen habe – das muss wohl 2012 gewesen sein. Ich kam mir dabei nicht nur ziemlich verboten und obszön vor, es fühlte sich darüber hinaus auch ziemlich falsch an. Menschen, ohne sie jemals in echt gesehen zu haben, zu bewerten, indem ich sie hin und her wische. Als würde ich online gerade nach einem passenden Schuh suchen: “Ach, der gefällt mir, den nehme ich!” oder “Oh ne, gar nicht mein Fall, weg damit!”. Während sich das Gefühl von Verbotenheit heute bei vielen Dating-App-Nutzer*innen angesichts der Popularität wohl gelegt haben wird, will der seltsame Beigeschmack beim Swipen einfach nicht ganz weggehen. “Irgendetwas daran fühlt sich nicht “richtig” an, es fehlt nur noch, dass man seinen Matches eine Bewertung geben kann”, erzähl mir Hannes, ein Freund, beim Kaffee. Klingt gar nicht mal so unrealistisch. Vielleicht lesen wird bald in Apps Sätze, wie: “Nettes Date, gerne wieder” oder “Konnte echt gut küssen, aber die Frisur war ein echter Stimmungskiller”. 

Vermutlich bedarf es solcher Bewertungen aber auch gar nicht, weil der Algorithmus der Dating-Apps diese Arbeit bereits für uns übernimmt, indem er vorselektiert. Und zwar anhand eines sogenannten ELO-Scores – oder “Desirability Score”, wie Tinder ihn nennt. Der soll die „Attraktivität“ der User ermitteln, um ihnen ähnlich begehrenswerte Profile vorzuschlagen. Erhältst du viele Likes, swipest was das Zeug hält und chattest mit deinen Matches, steigert das angeblich deinen ELO-Score. Wie genau das Bewertungssystem allerdings funktioniert, hat Tinder bislang nicht preisgegeben. In der Kritik stehen Match-Making-Algorithmen jedoch immer wieder. Auch deshalb, weil sie angeblich Diskriminierung und Sterotype weiter zementieren. So hat die Dating-App OkCupid festgestellt, dass ostasiatisch gelesene Männer und Schwarze Frauen die schlechtesten Chancen haben, ein Date zu finden. Das heißt, wenn überwiegend weiß gelesene Personen als attraktiv befunden werden, was die Auswertungen von OkCupid nahelegen, dann wird Weißsein zu einem hohen Indikator für ein Match, spricht eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit im Dating-Game. Selbst wenn die Hautfarbe für den Algorithmus per se kein entscheidendes Kriterium für Attraktivität darstellt.

Aber nicht nur der Algorithmus selbst ist Teil des Problems, auch die Kategorien, die uns Dating-Apps zur Selbstbeschreibung und Partnersuche anbieten, können diskriminierende Effekte haben. Wer weiß ist, hält die Kategorie “Hautfarbe“ womöglich für irrelevant. Wer sich als heterosexuell definiert, für den spielt die sexuelle Orientierung vielleicht keine Rolle. Schmerzhaft werden Kategorien aber dann, wenn wir uns darin nicht wiedererkennen. Während bei Tinder beispielsweise nur eine Suche nach Männern, Frauen oder beiden Geschlechtern möglich ist, bietet OkCupid satte 22 Gender-Optionen, darunter Transgender, Genderqueer, Genderfluid und einige, von denen selbst ich zugeben muss, noch nie von gehört zu haben. Die Auswahl zeigt aber auch, dass sich etwas tut. Und, wie Pia bereits sagte, sind Apps eben nur so gut, wie die Menschen die sie nutzen oder eben programmieren. Abgesehen davon, sind digitale Technologien nie neutral. Das heißt, bevor wir Online-Dating also gänzlich abschreiben, sollten wir es lieber als Teil von Kultur begreifen und die gestalten wir schließlich immer noch mit.

Das bedeutet aber natürlich andersherum auch, dass wir all die Glaubenssätze, Narrative, Stereotype, die sich bereits in unseren Köpfen verfestigt haben, mit ins Dating nehmen – online, wie offline. Daher stellt sich natürlich auch die Frage: Wie gleichberechtigt sind wir heute bei der Partnersuche bzw. im Dating? Keine Frage, in den letzten Jahrzehnten ist in Sachen Gleichberechtigung viel passiert. Durch das Infragestellen vermeintlich fester Normen, von Heterosexualität, über Monogamie, der bürgerlichen Ehe und Geschlechterrollen, hat sich unsere Kultur nachhaltig liberalisiert. Allerdings ohne, dass dadurch das Patriarchat abgeschafft wurde – und das macht natürlich auch nicht vor dem Dating halt. Insofern gilt auch hier nach wie vor: Weiblich gelesene und queere Personen genießen nicht dieselben Freiheiten, wie heterosexuelle cis Männer. Die Autorin und Journalistin Anne-Kathrin Gerstlauer nennt das den “Gender-Dating-Gap”. Nach Jahren mehr oder minder erfolglosen Swipens und Matchens, wollte sie der Sache auf den Grund gehen. Genauer gesagt ihrer These, derzufolge es insbesondere emanzipierte, heterosexuelle Frauen im Dating schwer haben, einen Partner auf Augenhöhe zu finden. Erfolg, Selbstbewusstsein, Geld: Was Männer häufig attraktiv macht, wird für Frauen dagegen oft zum Hindernis, meint Anne-Kathrin:

“Ich habe schon mein Gehalt falsch gesagt, weil ich sonst das Gefühl hatte, ‘oh Gott, das klingt sonst nach so viel’. Und auf der anderen Seite Typen getroffen, die dann total eingeschüchtert von dem waren, was ich gemacht habe, was dann auch irgendwann nicht mehr so richtig sexy ist. Irgendwie so ein bisschen die goldene Mitte oder einfach jemand auf Augenhöhe, fand ich immer total schwierig. Und dann habe ich angefangen, ein bisschen zu recherchieren und habe gemerkt: ‘Ach krass, die Wissenschaft und die Statistiken, die sind noch viel schlimmer, als ich dachte!’ Also das Problem ist eigentlich nicht nur eine gefühlte Wahrheit, sondern noch viel krasser, als ich gedacht hatte. Weil wir denken ja auch, die Welt dreht sich weiter, wir sind doch jetzt alle so aufgeklärt, wie kann das denn noch ein Problem sein? Aber ja, es ist auch statistisch erwiesen eins.”

Liberalisierung hin oder her: Männliche Vorherrschaft begegnet uns auch weiterhin in unseren sexuellen Skripten, in den Bildern, die wir von Liebe, Sex und Intimität haben, ebenso wie in den sozialen Rollen, durch die wir uns und andere begreifen. In der Recherche für ihr Buch “Der Gender-Dating-Gap und die Liebe”, hat es Anne-Kathrin überrascht, wenn nicht gar schockiert, wie schwer es uns beim Dating scheinbar nach wie vor fällt, alte Rollenbilder loszulassen:

“Also Frauen suchen immer noch Männer, die größer sind und andersrum. Da gab es zum Beispiel eine witzige Studie, in der untersucht wurde, wie Frauen sich auf Online-Dating Plattformen auf ihren Fotos präsentieren. Und tatsächlich fotografieren sie sich so, dass sie besonders klein wirken. Und Männer fotografieren sich so, dass sie besonders groß wirken. Also auch so vom Winkel, mit dem man sich selbst aufgepumpt, was ich total witzig fand. Aber vor allen Dingen in den Statistiken findet man viel zum Thema, was passiert, wenn eine Frau eigentlich mehr Geld verdient. Da gab es zum Beispiel eine total interessante Studie, die gezeigt hat, dass Männer am meisten gestresst sind, wenn sie der Alleinverdiener sind. Was total klar ist, weil das natürlich mit sehr, sehr viel Verantwortung einhergeht. Und dann, umso mehr Geld die Frau verdient, umso besser geht es Ihnen erstmal. Bis wir so ankommen bei dem Punkt, wo Frauen rund 40 Prozent verdienen und Männer 60 Prozent. Und ab dann kippt’s weiter. Wenn die Frau dann gleich viel verdient oder mehr verdient, dann ist der Mann schon wieder gestresst und das ist ja irgendwie total absurd, weil eigentlich würde man ja denken, das ist doch total gut. […] Am Ende des Tages geht es glaube ich doch vielen aufs Ego, weil es eben immer noch die alten Rollen sind, die in uns allen stecken. Genauso stecken die ja auch in uns Frauen. Wir können uns ja auch nicht einfach am Ende des Tages total freimachen. Es gibt genauso viele Statistiken darüber, dass die Mehrheit der Frauen immer noch erwartet, dass der Mann beim ersten Date zahlt. Aber es steckt, glaube ich, schon immer noch in uns allen drin am Ende des Tages. Und ich glaube, dass die Rollen einfach noch nicht so neu verteilt sind. Früher war es alles total easy, der Mann macht den ersten Schritt, der Mann meldet sich exakt drei Tage später – der Mann initiiert sozusagen. Und wenn man diese klaren Regeln nicht mehr hat wie früher, dann sind alle ein bisschen lost. Und daraus sind neue Regeln und Rituale zu entwickeln, und das wird einfach so ein bisschen seine Zeit brauchen.”

“Let’s drop the Script – Make Romance Equal”, mit diesem Slogan wirbt aktuell die Dating-App Bumble. Hier machen Frauen den ersten Schritt. Die Idee dafür hatte Whitney Wolfe Herd. Nachdem sie 2014 Tinder verlassen und das Unternehmen wegen sexueller Belästigung und Dis­kriminierung verklagt hatte, gründete sie Bumble. Denn für Whitney war klar: Wenn eine Frau beim Dating nicht gleichberechtigt sein kann, wie kann sie dann im Leben gleichberechtigt sein? Heute sind mehr als 100 Millionen Nutzer*innen auf der Dating-App registriert – das Konzept, Frauen machen den ersten Schritt, scheint aufzugehen. Und auch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, es swiped und matched sich in jedem Fall angenehmer, ohne dabei mit Dickpics konfrontiert zu werden – denn die werden von Bumble ausgefiltert. Nichts desto trotz, frage ich mich: Wird damit nicht aus einem strukturellen, ein individuelles Anliegen gemacht? Indem Frauen jetzt quasi die Verantwortung zugeschrieben wird, selbstbewusster zu werden und den ersten Schritt zu machen? Erzeugt das nicht auch wahnsinnig viel Druck? Und vor allem: Profitieren nicht insbesondere Männer von der neuen Bequemlichkeit?

“Witzigerweise eine der allerersten Kampagnen, die Bumble in Deutschland gefahren hat, hatte den Slogan ‘Für faule Männer und forsche Frauen’. Was? Ja, total crazy! Also was ja wieder in so ein Ding rein geht, wenn eine Frau, die den ersten Schritt macht, als ‘forsch’ bezeichnet wird. Das ist auch nicht besonders sexy oder cool. […] Es gibt sogar Statistiken, die zeigen auf, wenn Frauen den ersten Schritt machen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Antwort zu bekommen, übrigens sinkt. […] Und gleichzeitig glaube ich, dass sowas schon helfen kann, das auch mal zu üben. […] auch so ein bisschen sozusagen gezwungen wird, aus einer Rolle rauszukommen.”

Ohne Zweifel, Emanzipation und sexuelle Liberalisierung stellen einen wichtigen gesellschaftlichen Fortschritt dar – gleichzeitig ist Sexualität heute gewiss nicht die Quelle von Befreiung allein, sondern vor allem ein gewaltiger Markt, der auf eines abzielt: Überfluss. Wer nicht ständig auf der Jagd nach dem nächsten sexuellen Reiz, der Auslebung seiner Freiheit und Individualität ist, scheint etwas zu verpassen. Von einer Möglichkeit ist sogenannte “Sexpositivität” heute zu einem Imperativ geworden. Und das gilt im besonderen Maße für Frauen, meint Autorin und Journalistin Ann-Kristin Tlusty. Ihr zufolge wird eine selbstbewusst ausgelebte weibliche Sexualität, zumindest oberflächlich, nicht länger tabuisiert, sondern sogar als Gradmesser für Emanzipation gefeiert. „Ganz im Sinne des Songs der Spice Girls – ‚I’ll tell you what I want, what I really, really want‘ – gilt Selbstkenntnis als das Nonplusultra souveräner weiblicher Sexualität.“ Das mag im ersten Moment verlockend klingen, Ann-Kristin Tlusty sieht das allerdings nicht ganz unkritisch: 

“Ich glaube, dass dieses Wissen, was man will, ja nicht nur in Bezug auf Sexualität wichtig ist, sondern im sogenannten ‘Potenzfeminismus’, wie ich ihn in meinem Buch nenne, grundsätzlich gefeiert wird. Also Frauen sollten genau wissen, wie sie ihr Leben, ihre Finanzen, ihre Beziehungen und eben auch ihre Sexualität gestalten wollen. […] Ich denke, dass hier Druck entstehen kann, gerade für jüngere Frauen. Also nach dem Motto: Wenn du eine richtig gute Feministin sein willst, dann musst du auch die Freiheiten, die Generationen von Frauen vor uns erkämpft haben, nutzen. Dann musst du viel Sex haben.”

Es ist schon spannend, dass der moderne Kapitalismus sich so sehr um die weibliche Sexualität “sorgt”. Ständig bringt er neue Innovationen für unsere klitorale und vaginale Lust hervor, um die sogenannte „Orgasm Gap“ zu schließen, den statistisch nachgewiesenen Vorsprung männlicher Orgasmen auf der Skala heterosexueller Befriedigung. Nichts gegen vibrierende und saugende Sextoys, aber die Idee, Gleichberechtigung vor allem durch selbstbewusst ausgelebte Sexualität erreichen zu können, erinnert eher an „libidinöse Symptombekämpfung“. Nur, weil Sex omnipräsent ist, bedeutet es noch lange nicht, dass er befreit ist. Vor allem, wenn die vermeintliche Befreiung auf Konsum und einer „Struktur der Selbstbeschuldigung“, wie es die Philosophin Eva Illouz nennt, beruht. Was im Grunde besagt: Nicht Strukturen bremsen Frauen auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung, sondern ein Mangel an Selbstbewusstsein und Selbsterkenntnis. Eine junge Frau, die nicht kinky ist, gilt nach dieser Logik schlicht als prüde, meint Ann-Kristin. Auch, dass Frauen, ebenso wie Männer, unverbindlichen Gelegenheitssex suchen, erscheint heute vollkommen normal, gilt nahezu als Merkmal einer unabhängigen, progressiven Frau. Nur was, wenn Autonomie zum Imperativ wird, statt zur freien Wahl? Was, wenn ich mich nicht nach Gelegenheitssex, sondern nach einer festen Beziehung sehne, dann aber als bedürftig und abhängig gelte? 

“Die Herausforderungen an ein autonomes, erfolgreiches Individuum bewältigend, ist die einsame junge Frau zu einer Projektionsfläche geworden. Eine Ikone der Selbstbestimmung, eine Trümmerfrau der Moderne, die alles mit eigenen Händen schafft und schultert, bewundernswert, bemitleidenswert”, schreibt Nina Paur in der ZEIT. Die Botschaft, dass Frauen frei, autonom und selbstbewusst sein sollen, verkennt, welche Rolle sie auch heute noch in der Gesellschaft einnehmen. Dass Frauen nach wie vor den Löwenanteil der Care-Arbeit stemmen und natürlich die Reproduktion. Es spricht selbstverständlich nichts dagegen, als Frau von One-Night-Stands Gebrauch zu machen, aber zu Gleichberechtigten macht uns dann allein noch nicht.

In Ihrem Buch „Süss. Eine feministische Kritik“ fordert Ann-Kristin Tlusty deshalb, Feminismus nicht länger nur als „Lifestyle-Projekt“ und individuelle Aufgabe von Frauen zu betrachten, sondern als gesamtgesellschaftliches Projekt:

“Ich glaube, was vielen sexual-politischen Debatten momentan innewohnt, ist eine irgendwie vereinzelte Vorstellung von Sexualität. Also man soll wissen, was man will, man soll eindeutig Ja oder nein sagen. Das wird gerade Frauen sehr stark suggeriert. Und so wichtig ich diese Stoßrichtung auch finde, so schematisch finde ich sie gleichzeitig auch. Und deswegen plädiere ich für ein ganz anderes Verständnis von Sex. Also dafür, dass wir Sex stärker als etwas begreifen, was zwischen zwei oder mehr Menschen passiert. Etwas, was Menschen miteinander entstehen lassen, als etwas Intersubjektives und nichts, was A und B jeweils für sich geklärt haben und dann miteinander vollziehen. Ich finde das einfach sehr technisch. […] Ich würde mir wünschen, dass wir von dieser vielleicht nur so subtil zur Vorschein kommenden Idee wegkommen und da einfach mehr Freiheit gewinnen können. Also im Sinne von, dass einfach alles, von absoluten Zölibat bis hin zu wahnsinnig viel Sex haben als gleichermaßen feministisch gelten kann. Oder noch besser, erst gar nicht so gelabelt werden muss. Ich kann einfach von sehr vielen Frauen in meinem Umfeld Schilderungen, dass man so in seinen frühen Zwanzigern gedacht hat, dass sei man jetzt irgendwie seiner eigenen feministischen Agenda schuldig, sich sexuell voll auszutoben. Und ich glaube, dass das noch nicht Freiheit bedeutet. Ich glaube, frei ist man dann, wenn man sich da einfach in jeglicher Richtung entfalten kann.”

Weder unsere Sexualität noch unsere Kommunikation sind „herrschaftsfreie Sphären“, sondern von Drehbüchern geprägt, die wir nicht einfach vergessen, sehr wohl aber hinterfragen können. Insbesondere in der Betrachtung von Dating, und vor allem heterosexuellem Dating, können wir, so Ann-Kristin, eine ganze Menge über Geschlechter- und Machtverhältnisse lernen. Und, oh Wunder, wer hätte das gedacht, die machen sich natürlich auch in Dating-Apps bemerkbar. Schließlich ist Tinder kein wertfreier digitaler Raum, abgekoppelt von gesellschaftlichen oder ökonomischen Normen. Auch hier werden unter anderem patriarchale und heteronormative Prägungen reproduziert. Auf der anderen Seite, kann Online-Dating uns auch einen selbstbestimmteren Zugang zu Sexualität und Intimität sowie Sichtbarkeit und Sicherheit für marginalisierte Personen schaffen. Es kommt eben darauf an, wie wir Dating-Apps nutzen. Pia bleibt deshalb ein Fan von Online-Dating – nicht zuletzt, weil sie nach wie vor auf der Suche nach dem perfect fit ist: 

“Die Hoffnung stirbt zuletzt, oder? Quatsch. Ich finde das immer ein bisschen schwierig, weil das einzige, worin sich online und offline Dating unterscheiden, ist ja dieser Erstkontakt. Sobald er online stattgefunden hat, verlagert sich das ganze ja sowieso ins offline Leben. Und da online halt auch nur die Menschen aktiv sind, die man auch im offline Leben theoretisch treffen kann – das sind auch alles ganz normale Menschen – kann man sich da auf jeden Fall auch verlieben? Na klar! Ob online oder offline ein besseres Dating ist, das finde ich super schwer zu sagen. Ich bin auf jeden Fall ein Fan von Online Dating, einfach weil man da viele Leute kennenlernen kann und ich ja in meinem Homeoffice sonst nur die Auswahl zwischen meinem Nachbarn habe und ja, dem netten Lieferanten, der mein Curry vorbeibringt.”

19. Juli 2022

Laut gedacht: Unterschätzen wir die Freundschaft?

von Marilena 12. April 2022

“Die Freundschaft gehört zum Notwendigsten in unserem Leben. Denn ohne Freunde möchte niemand leben, auch wenn er die übrigen Güter alle zusammen besäße.”, schreibt Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik. Für den Philosoph ist sie die „Urzelle des Politischen“, weil sie überhaupt erst Zusammenleben schafft. Aber was macht gute Freundschaft eigentlich aus? Was unterscheidet sie von romantischen Beziehungen? Und wie verändert sich unser Verständnis von Freundschaft in Zeiten von Social Media und Co.? Um dem Wesen der Freundschaft auf die Spur zu kommen, hat sich Marilena zwei bereits bekannte Gäste in den Podcast eingeladen: Die Journalistin Luisa Thomé und den Autor Fikri Anıl Altıntaş.

Shownotes:

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► Luisa Thomé schreibt hier und ist auf Twitter und Instagram.
►Fikri Anıl Altıntaş ist auch auf Instagram und hat einen eigenen Newsletter.
► Aristoteles: “Nikomachischen Ethik” Kapitel VIII: Freundschaft.
► Jacques Derrida: “Politik der Freundschaft”. Suhrkamp (2002).
► Mareike Nieberding: “Warum man auch zu Freunden »Ich liebe dich« sagen sollte” im SZ Magazin (2018).
► Şeyda Kurt: “Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist”. Harper Collins (2021).
► Sinneswandel Podcast: “Şeyda Kurt: Was macht (die) Liebe politisch?”
► bell hooks: “All About Love: New Visions” (1999).
► Robin Dunbar: “Friends – Understanding The Power Of Our Most Important Relationships”. Little Brown (2021).

✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art

12. April 2022

Toxische Positivität – ist zu viel Optimismus schädlich?

von Marilena 29. März 2022

“Kopf hoch! Einfach positiv denken!” Wer hat diesen oft gut gemeinten Rat nicht schon einmal gehört? Ja, es stimmt, manchmal hilft es, nicht zu verzagen. Aber manchmal eben auch nicht. Weil wir längst nicht alles in den Händen haben, auch, wenn uns das diverse Selbsthilfe Ratgeber suggerieren. Glück sei zum modernen Fetisch geworden, so die These der Politologin und Autorin Juliane Marie Schreiber. In ihrem Buch “Ich möchte lieber nicht”, schreibt sie von der “Rebellion gegen den Terror des Positiven”. Denn der nerve, belaste und schwäche den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Weil wir Glück als Prestige betrachten und eigentlich politische Probleme als persönliches Versagen verstehen. Eine fatale Entwicklung, gegen die nur Rebellion hilft. Denn die Welt wurde nicht von den Glücklichen verändert, sondern von den Unzufriedenen.

Shownotes:

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► Mehr von und mit Juliane Marie Schreiber.
► Juliane Marie Schreiber: “Ich möchte lieber nicht – Eine Rebellion gegen den Terror des Positiven”; Piper-Verlag (03/22).

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29. März 2022

Workism – warum arbeiten wir (heute) so viel?

von Marilena 22. Februar 2022

Beschäftigt zu sein, sei zu einem modernen Narrativ geworden, meint Hans Rusinek. Der kreative Kapitalismus mache Arbeit zu einer neuen Ersatzreligion – und wir machen mit – so Hans These, der seit einigen Jahren unter anderem im Rahmen seines Promotionsstudiums an der Uni St. Gallen zu Sinnfragen in einer sich wandelnden Wirtschafts- und Arbeitswelt forscht und publiziert. Warum arbeiten wir heute noch immer so viel? Welchen Stellenwert hat Lohnarbeit in unserer Gesellschaft? Muss Arbeit Sinn machen? Das sind nur einige der Fragen, über die ich gemeinsam mit Hans Rusinek in dieser Episode gesprochen habe.

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► Mehr von und mit Hans Rusinek hier.
► ZEIT: “Wenn die Arbeit das Leben ist”, Hans Rusinek (2022). ► ifo-Studie: “Homeoffice im Verlauf der Corona-Pandemie” (2021).
► WSI Report No. 65: “Homeoffice: Was wir aus der Zeit der Pandemie für die zukünftige Gestaltung von Homeoffice lernen können”; Hans-Böckler-Stiftung (2021).
► Cal Newport: “The Stone Carver in an Age of Computer Screens” (2020).
► Quarks: ”Sollten wir alle weniger arbeiten?” (2021).
► Nina Kunz: “Ich denk, ich denk zu viel”. Kein & Aber (2021).  
► David Graeber: “Bullshit Jobs, a Theory” (2019).
► Andreas Reckwitz: “Die Gesellschaft der Singularitäten”. Suhrkamp (2017).
► Oscar Wilde: “Die Seele des Menschen unter dem Sozialismus“ (1891).

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► sinneswandel.art

22. Februar 2022

Laut gedacht: Was trauen wir Männern eigentlich zu?

von Marilena 8. Februar 2022

 

Gesundheitsvorsorge – aber als Porno getarnt – denn “Aufklärung muss dort stattfinden, wo sie die Menschen erreicht”, um es mit den Worten der Techniker Krankenkasse auszudrücken. Die hat kürzlich im Rahmen einer Hodenkrebsvorsorge-Kampagne ein Video veröffentlicht, das im Netz nun für reichlich Aufruhr sorgt. Was daran genau problematisch ist, diskutiert Marilena Berends in dieser Episode gemeinsam mit Journalistin Luisa Thomé und Autor Fikri Anıl Altıntaş. Denn das Video bietet definitiv Anlass, um über Geschlechterrollen, Männlichkeitskonstruktionen und Sexismus zu sprechen.

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► Luisa Thomé schreibt hier und ist auf Twitter und Instagram.
►Fikri Anıl Altıntaş ist auch auf Instagram und hat einen eigenen Newsletter.
► Video der Techniker Krankenkasse “Der life-saving Handjob“.
► Emelie Glaser in der taz: “Krebsvorsorge, aber als Porno”.
► Checkdichselbst – Hodenkrebs Vorsorge-Kampagne.
► Männergesundheitsportal: “Daten und Fakten zur Männergesundheit” (2020).
► Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2020): Geschlechterstereotype und Soziale Medien.

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► sinneswandel.art

8. Februar 2022

Helmut Milz: Ist uns die Sinnlichkeit abhanden gekommen?

von Henrietta Clasen 2. November 2021

Seit jeher existiert in den Geisteswissenschaften ein reger Diskurs über die Frage nach der menschlichen Existenz und was sie ausmacht. Beseelter Leib? Beleibte Seele? Auch Mediziner und Publizist Helmut Milz unternimmt in seinem Buch „Der eigen-sinnige Mensch“ eine Reise durch die Sinnwelten unseres menschlichen Seins, die uns vom Leib über Körperbilder, bis zum “Quantified Self” der Postmoderne führt. Um einer Vergeistigung und gleichzeitigen Entsinnlichung der Welt entgegenzuwirken, plädiert Helmut Milz für eine Förderung “sinnlicher Intelligenz”. Nicht nur des eigenen Wohlbefindens wegen, sondern auch, weil ohne diese Fähigkeit kein gesellschaftlicher Sinnes-wandel möglich sei. Was das genau bedeutet, darum soll es in dieser Episode gehen.

Shownotes:

Macht (einen) Sinneswandel möglich, indem ihr Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr uns auch via PayPal oder per Überweisung an DE95110101002967798319. Danke.

► Website von Prof. Dr. med. Helmut Milz.
► Buch: “Der eigen-sinnige Mensch – Körper, Leib & Seele im Wandel”, AT Verlag (2019).
► Vortrag: “Sinnes-wandel”, Grazer Leib-Symposium (01/20).

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✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art

2. November 2021

Eckart v. Hirschhausen: Macht uns der Klimawandel krank?

von Henrietta Clasen 6. Juli 2021

Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir, dass unsere Gesundheit nicht nur unbezahlbar, sondern auch bedroht ist. Aber nicht nur Viren, auch die Klimakrise gefährdet unsere Gesundheit. Allein in Deutschland starben nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts in den Rekordhitze-Sommern 2003, 2006 und 2015 rund 20.000 Menschen an den Folgen der Hitze. Wollen wir die Klimakrise noch rechtzeitig abwenden oder zumindest das Schlimmste verhindern, dann müssen wir auch das Gesundheitswesen anpacken. Wie das genau gelingen kann, darüber hat sich Journalistin Marilena Berends mit Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann sowie Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen unterhalten. 

Shownotes:

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Die heutige Episode wird freundlich unterstützt von OTTO. Mit Ihrer Kampagne unter dem Motto „Veränderung beginnt bei uns“ will das Unternehmen für die Vermeidung von Retouren sensibilisieren – weil es nicht egal ist, wie und wo wir bestellen. Mehr Infos unter https://www.otto.de/shoppages/nachhaltigkeit

► Eckart v. Hirschhausen: Mensch Erde! – Wir könnten es so schön haben. dtv (2021).
► Claudia Traidl-Hoffmann: Überhitzt: Die Folgen des Klimawandels für unsere Gesundheit. Was wir tun können. Duden (2021).
► Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen.
► KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.
► Health For Future.

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6. Juli 2021

Pandemiemüde? Let’s talk about Mental Health!

von Marilena 22. April 2021

Wem geht es eigentlich gerade wirklich gut? Gefühlt sind alle “müde”. Wenn auf Wikipedia bereits der Eintrag “Pandemiemüdigkeit” zu finden ist, wieso reden wir so wenig darüber? Warum werden zwar täglich die Zahlen der Neuinfektionen bekannt gegeben, aber nicht über die “seelische Inzidenz” gesprochen? Diese Episode handelt, neben den Auswirkungen von einem Jahr Pandemie auf die menschliche Psyche, auch von der Art und Weise, wie generell in der Gesellschaft über Mental Health gesprochen – oder eben auch nicht gesprochen wird. Es geht darum, wie die kapitalistische Logik, sich auch das Feld der psychischen Gesundheit einverleibt hat und damit seelische Erkrankungen zu rein privaten Angelegenheiten verkehrt. Wie lässt sich ein gesunder Ausweg finden, jenseits von toxischer Positivität und individueller Self-Care-Routine? 

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► Kostenlose Telefonberatung der BZgA (08002322783).
► Das kostenlose Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: 08003344533.
► SeeleFon für Flüchtlinge für Geflüchtete oder deren Angehörigen – kultursensibel und möglichst in der Sprache der Betroffenen (022871002425).
► Wichtige Anlaufstellen bei psychischer Belastung sind Hausärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Die Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bietet die Möglichkeit gezielt nach diesen zu suchen.

Quellen:
► Bundes Psychotherapeuten Kammer: Corona Pandemie und psychische Erkrankungen – BPtK Hintergrund zur Forschungslage (2020).
► Spektrum: Psyche und Corona: Der zweite Lockdown belastet mehr.
► WHO: Mental Health in workplace.
► Merkur: Demenz und Depression  kosten knapp 15 Milliarden Euro im Jahr.
►Allianz: Depression kostet Volkswirtschaft jährlich bis zu 22 Milliarden Euro.
► Deutschlandfunk: Zum Tod des Kulturtheoretikers Mark Fisher.
► Eva Illouz: Die Errettung der modernen Seele. Suhrkamp (2011).
► Nina Kunz: Ich denk, ich denk zu viel . Kein und aber (2021).
► Arte-Serie: In Therapie. 
►Deutschlandfunk-Nova: Timur über toxische Feelgood-Vibes.  
►Benjamin Maack: Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein . Suhrkamp (2020). 

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Transkript: Pandemiemüde? Let’s talk about Mental Health!

“Es wird schon wieder – irgendwann.” 
“Ja, muss ja”, gebe ich zurück. 
“Fühl dich umarmt.”

Wie ich diesen Satz nicht mehr hören kann. Wie soll man sich umarmt fühlen? Wer hat sich diese Floskel überhaupt ausgedacht? Um mich umarmt zu fühlen, müsste ich mir erstmal dieses Gefühl, wenn zwei Körper in einem Moment zu einem einzigen verschmelzen, wieder ins Gedächtnis rufen. Und ich meine eine “richtige” Umarmung. Ohne Zögern und Zweifel, ob man das denn jetzt wirklich tun sollte oder, ob man dann nicht Gefahr laufe, sein Gegenüber potenziell umzubringen. Ja, nach solchen innigen Umarmungen, mal wieder so richtig fest gedrückt zu werden, danach sehne ich mich. Darum mag ich, wenn mal wieder jemand zu mir sagt, “fühl dich umarmt”, mich auch nicht daran zurückerinnern. Es scheint mir dann in noch weitere Ferne zu rücken – fast unerreichbar.

Und dann ist sie da wieder. Diese innere Stimme, die mir leise, aber unüberhörbar in mein Ohr raunt: “Come on, jetzt hab dich nicht so! Hör auf dich in deiner Nostalgie, deinem Selbstmitleid zu sudeln und reiß dich gefälligst mal zusammen! Anderen geht es viel schlechter als dir. Hast du dich mal umgesehen? Du hast eine Wohnung, genug zu Essen im Kühlschrank, einen Job, Freunde und vor allem, du bist gesund.” Etwas in mir nickt, fühlt sich ertappt und ekelt sich ein bisschen vor mir, angesichts dieses Ausflusses an Selbstmitleid, trotz meiner doch ganz offensichtlich privilegierten Situation. 

Genauso enden in letzter Zeit auch häufig Gespräche mit Freunden und Kollegen. Man diskutiert über die aktuelle Lage, die neuesten politischen Maßnahmen und erkundigt sich, wie es den anderen denn so damit gehe. “Ach du, weißt du, es ist nicht einfach, aber, es könnte auch schlimmer sein. So richtig beschweren kann ich mich nicht. Aber so richtig gut, gehts mir irgendwie auch nicht.” So ähnlich klingt das dann. Eigentlich hätte man auch nichts sagen können. Denn, was steckt hinter dieser Aussage? Alles und nichts. Das eigene Unwohlsein wird noch im selben Atemzug revidiert. Anderen geht es nun mal gerade schlechter. Da ist jetzt kein Raum für das eigene Leid, das mit dem der anderen verglichen so lächerlich klein und Wohlstands-privilegiert erscheint. Sicherlich ist da irgendwie etwas Wahres dran, denn Fakt ist, dass Menschen, die bevor C. in unser aller Leben trat, bereits in prekären Verhältnissen lebten, es nun doppelt oder gar dreifach so schwer haben. Die Pandemie fungiert wie eine Lupe, ein Brennglas, dass Missstände, die zuvor bereits existierten, nur weiter vergrößert, wie es im Feuilleton so oft zu lesen ist. Auf der anderen Seite frage ich mich: Wer hat etwas davon, wenn irgendwer seinen eigenen Schmerz und, mag er im Vergleich noch so klein erscheinen, zurückstellt oder gar negiert? Nur, um nicht als asozial oder unempathisch zu gelten. Hat nicht jedes Leid seine Berechtigung? Müssen wir selbst in dieser Situation, in eine Art Wettkampf, wer das Schlimmste zu erdulden hat, eintreten? Das ist doch absurd! Natürlich ergibt es Sinn, anderen Menschen zur Seite zu stehen. Das zeichnet schließlich eine Gesellschaft, die zusammenhält aus. Dass man auch mal bereit ist, sich selbst zurückzustellen und für andere einzusetzen. Ich glaube, da sind wir uns einig. Aber heißt das auch, dass ich, wenn ich nicht “genug” Leid zu tragen habe, es sich nicht mehr ziemt, dieses zu äußern? Hat es dann keine Berechtigung mehr? Wenn mein Glas halb voll ist, darf ich dann nicht mehr den Wunsch haben, es wäre randvoll, sprich, dass es mir wieder gut geht?

Allein diese Worte auszusprechen fühlt sich irgendwie egoistisch an. Ich brauche Ablenkung und scrolle durch meinen Instagram Feed und stoße dabei auf einen Post von Anna Mayr, Autorin und Journalistin. Sie schreibt darin: “Wenn Menschen sich einer Gefahr ausgesetzt sehen, wenn sie Angst haben und sich machtlos fühlen, dann verfallen sie in einen fight-or-flight-Modus. […] Jede_r schaut dann nur noch auf sich, auf die eigenen Bedürfnisse, auf die eigene Sicherheit. Das ist, glaube ich, was gerade passiert. Mir zumindest. […] Hauptsache, ich komme irgendwie durch, mental und physisch. Nur noch Kraft, mich selbst zu retten, niemanden sonst. Das ist natürlich total scheiße und zeigt, dass das Reden von „Eigenverantwortung“, wenn man in Wirklichkeit „Ungerechtigkeit“ meint, niemanden weiterbringt, auch die Glücklichen nicht. Denn ich fühle mich ja auch mies damit, sogar nach zwei Stunden Balkonsonne, wie alle, wahrscheinlich.” 

Immerhin bin ich nicht allein mit diesem Gefühl, denke ich mir und scrolle weiter. Paul Bokowski, ebenfalls Autor und Journalist, hat eine Story geteilt. Darin steht: “Ich habe vor ein paar Tagen angefangen meinen Nachrichtenkonsum drastisch zu reduzieren. Nach einem Jahr der absoluten Monothematik geht mir die ständige Berichterstattung über Covid mittlerweile ganz massiv an die Substanz. Ich akzeptiere die unverrückbare Bedeutung dieses Themas, aber […] ich merke schleichend, dass es lebenswichtig für mich sein könnte, mich um weniger psychische Toxizität zu bemühen. […] Das heißt, dass ich bis auf Weiteres auf alle Nachrichten-Apps, auf Twitter, aber auch auf Instagram und Facebook verzichten möchte.” Und damit ist er wohl offline. Ist das jetzt selfcare oder selfish? Ich fühle mich überfordert und lege mein Handy beiseite.

Wem geht es eigentlich gerade wirklich gut? Gefühlt sind alle “müde”. Wenn auf Wikipedia bereits der Eintrag “Pandemiemüdigkeit” zu finden ist, wieso reden wir so wenig darüber? Warum werden zwar täglich die Zahlen der Neuinfektionen bekannt gegeben, aber nicht über die “seelische Inzidenz” gesprochen, über die Menschen, die psychisch erkranken oder gar Suizid begehen? Da gibt es doch bestimmt schon Statistiken zu?! Ich klappe meinen Laptop auf, öffne Ecosia und beginne zu recherchieren: Laut einer 2020 veröffentlichten Studie von Yang und Kollegen, in der an Corona erkrankte Patient*innen, die stationär isoliert wurden, mit Krankenhauspatient*innen mit einer Lungenentzündung sowie mit Gesunden verglichen wurden, weisen Corona-Erkrankte drastisch erhöhte Angst- und Depressionswerte auf. Ähnliches wird in zwei Übersichtsarbeiten über die psychischen Folgen von Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen berichtet (Hossain et al., 2020; Purssell et al., 2020). In manchen Studien berichteten über 70 Prozent der Patient*innen, ängstlich und depressiv, hilflos und reizbar zu sein und ein niedriges Selbstwertgefühl zu haben. Auch für Angehörige ist es oft unerträglich, erkrankte Eltern oder Großeltern nicht persönlich helfen zu können, da Kontakt verboten ist (vor-veröffentlichte Online-Befragung von mehr als 18.000 Personen: Rossi et al., 2020). ie Versorgungssituation hinsichtlich psychologischer Betreuung hat sich, laut Spektrum Magazin auch verschlechtert. So gaben 22 Prozent der an Depressionen leidenden Befragten an, in einer akuten depressiven Phase keinen Behandlungstermin bekommen zu haben. Natürlich muss berücksichtigt werden, dass viele Daten, die notwendig wären, um die Frage nach der psychischen Belastung durch die Corona-Pandemie umfassend beantworten zu können, noch längst nicht vollständig sind. Wenn jedoch Krankenkassen, wie die KKH bereits im ersten Halbjahr 2020 rund 26.700 Krankmeldungen wegen seelischen Leidens unter ihren etwa 1,7 Millionen Versicherten zu registrieren hatten – gut 80 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum – dann scheint die Pandemie nicht folgenlos an uns vorbeizuziehen.

Warum sprechen wir dann dennoch so wenig über das Thema? Mein Kopf rattert. Plötzlich beginne ich zu verstehen. Na klar, das System, die Realität in der wir leben, hat ja auch sonst eher wenig Interesse daran, dass wir “ausfallen”, sprich nicht “funktionieren”. Das Rad muss weiterlaufen. Das gilt auch für pandemische Zeiten. Kein Wunder, dass kaum über Mental Health gesprochen wird. Nachher würden Menschen noch beginnen, gegen jene Strukturen aufbegehren, die sie tagtäglich bis zur völligen Erschöpfung im Hamsterrad laufen lassen. Auf der anderen Seite frage ich mich, ob diese Sichtweise nicht zu verkürzt ist. Mag schon sein, dass Menschen, die immerzu vorgeben, zu funktionieren, diesen Schein eine ganze Weile aufrechterhalten können, aber zu welchem Preis am Ende? Nichts ist umsonst – das ist schon mal klar! Jetzt bin ich angefixt. Was kostet es wohl den Staat, all die Menschen wieder “aufzupäppeln”, die ausbrennen oder anderweitig seelisch erkranken?

Laut Statistischem Bundesamt seien psychische Krankheiten inzwischen ein großer Kostenfaktor für das Gesundheitssystem: Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen (37 Milliarden Euro) und Krankheiten des Verdauungssystems (34,8 Milliarden Euro) rangieren psychische Erkrankungen auf Platz drei unter den sogenannten “Volkskrankheiten”: 2008 lagen die Kosten bei knapp 28,7 Milliarden Euro. In den USA, laut WHO, lagen die Kosten im Jahr 2019 sogar bei 1 Billion US-Dollars. Die Allianz hebt noch einmal differenziert hervor, dass allein zwischen 2002 und 2008 die direkten Krankheitskosten für Depressionen, um ein Drittel auf 5,2 Milliarden Euro gestiegen seien. Und, dass 9,3 Milliarden Euro indirekte Kosten allein darauf zurückzuführen seien, dass an Depressionen erkrankte Menschen häufig dennoch zur Arbeit gehen, anstelle sich krankschreiben und behandeln zu lassen. Das klingt jetzt ziemlich makaber, aber damit stellen die durch verminderte Produktivität depressiver Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz verursachten Kosten den mit Abstand größten volkswirtschaftlichen Schaden dar, so formuliert es die Allianz.

Mag sein, natürlich sind die wirtschaftlichen Einbußen, auch jene, die aktuell während der Pandemie verzeichnet werden, keineswegs irrelevant. Aber, was ist mit den Seelischen, den menschlichen Schäden? So oft denke ich mir in letzter Zeit: Was ist das bitte für ein Leben, das fast ausschließlich in Arbeit besteht? Normalerweise liegt ja die Wiedergutmachung dafür, dass wir den halben Tag schuften, darin, dass wir das wohlverdiente Geld in Bespaßung eintauschen können: Ob Kino, Rave, Museum, Malle, für jede*n ist auf dem Konsummarkt was dabei. Das meiste davon fällt aktuell allerdings weg. Außer vielleicht Netflix und Online-Shopping. Aber auch das wird schnell öde. Die neoliberale Belohnungsstrategie geht nicht mehr auf. Die Ablenkung fehlt und die Menschen, die zuvor im Konsumrausch schwebten, nüchtern langsam aus und werden missmutig.

Aber kann es denn Sinn der Sache sein, Menschen ruhig und bei Laune zu halten? Wenn wir schonmal dabei sind, alle Karten offen auf den Tisch zu legen, warum reden wir dann nicht mal ganz grundsätzlich über die Ziele und Vorstellungen davon, wo wir als Gesellschaft eigentlich hin wollen? Und vor allem auch, auf welchem Weg, mit welchen Mitteln? Längst sind sich viele Expert*innen, wie Joseph Stiglitz, Maja Göpel und Amartya Sen in dem Punkt einig, dass das BIP allein als Indikator für Fortschritt und Wohlstand nicht mehr zeitgemäß ist. Schon gar nicht, um so etwas wie Lebensfreude und Zufriedenheit innerhalb der Bevölkerung zu messen. Denn die Bedingungen, unter denen das BIP entsteht, werden nicht berücksichtigt. Ob jemand seine Arbeit entspannt und mit viel Freude erledigt oder ob dies unter großem physischen bzw. psychischen Druck und ohne jede Freude geschieht, spielt für das Wohlbefinden eine große Rolle – selbst wenn am Ende in beiden Fällen das gleiche Einkommen herausspringt. Für die Berechnung des BIP sind beide Fälle hingegen vollkommen gleichwertig. Es ist also dringend an der Zeit, dass wir radikal umdenken und uns von alten Konzepten verabschieden. Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt gibt es bereits eine ganze Handvoll: So hat die OECD den „Better Life Index“ entwickelt, um das gesellschaftliche Wohlergehen anhand von elf Themenfeldern, u.a. Bildung, Sicherheit und Work-Life-Balance zu ermitteln und international zu vergleichen. 

Ein weiteres Beispiel liefert der “Happy Planet Index” (HPI), dessen Ausgangspunkt die Überlegung darstellt, dass Reichtum für eine Vielzahl von Menschen nicht das oberste Ziel ist, sondern ein glückliches und gesundes Leben an erster Stelle steht. 

Die Einführung eines solchen Maßstabs wäre vermutlich auch nicht mehr vereinbar, mit der Privatisierung des Gesundheitswesens und dem zeitgleichen Abbau des Sozialsystems, wie man es auch in Deutschland beobachten kann. Laut dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken, sind von 1950 Krankenhäusern mittlerweile rund 37 %, also mehr als ein Drittel, in privater Trägerschaft. Das mag sich zwar teilweise positiv auf die Wachstumszahlen und Gewinnprognosen der Krankenhäuser auswirken, bewirkt jedoch im Großen und Ganzen, dass das Gesundheitswesen zu einer Gesundheitswirtschaft mutiert, in der ganz andere Gesetze gelten als in einem Sozialsystem. Sie wird zur Quelle neuen Reichtums für Investoren und macht Gesundheit zu einem handelbaren Gut, in welcher der Mensch zur Ware degradiert wird. Hallo Kapitalismus! 

Dass das gesamte kapitalistische Wirtschaftssystem, das aus dem Ruder geraten ist, uns krank macht, davon war der britische Kulturtheoretiker und Publizist Mark Fisher überzeugt, der sich 2017, im Alter von 48 Jahren das Leben nahm. Seine Depressionen, die ihn sein Leben lang begleiteten, verortete er nicht als rein individuelles Schicksal, sondern als eine massenhaft auftretende Reaktion auf die kapitalistischen Verhältnisse in denen wir leben. Für Fisher stellte die Entpolitisierung von Depression sowie die Privatisierung von psychischen Krankheiten ein gesellschaftliches Problem dar: “Hohes Arbeitsaufkommen, Zunahme der Unsicherheit, Gehaltskürzung – all diese Dinge machen depressiv, und wir müssen immer häufiger alleine mit ihnen fertig werden. Im Zeitalter der Kollektivität gab es noch Mediatoren wie Gewerkschaften, die dir dabei geholfen haben, aber heute wirst du zu keiner Gewerkschaft geschickt, sondern zu einem Therapeuten, oder nimm doch einfach Antidepressiva. Das ist die Geschichte der letzten 30 Jahre.” So Fisher in einem Interview mit Deutschlandfunk. Wir alle werden im Kapitalismus zu “Unternehmer*innen unser Selbst”, die sich bloß noch mehr anstrengen müssen, wenn es mal Probleme gibt. Jede und jeder ist schließlich seines eigenen Glückes Schmied – ein Hoch auf Individualismus und Leistungsfetischismus!

Je mehr ich drüber nachdenke, desto klarer und bewusster wird mir, wie sehr psychische Gesundheit in unserer Gesellschaft zu persönlichen, rein privaten Angelegenheiten gemacht werden. Dabei sind die höchst politisch – da stimme ich Fisher zu. Psychische Gesundheit ist nicht von den gesellschaftlichen Verhältnissen zu trennen, innerhalb derer sie entstehen. Vermutlich auch einer der Gründe, weshalb das Sprechen über mentale Gesundheit nach wie vor mit Scham besetzt ist und Menschen, die öffentlich über psychische Krankheiten sprechen, häufig noch stigmatisiert werden. Nicht, dass noch bekannt werden könnte, dass nicht allein individuelles Versagen der Grund für Depressionen, Angststörungen, Magersucht oder Burnout seien. Das wäre ja absurd, wenn doch tatsächlich die moderne Gesellschaft mit ihren fragwürdigen Schönheitsidealen, der Lobpreisung des permanenten Busy-seins und der Arbeit im Allgemeinen, dem never-ending Patriarchat, überhaupt den strukturellen Unterdrückungsmechanismen einen Anteil daran hätte, das Menschen psychisch erkranken. Ne ne, das haben wir uns alles selbst zu verdanken, weil wir uns eben einfach nicht genug angestrengt haben. Nicht genug an uns gearbeitet haben, wie es uns doch von der Persönlichkeitsentwicklungs-Branche geraten wird. Und im Zweifel eben ab zur Therapie! Ist doch heutzutage nichts Besonderes oder gar verwerfliches mehr.

Ich denke nach. Tatsächlich, die meisten meiner Freunde, inklusive mir selbst, sind oder waren schon mal beim Therapeuten. Und nein, nicht alle stammen aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Eigentlich finde ich das ja gut, dass es diese Möglichkeit gibt. Ich selbst wüsste nicht, wo ich heute ohne professionelle, seelische Begleitung stehen würde. Wäre ich noch am Leben? Vermutlich schon. Ich würde die Gespräche dennoch nicht missen wollen. Zugleich hinterfrage ich das Konstrukt der Therapie immer wieder ganz massiv. Sehe insbesondere die reine Rückführung auf die Patientin oder den Patienten kritisch, wenn das Leid nicht auch im gesellschaftlichen Kontext betrachtet wird. Klar, es gibt wirklich gute Therapeut*innen, die das machen, hab ich selbst erlebt, aber viele eben auch nicht. Dann rücken Selbstreflexion und -pathologie an die Stelle von Gesellschaftskritik. Wo es doch eigentlich beides bedarf.

Laut der israelischen Soziologin Eva Illouz, hat das therapeutische Denkmodell inzwischen alle Lebensbereiche erfasst, wie sie in ihrem Buch, “Die Errettung der modernen Seele” (2011) beschreibt. Allerdings versteht Illouz darunter nicht nur die konkrete Therapie-Situation, sondern die ganze Palette der ratgeberhaften und emotionsorientierten Gegenwartskultur – von Weight Watchers über Eheberatung und Mentalcoaching der Fußballmannschaft. Galten früher psychische Krisen als “Defekt”, den man schamhaft versteckte, kommt heute kaum eine Promi-Biographie ohne eine solche Krise und deren therapeutische Bewältigung aus. Ob in Cathy Hummels “Mein Umweg zum Glück”, in der die Moderatorin offen über ihre Depressionen spricht, in  „Born to run“, der Autobiographie der Rocklegende Bruce Springsteen oder in “Zayn”, in der der gleichnamige Sänger Zayn Malik – früher Teil der Band “One Direction” – über seine Angst- und Essstörung schreibt. Man könnte auch sagen, der vermeintlich tiefe Einblick in die Seele gilt heute als notwendiger Karriereschritt, um Privilegierte ein klein bisschen menschlicher erscheinen zu lassen. Generell würde ich sagen, ist jedes Bekennen psychischer Erkrankungen nur zu begrüßen. Fragwürdig bleibt die Motivation von Menschen, die ohnehin in der Öffentlichkeit stehen und ihre Leiden scheinbar als Chance sehen, mehr Filme, Bücher oder Alben zu verkaufen. Aber, mal ganz ehrlich: “Who am I to judge?” Es lässt sich nicht leicht beurteilen, wo die Grenze verläuft, zwischen öffentlichem Bekenntnis und Selbstvermarktung.

Und dann denke ich mir: “Hey, ist doch eigentlich auch eine gute Sache, wenn wir offener über unsere issues reden. Oder nicht?” Ich fühle mich zumindest besser, wenn ich beispielsweise lese, dass auch andere Menschen, ob Henning May, Sänger der Band AnnenMayKantereit, die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht, Rapper Curse oder der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre, alle mit ihren Päckchen zu kämpfen haben und dazu stehen. Wobei “mich besser fühlen” vermutlich der falsche Ausdruck ist. Es geht mir eher um das Gefühl, nicht allein zu sein. Mich verstanden zu fühlen. Nicht perfekt und makellos sein zu müssen in dieser Welt.

Genau das Gefühl hatte ich auch beim Lesen von “Ich denk, ich denk zu viel”, der erst kürzlich erschienenen Kolumnensammlung der Schweizer Journalistin Nina Kunz. Vielleicht liegt es daran, dass wir beide im selben Jahr geboren wurden, also derselben Generation angehören, dass ich mich in vielen ihrer Worte wiederfinden konnte. So schreibt sie darin beispielsweise: “Alles begann damit, dass ich anfing, über meine Alltagsängste nachzudenken. […] Warum da diese Enge in meiner Brust ist und der Stress-Tinnitus in den Ohren pfeift, obwohl ich all diese Privilegien hab.” Es ist eine Mischung aus Tagebuch und Theoriesammlung, in der Nina Kunz ihre persönlichen Gedankengänge offenlegt und zugleich mit einer Kritik an den gesellschaftlichen Umständen verbindet. Die einen wiederum einlädt, sich einerseits selbst sanftmütiger und wohlwollender zu begegnen, andererseits gegen die einengenden und begrenzenden Strukturen, ob Patriarchat, binäre-Geschlechterkonstrukte oder Rassismus vorzugehen. “Dieses Buch ist eine Einladung in meine Gedankenwelt. [… Es] ist ein kleiner Puzzleteil in der Debatte um Leistungsdruck und Mental Health. Es sind Notizen aus dem Jetzt, ehrlich aufgeschrieben. In der Hoffnung, dass sie weitere Gedanken anstoßen.” Das haben Ninas Worte bei mir in jedem Fall bewirkt. Besonders hängen geblieben ist auch folgendes Zitat aus dem ersten Text:: “Workism beschreibt […] etwas, das mir schon länger Sorgen macht: Es ist der Glaube, dass Arbeit nicht mehr eine Notwendigkeit darstellt, sondern den Kern der eigenen Identität. […] Ein zentrales Ziel im Leben soll sein, einen Job zu finden, der weniger Lohnarbeit ist als vielmehr Selbstverwirklichung. Darum […] habe ich heute keine Schreib-, sondern Lebenskrisen, wenn ich im Job versage.” Oh ja, fühl ich sehr! Genauso wie die Ambivalenz, die Nina gegenüber dem Internet, insbesondere den sozialen Medien verspürt: “Das Internet ist ein gefräßiges Monster, das alle meine Lebensenergie verschlingt […]. Ich hasse das Internet, weil es mir das Gefühl gibt, zu langsam zu sein, zu schwach, zu wenig schön. […] Ich hasse den Fakt, dass mir Likes ein gutes Gefühl geben. Ich hasse denk Fakt, dass ich Angst habe vor der Stille und mich permanent mit Informationen berieseln lasse. Beim Kochen höre ich Podcasts, beim Joggen brauche ich die Nike App, und im Zug beantworte ich Mails. […] Es gibt Studien, die belegen, dass Menschen Zeit allein verbringen müssen, um empathisch zu sein, daher bin ich besorgt, wie schlecht ich mich mittlerweile selbst aushalte.” “Manchmal fühlt sich das Leben im Internet an, als würde ich verhungern, obwohl mir die ganze Zeit jemand das Maul stopft. […] Ich hasse das Internet, weil ich Angst habe, dass ich in fünfzig Jahren sagen werde: Fuck, ich hab mein Leben online vergeudet.”

Manchmal braucht es auch noch oder gar keine Lösung – das Aussprechen von Ängsten und Sorgen, ganz gleich, ob nun angeblich privilegiert oder nicht, wirkt oft befreiend. Ich habe sogar das Gefühl, dass mir in der Therapie das Reden und, dass mir jemand zuhört, oft mehr gebracht hat, als irgendwelche Ratschläge oder Strategien, die mir angeboten wurden. Vielleicht hat mir auch deshalb die Arte-Serie “In Therapie” der französischen Regisseure Olivier Nakache und Éric Toledano so gut gefallen. Jede Folge ist eine Therapiesitzung, in der wir die Entwicklung der wiederkehrenden Patient*innen, die alle durch die Erlebnisse der Terroranschlägein Paris 2015 traumatisiert sind, mitverfolgen können. Dabei ist “In Therapie” allerdings keine Serie über die Terroranschläge, sie handelt vielmehr von den Folgen für die menschliche Psyche, kollektivem Trauma und, dass um mit solch schwerwiegenden Erfahrungen fertig zu werden, es Redebedarf braucht. Es geht um Heilung, Einzelner, aber auch der Gesellschaft. „Die Welt da draußen geht zugrunde.“ Gleich zweimal fällt der Satz in der Serie. „Ja“, antwortet Philippe Dayan, der Therapeut, jedes Mal, „aber das tut sie immer.“ Wir können nur lernen, damit umzugehen. 

Wobei umgehen eben nicht meint, dass wir jetzt alle mal bitteschön wieder klarkommen müssen. Dass wir, wie uns, wie ein mechanisches Glied im Gefüge einer Maschine, wieder an unseren Platz bewegen und funktionieren sollen. Diese Form toxischer Positivität begegnet mir allerdings permanent. Wie so oft, meistens im Internet. Egal, ob pathetische, wohlgemeinte Sprüchlein, wie “Glücklich zu sein bedeutet nicht, das Beste von allem zu haben, sondern das Beste aus allem zu machen.” Oder fast noch schlimmer: “Du kannst nicht negativ denken und positives erwarten.” Würg! Laut Timur, der in einem Interview mit Deutschlandfunk-Nova ganz offen über seine Depression und Angststörung spricht, ist toxische Positivität eng an „toxische Dankbarkeit“ gekoppelt. Er glaubt, dass wir nicht für alles dankbar sein müssen. Vor allem, wenn jemand als Opfer Leid erfährt. Denn nicht alle Dinge sind ein Zugewinn für uns und unser Leben. Seh ich auch so! Wobei ich zugeben muss, dass es mir auch nicht immer leicht fällt, mir einzugestehen, wenn es mir nun einmal gerade nicht gut geht. Vielleicht sogar richtig beschissen. Und dann nicht automatisch in den Optimierungs-Wahn zu verfallen, in dem direkt wieder alles zurechtgebogen wird, damit die Oberfläche wieder aalglatt erscheint. Ich würde solche Zustände gerne öfter auch mal auf mich wirken lassen können, akzeptieren lernen, dass ich nicht permanent “funktionieren” muss. Dass es in Ordnung ist, nicht immer einen Plan zu haben. Dass ich nicht für alles verantwortlich bin, sondern so einiges seine Ursprünge auch in gesellschaftlichen Umständen hat, die sich nicht einfach mal so mit Hilfe von ein bisschen Selfcare und Gesprächstherapie lösen lassen.

Jemand, der genau das ganz wunderbar und prosaisch in Worte zu fassen vermag, ist der Autor Benjamin Maack. In seinem Buch “Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein”, spricht Maack über sein Leben mit Depression und setzt statt auf Verdrängung auf die unmittelbare Konfrontation, stellt sich der Herausforderung. Indem er sich in seiner ganzen Fragilität preisgibt, gelingt es Maack, auf Distanz mit sich selbst zu gehen. Er beobachtet sich gewissermaßen von außen, wodurch er zumindest im Rahmen der schriftlichen Verarbeitung aus dem Strudel der Emotionen und Verzweiflung ausbrechen kann. Das ist nicht nur wirklich lesenswert, sondern schafft auch für all jene ein tieferes Verständnis, die selbst nie mit Depressionen zu kämpfen hatten. Und es nimmt Erkrankten die Angst vor dem Stigma, als verrückt erklärt zu werden oder als schwach und fragil, wenn sie sich öffnen. Denn Fakt ist auch, dass psychische Erkrankungen jede und jeden von uns treffen können. Laut Bundesgesundheitsministerium erkranken schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung. Also rund ein knappes Fünftel. Und insbesondere seit der Corona-Pandemie wissen wir, wie wenig das oft mit unseren eigenen Entscheidungen zu tun hat. Plötzlich fallen bestimmte Aspekte unseres Lebens weg, die uns bislang Sicherheit und Struktur gegeben haben. Für Menschen, die zuvor schon unter psychischen Erkrankungen gelitten haben, kann diese Situation jetzt ganz besonders schlimm sein. Aber auch für alle anderen ist es eine Belastung, weshalb wir unsere Sorgen, Ängste und Gefühle durchaus ernst nehmen sollten. Darum möchte ich am Ende dieser Episode noch kurz auf die Shownotes verweisen, in denen wir unter anderem die kostenlose Telefonberatung der BZgA und das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe sowie weitere Hilfsangebote für Betroffene sowie Angehörige von Betroffenen verlinkt haben. 
Last but not least, danke ich euch fürs Zuhören. Wenn der Podcast euch gefällt, dann teilt ihn gerne mit Freunden und Bekannten. Außerdem würden wir uns besonders freuen, wenn ihr unsere Arbeit als Fördermitglieder unterstützt, damit wir weiterhin gute Inhalte für euch kreieren können. Supporten könnt ihr uns ganz einfach via Steady oder, indem ihr uns einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Das geht schon ab 1€. Alle weiteren Infos findet ihr in den Shownotes. Vielen Dank und bis bald im Sinneswandel Podcast.

22. April 2021
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