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Gender

Franka Frei: [Wann] kommt die Pille für den Mann?

von Marilena 12. Februar 2025

Warum tragen immer noch vor allem Frauen die Verantwortung für Verhütung? Und warum werden Nebenwirkungen der Pille bei Frauen toleriert, während sie bei Männern verhindern, dass eine Pille überhaupt auf den Markt kommt? Verhütung ist ungerecht – dabei geht es auch fair. Darüber spricht Marilena Berends in dieser Folge mit der Autorin und Journalistin Franka Frei.

Shownotes:

Macht [einen] Sinneswandel möglich, indem ihr Steady Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr meine Arbeit auch via Paypal.me/sinneswandelpodcast. Danke.

► Website: Franka Frei
► Franka auf Instagram
► Penguin, 2023: Überfällig: Warum Verhütung auch Männersache ist
►Mehr zum “Verhütungsring”, über den Franka spricht
► BZgA-Studiendaten zum Verhütungsverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener, 2024

✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art



Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast! Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, dass ihr heute dabei seid.

Wusstet ihr, dass Frauen mindestens 15 verschiedene Verhütungsmethoden zur Verfügung stehen, während Männer gerade mal zwei verlässliche Optionen haben? Warum ist das so? Und warum bleibt Verhütung immer noch so oft an uns Frauen hängen? 

Verhütung ist ein Thema, das so alltäglich wirkt, dass es oft gar nicht hinterfragt wird. Dabei geht es nicht nur um persönliche Entscheidungen, sondern auch um Macht, Verantwortung und Gerechtigkeit. Ich selbst habe die Pille mit 15 verschrieben bekommen, und fast ein Jahrzehnt lang war das für mich einfach selbstverständlich. Bis ich irgendwann dachte: Warum eigentlich immer ich?

So ähnlich ging es auch Franka Frei. Sie ist Journalistin und hat das Buch „Überfällig: Warum Verhütung auch Männersache ist“ geschrieben. Wie der Titel schon verrät, zeigt Franka darin, warum Verhütungsverantwortung immer noch ungleich verteilt ist, und, welche gesellschaftlichen Strukturen einen Sinneswandel verhindern. Und das, obwohl es längst Alternativen für Männer gibt. 

Übrigens: Wenn wir in dieser Folge von „Frauen“ oder „Männern“ sprechen, ist das eine Vereinfachung. Verhütung betrifft nicht nur cisgeschlechtliche Menschen, sondern auch nicht-binäre, trans* und genderqueere Personen. Uns ist bewusst, dass Sprache in diesem Bereich oft noch unzureichend ist, aber wir bemühen uns, niemanden auszuschließen.

So viel vorweg – jetzt wünsche ich euch ganz viel Spaß mit dieser Folge!

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank fürs Zuhören! Wenn euch die Folge mit Franka gefallen hat, teilt sie gerne mit euren Freundinnen und Freunden. Falls ihr meine Arbeit unterstützen möchtet, könnt ihr das über Steady oder ganz unkompliziert per PayPal tun – den Link findet ihr in den Shownotes. Und unter allen, die den Podcast supporten, verlose ich dieses Mal ein Exemplar von Frankas Buch. Mehr dazu findet ihr ebenfalls in den Shownotes. Macht’s gut und bis bald im Sinneswandel Podcast!

12. Februar 2025

Kim de l’Horizon: Wie brechen wir das Schweigen?

von Marilena 1. Juli 2024

Wer bin ich? Und wie bin ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin? Weil ich es wollte, weil ich es so gelernt habe oder weil ich es musste? Auch von diesen Fragen handelt das Blutbuch von Autor*in Kim de I’Horizon. 2022 gewann Kim damit als erste nonbinäre Person den Deutschen und Schweizer Buchpreis. In dieser Podcast Folge spreche ich mit Kim über das Menschsein, ob Schreiben heilen kann/sollte und über Hexerei.

Shownotes:

Macht [einen] Sinneswandel möglich, indem ihr Steady Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr meine Arbeit auch via Paypal.me/sinneswandelpodcast. Danke.

► Kim de l’Horizon auf Instagram
► Blutbuch von Kim de l’Horizon, Dumont 07/22

✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art



Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast! Ich bin Marilena Berends und freue mich sehr, dass ihr heute dabei seid.

Wer bin ich? Und wie bin ich zu der Person geworden, die ich heute bin? Weil ich es wollte, weil ich es so gelernt habe oder weil ich es musste? Unsere Identität formt sich nicht im luftleeren Raum. Sie besteht aus vielen kleinen und miteinander verbundenen Fragmenten – aus unserem Erbe, unseren Träumen, Erwartungen und Geschichten. Am Ende finden wir vielleicht keinen festen Kern, sondern etwas Lebendiges, Veränderliches.

Das mag jetzt etwas abstrakt klingen, aber im Zusammenhang mit meinem heutigen Gast wird es klarer. Ich freue mich nämlich sehr, dass ich die Gelegenheit hatte, mit der Autor*in Kim de l’Horizont zu sprechen. Kim hat 2022 mit dem „Blutbuch“ als erste genderfluide Person den Deutschen und Schweizer Buchpreis gewonnen. Und ich kann gut nachvollziehen, warum die Jury diese Wahl getroffen hat. Ich habe jedenfalls noch nie etwas Vergleichbares gelesen. Sehr verkürzt gesprochen handelt es von der nonbinären Figur Kim und ihrem Aufbegehren gegen das Schweigen, das oft von Generation zu Generation weitervererbt wird.

In unserem Gespräch ging es aber nicht nur um das „Blutbuch“. Selbst wenn ihr das Buch noch nicht gelesen habt, bin ich sicher, dass ihr aus dieser Folge etwas mitnehmen werdet. Kim und ich haben unter anderem darüber gesprochen, warum wir oft versuchen, es anderen recht zu machen, ob Schreiben heilen kann und um Hexerei ging es auch.

Bevor wir beginnen, noch ein Hinweis: Wenn euch das Gespräch gefällt, schaut am besten in die Shownotes. Unter allen, die Sinneswandel via Steady unterstützen, verlose ich nämlich ein Exemplar von Kims „Blutbuch“. Und jetzt wünsche ich euch viel Freude beim Zuhören!

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn euch diese Folge mit Kim gefallen hat, teilt sie gerne mit euren Freundinnen und Freunden. Und falls ihr meine Arbeit finanziell supporten wollt, könnt ihr das ganz einfach via Steady oder, indem ihr mir einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlose ich dieses Mal ein Exemplar vom Blutbuch. Also schaut am besten in den Shownotes vorbei, da findet ihr alle Infos und Links zur Folge. Das war’s von mir! Bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

1. Juli 2024

Weibliche Lust – [k]ein Tabu?

von Marilena 14. Mai 2024

Wie aufgeklärt, offen und frei sind wir wirklich, wenn besonders Frauen und nicht-männlich gelesene Personen sehr schnell verstummen, wenn es um die eigene Lust geht? Ist weibliches Begehren noch immer ein Tabu? Wenn das so ist, dann sollten wir das ändern und uns mehr darüber austauschen!  Das dachten sich auch die Herausgeberinnen von “Wir kommen”, ein Kollektivroman, in dem sich 18 Autor*innen, verschiedener Herkünfte und Generationen über Sexualität und Begehren austauschen. Im Podcast spricht Marilena Berends mit Verena Güntner, Elisabeth R. Hager und Julia Wolf, den Herausgeberinnen von “Wir kommen”.

Shownotes:

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► Liquid Center: „Wir kommen“, Dumont 03/24
►Liquid Center auf Instagram

Die Autor*innen: Lene Albrecht, Ulrike Draesner, Sirka Elspaß, Erica Fischer, Olga Grjasnowa, Simoné Goldschmidt-Lechner (sgl), Verena Güntner, Elisabeth R. Hager, Kim de l’Horizon, I.V. Nuss, Maxi Obexer, Yade Yasemin Önder, Caca Savić, Sabine Scholl, Clara Umbach, Julia Wolf und zwei Autorinnen, die anonym bleiben wollen.

✉ redaktion@sinneswandel.art
► sinneswandel.art



Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in dieser Episode zu begrüßen.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich kann mich nicht mehr wirklich an den Sexualkunde Unterricht in der Schule erinnern. Vielleicht ist das auch besser so. Was ich allerdings noch weiß ist, dass wir mit Sicherheit nicht über Lust gesprochen haben. Schon gar nicht über die weibliche Lust. Als Mädchen in die Pubertät zu kommen, bedeutete vor allem, sich mit Periodenschmerzen rumzuplagen und bloß nicht schwanger zu werden. Und ich spreche hier von den 2000ern und nicht von 1820. Oft frage ich mich, wer ich wohl heute wäre, hätten wir damals offener über all unsere Fragen zu Sex, Liebe, Scham und dem Begehren gesprochen. Stattdessen habe ich in sogenannten Frauenzeitschriften, wie der Cosmopolitan oder Glamour gelernt, wie ein Mann wirklich verführt werden will. Welche Erfahrungen hätte ich wohl gemacht oder mir erspart, hätte es schon damals Serien wie Sex Education gegeben?

Heute ist vieles anders, trotzdem frage ich mich: Wie aufgeklärt, offen und frei sind wir wirklich, wenn besonders Frauen und nicht-männlich gelesene Personen sehr schnell verstummen, wenn es um die eigene Lust geht? Ist weibliches Begehren noch immer ein Tabu? Wenn das so ist, dann sollten wir das ändern und uns mehr darüber austauschen!  Das dachten sich auch die Herausgeberinnen von “Wir kommen”, ein Experiment, in dem sich 18 Autor*innen, verschiedener Herkünfte und Generationen über Sexualität und Begehren austauschen. Entstanden ist daraus ein Kollektivroman, der die gesellschaftlich verdrängten Facetten weiblicher und queerer Sexualität sichtbar macht.

Ich selbst habe, glaube ich, noch nie ein solches Buch gelesen, das mit so vielen Regeln bricht – sowohl inhaltlich als auch stilistisch und gesellschaftlich. Deshalb wollte ich unbedingt mit den drei Herausgeberinnen von “Wir kommen” sprechen. Und ich freue mich sehr, dass es geklappt hat, dass Verena Güntner, Elisabeth R. Hager und Julia Wolf, die gemeinsam das Kollektiv Liquid Center gegründet haben, mich im Podcast besucht haben. Wie radikal ist es, ein Buch über weibliches Begehren zu schreiben? Warum schämen wir uns überhaupt? Und ist Sex im Alter ein Tabu? Wenn euch die Antworten auf Fragen wie diese interessieren, dann bleibt dran.

Unter allen, die Sinneswandel via Steady supporten, verlose ich dieses Mal übrigens ein Exemplar von “Wir kommen”. Mehr dazu in den Shownotes.

Outro

Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn euch diese Folge gefallen hat, teilt sie gerne mit euren Freundinnen und Freunden. Und falls ihr meine Arbeit finanziell supporten wollt, könnt ihr das ganz einfach via Steady oder, indem ihr mir einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlose ich dieses Mal ein Exemplar von “Wir kommen”. Also schaut am besten in den Shownotes vorbei, da findet ihr alle Infos und Links zur Folge. Das war’s von mir! Bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

[Gespräch]

14. Mai 2024

Sophia Fritz: Gibt es Toxische Weiblichkeit?

von Marilena 19. März 2024

Über toxische Männlichkeit wird längst in Büchern, Talkshows und beim Abendbrot diskutiert. Aber was ist mit toxischer Weiblichkeit – gibt es die überhaupt? Autorin Sophia Fritz hat sich ausgiebig mit diesem Phänomen beschäftigt und herausgefunden, dass toxisch weibliches Verhalten vor allem Frauen selbst schadet. Sie plädiert für ein neues feministisches Miteinander, das erst entstehen kann, wenn wir unsere eigene Sozialisierung verstehen. Wie das gelingen kann, darüber spricht Marilena mit Sophia in dieser Folge.

Shownotes:

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► Sophia Fritz auf Instagram
► Toxische Weiblichkeit, Hanser Berlin 03/24

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Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in dieser Episode zu begrüßen.

Toxische Männlichkeit – diesen Begriff haben vermutlich die meisten von uns schon mal gehört und vielleicht das ein oder andere Mal selbst verwendet. Wenn zum Beispiel ein breitbeinig Mann im Zug vor uns sitzt oder, wenn ein Kollege mal wieder glaubt etwas mansplainen zu müssen. Toxische Männlichkeit wird längst in Büchern, Talkshows und beim Abendessen mit Freunden diskutiert. Aber was ist mit toxischer Weiblichkeit? Gibt es die überhaupt? Und falls ja, was hat es damit auf sich?

Diese Frage hat sich auch Sophia Fritz gestellt, als sie zum ersten Mal von diesem Phänomen gehört hat. Toxische Weiblichkeit – das klingt erstmal nicht nach einem Kompliment und schon gar nicht empowernt. Wozu also ein Begriff, der Frauen, die im Patriarchat eh schon den Kürzeren gezogen haben, auch noch in die Kritik nimmt? Ganz einfach, weil wir uns vor allem selbst schaden, wenn wir uns toxisch weiblich verhalten, wenn wir zum Beispiel ständig unsere Wut unterdrücken und stattdessen immerzu lächeln und ja sagen. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Sophia Fritz. Sie ist Autorin und beschäftigt sich in ihrem neuen Buch “Toxische Weiblichkeit” intensiv mit den Facetten dieses Phänomens. Was mich beim Lesen besonders beeindruckt hat, ist, dass Sophia dabei auch ihre eigenen Prägungen kritisch unter die Lupe nimmt und gleichzeitig einen sehr versöhnlichen Blick auf uns alle wirft. Denn ihr geht es vor allem darum aufzuzeigen, dass, wenn wir uns ein neues feministisches Miteinander wünschen, wir auch unsere eigene Sozialisierung in den Blick nehmen müssen.

Für mich war Sophias Buch auf jeden Fall sehr eye opening, weil ich mich in vielen der von ihr beschriebenen Verhaltensweisen wiederfinden konnte. Auch, wenn das nicht immer ganz schmerzfrei ist. Aber es lohnt sich – und das übrigens nicht nur für Frauen oder weiblich gelesene Personen. Denn toxisch weiblich können wir uns alle verhalten, ganz gleich ob wir uns als Frauen, Männer oder nicht-binär identifizieren. Worin sich das zeigt, darüber habe ich mit Sophia gesprochen.

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank fürs Zuhören. Wenn euch das Gespräch mit Sophia gefallen hat, teilt es gerne mit euren Freundinnen und Freunden. Und falls ihr meine Arbeit finanziell supporten wollt, könnt ihr das ganz einfach via Steady oder, indem ihr mir einen Betrag eurer Wahl an Paypal.me/Sinneswandelpodcast schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlose ich dieses Mal ein Exemplar von “Toxische Weiblichkeit”. Also schaut am besten in den Shownotes vorbei, da findet ihr alle Infos und Links zur Folge. Das war’s von mir! Bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

19. März 2024

Stevie Schmiedel: Warum brauchen wir [k]einen “Genderwahn”?

von Marilena 7. November 2023

Der Feminismus ist gespalten, so Stevie Schmiedel. Das sei vor allem ein Generationenproblem, sagt die Genderforscherin und Gründerin von Pinkstinks Germany. Zwischen jungen, “radikalen” und alten, “gemäßigteren” Feminist*innen versucht sie eine Brücke zu schlagen. Wie und ob ihr das gelingt, darüber hat Marilena Berends mit Stevie Schmiedel gesprochen.

Shownotes:

Macht [einen] Sinneswandel möglich, indem ihr Steady Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr meine Arbeit auch via Paypal.me/sinneswandelpodcast. Danke.

► Mehr Infos zu Stevie Schmiedel auf ihrer Website
► Stevie Schmiedel: Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne. Warum uns ein bisschen Genderwahn guttut; Kösel 05/23
► Pinkstinks Germany
► re:publica x Reeperbahn Festival 2023: Stevie Schmiedel & Marilena Berends – Neue Strategien für den Feminismus
► Mehr zum “Selbstbestimmungsgesetz” erfahrt ihr auch in der Podcast Folge mit Trans Autor Linus Giese

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Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in dieser Episode zu begrüßen.

“Liebe Frau Berends, seitdem Sie im Sinneswandel Podcast gendern, oder wie diese Beleidigung der deutschen Sprache heißt, kann oder vielmehr will ich Ihnen nicht mehr folgen. Diese Genderwahn-Ideologie gebe ich mir nicht mehr! Schade, ich habe den Podcast wirklich gerne gehört.”

Es ist schon eine Weile her, dass mich diese E-Mail eines erzürnten Hörers, oder vielmehr ehemaligen Hörers, erreicht hat. Und ich möchte mich an dieser Stelle aufrichtig für diesen “Genderwahn” entschuldigen. Nein, Quatsch, das tue ich natürlich nicht. Auch, wenn es mir tatsächlich Leid tut, dass der Podcast für einige Menschen dadurch scheinbar unhörbar geworden ist.

Generell – und das ist wohl kaum ein Geheimnis – scheinen sich viele Menschen an dem Angebot, eine inklusivere Sprache zu etablieren, ob mit Sternchen, Doppelpunkt oder wie auch immer, ganz schön aufzureiben. Und damit meine ich nicht nur BILD- und Welt-Abonnenten. Selbst innerhalb des Feminismus scheiden sich hier die Geister. 

Nicht nur im Bezug auf das Gendern, generell sei die Stimmung unter Feminist*innen gerade sehr angespannt, sagt Stevie Schmiedel. Stevie ist promovierte Genderforscherin und Gründerin von “Pinkstinks Germany”, einer Bildungsorganisation gegen Sexismus, deren Vorsitzende sie bis 2020 war. Stevie ist schon eine ganze Weile im Feminismus aktiv und hat den Eindruck, dass die Bewegung sich immer weiter spaltet – in “Woke” und “Boomer”, in “Jung” und “Alt”, in “Radikale” und “Gemäßigte”… Und dieses Auseinanderdriften sorgt dafür, so Stevie, dass wir nicht weiter vorankommen. Dass wir Menschen, die wir eigentlich mitnehmen müssten, auf dem Weg verlieren.

Aber wie lässt sich das Dilemma auflösen und wie die Wogen glätten? Darüber hat Stevie laut in ihrem Buch „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne. Warum uns ein bisschen Genderwahn guttut”, nachgedacht. Wir brauchen eine neue Debattenkultur, sagt Stevie, eine, die es uns erlaubt, Differenzen, die es wohl immer geben wird, auszuhalten. Und sie schlägt vor, dass wir die Bezeichnungen “Mann” und “Frau” – also Geschlecht – einfach über Bord werfen sollten. Klingt ziemlich radikal. Ob es das auch ist, das erfahrt ihr im Gespräch, das ich mit Stevie geführt habe.

Noch ganz kurz vorweg: Wenn ihr meinen Podcast – trotz Gendern – gerne hört, dann freue ich mich, wenn ihr meine Arbeit unterstützt. Das geht ganz einfach via Steady oder indem ihr mir an Paypal.me/Sinneswandelpodcast einen Betrag eurer Wahl schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlose ich dieses Mal ein Exemplar von Stevies Buch „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne”. Mehr dazu in den Shownotes. Vielen Dank!

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank euch fürs Zuhören. Wenn euch das Gespräch mit Saralisa gefallen hat, dann freue ich mich, wenn ihr den Podcast mit anderen Menschen teilt. Und falls ihr meine Arbeit via Steady oder Paypal supporten wollt, findet ihr alle Links und Infos dazu in den Shownotes. Das war’s von mir! Bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

7. November 2023

Fikri Anıl Altıntaş: Was bedeutet Männlichkeit [für dich]?

von Marilena 20. April 2023

Was bedeutet Männlichkeit? Das fragt sich Autor Fikri Anıl Altıntaş in seinem Buch, “Im Morgen wächst ein Birnbaum”. Er wächst als Sohn türkischer Eltern in einer hessischen Kleinstadt auf, zerrissen zwischen dem drängenden Wunsch, »deutsch« zu sein und seinen eigenen Weg als türkisch-muslimischer Mann zu finden. Er sehnt sich nach einem Leben jenseits von Klischees, in dem Männlichkeit und Zärtlichkeit keine Gegensätze bilden. In dem er ein türkisch-muslimisch Mann und Feminist sein kann. Für manche passt das nicht zusammen, für Anıl schon.

Welchen Sinneswandel er sich wünscht, wie er heute zu seinem Vater steht und was das alles mit einem Birnbaum zutun hat, darüber hat sich Marilena Berends mit Autor Fikri Anıl Altıntaş unterhalten.

Shownotes:

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► Fikri Anıl Altıntaş
► Im Morgen wächst ein Birnbaum, Penguin Random House

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Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

Ich war ein totales “Papa-Kind”, als ich klein war. Er war mein großer Held. Und zu einem gewissen Grad ist er das auch heute noch. Aber irgendwann kommt der Moment – bei mir muss das so mit 15 gewesen sein – da habe ich vieles, um nicht zu sagen fast alles, was mein Papa gesagt und getan hat, in Frage gestellt. Ich musste meinen eigenen Weg finden, mich von unausgesprochenen aber latent spürbaren Erwartungen lösen. Ganz normal, werdet ihr vermutlich sagen, das nennt sich Pubertät. Das stimmt. Trotzdem ist es ein schmerzhafter Prozess, der Distanz und Enttäuschung mit sich bringt. 

Er kann aber auch versöhnlich, gar heilsam sein. Davon erzählt Autor Fikri Anıl Altıntaş in seinem Buch, “Im Morgen wächst ein Birnbaum”. Er wächst als Sohn türkischer Eltern in einer hessischen Kleinstadt auf, zerrissen zwischen dem drängenden Wunsch, »deutsch« zu sein und seinen eigenen Weg als türkisch-muslimischer Mann zu finden. Vor allem die Beziehung zu seinem Vater stellt ihn letztlich vor die Frage: Was bedeutet Männlichkeit überhaupt? Inmitten festgefahrener Narrative sucht Anıl nach den Zwischentönen. Er sucht nach Wegen, Herkunft und Zukunft zu verbinden. Er sehnt sich nach einem Leben jenseits von Klischees, in dem Männlichkeit und Zärtlichkeit keine Gegensätze bilden. In dem er ein türkisch-muslimisch Mann und Feminist sein kann. Für manche passt das nicht zusammen, für Anıl schon.

Welchen Sinneswandel er sich wünscht, wie er heute zu seinem Vater steht und was das alles mit einem Birnbaum zutun hat, darüber haben wir uns in der heutigen Sinneswandel-Episode unterhalten.

Wenn ihr den Podcast gerne hört, dann freue ich mich natürlich, wenn ihr meine Arbeit unterstützt. Das geht ganz einfach via Steady oder indem ihr mir an Paypal.me/Sinneswandelpodcast einen Betrag eurer Wahl schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlosen wir außerdem ein Exemplar von Anıls Buch “Im Morgen wächst ein Birnbaum”. Alle Links dazu findet ihr in den Shownotes. Vielen Dank!

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank euch fürs Zuhören. Wenn euch das Gespräch mit Fikri Anıl Altıntaş gefallen hat, teilt es gerne mit euren Freunden. Und falls ihr meine Arbeit via Steady oder Paypal supporten wollt, findet ihr in den Shownotes alle Links und Infos. Das war’s von mir! Bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

20. April 2023

Linus Giese: Selbstbestimmt leben, [wie] geht das?

von Marilena 7. März 2023

Wer heutzutage seinen Namen- und Personenstand ändern möchte, muss dafür den Weg über das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) gehen. Obwohl große Teile davon für verfassungswidrig erklärt wurden, existiert es bis heute noch. Das soll sich im Sommer diesen Jahres womöglich ändern, sollte das neue Selbstbestimmungsgesetz eingeführt werden. Ein längst überfälliger Schritt, sagt trans Autor Linus Giese.

Shownotes:

Macht [einen] Sinneswandel möglich, indem ihr Steady Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr meine Arbeit auch via Paypal.me/sinneswandelpodcast. Danke.

► Linus Giese: “Lieber Jonas oder Der Wunsch nach Selbstbestimmung”, Kjona Verlag (2023).
► Linus Giese auf Instagram, Twitter und Tiktok.

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Transkript:

Hallo und herzlich willkommen im Sinneswandel Podcast. Mein Name ist Marilena Berends und ich freue mich, euch in der heutigen Episode zu begrüßen.

Man stelle sich vor, eine Person, nennen wir sie Mia, entscheidet sich eines Tages ihren Namen ändern zu wollen. Sie geht also zum Amt und lässt ihn zu Max ändern. Damit ändert sich auch das Pronomen: aus “sie” wird “er”. Eigentlich gar nicht so kompliziert. Aber wir leben schließlich in Deutschland, warum also unbürokratisch, wenn es auch kompliziert geht? 

Wer heutzutage seinen Namen- und Personenstand ändern möchte, muss dafür den Weg über das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) gehen. Obwohl große Teile davon für verfassungswidrig erklärt wurden, existiert es bis heute noch. Das soll sich im Sommer diesen Jahres womöglich ändern, sollte das neue Selbstbestimmungsgesetz eingeführt werden. Ein längst überfälliger Schritt, sagt trans Autor Linus Giese. In seinem neuen Buch “Lieber Jonas oder Der Wunsch nach Selbst­bestimmung”, entwirft er ein Szenario, wie wir leben würden, wenn das Recht auf Selbstbestimmung für alle nicht nur ideell eingeräumt, sondern auch gesetzlich verankert wäre. Natürlich können Gesetze allein Menschen kein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Entscheidend ist auch das gesellschaftliche Zusammenleben, wie wir uns als Menschen begegnen. 

Als Linus vor fünf Jahren, mit 31, sein eigenes Coming-out als trans Mann hatte, erntete er sowohl Zuspruch als auch Hass. Mit seinem neuen Buch möchte er vor allem jungen Transpersonen Mut machen für die Zukunft. Weshalb ein Ende der Diskriminierung von trans* Menschen für uns alle mehr Freiheit bedeuten würde, darüber habe ich mich mit Linus Giese selbst unterhalten.

Bevor wir beginnen, noch kurz vorweg: Wenn ihr diesen Podcast gerne hört, freue ich mich, wenn ihr meine Arbeit unterstützt. Das geht ganz einfach via Steady oder indem ihr mir an Paypal.me/Sinneswandelpodcast einen Betrag eurer Wahl schickt. Unter allen Unterstützer*innen verlosen wir außerdem ein Exemplar von Linus neuem Buch. Alle Links dazu findet ihr in den Shownotes. Vielen Dank!

[Gespräch]

Outro

Vielen Dank euch fürs Zuhören. Wenn euch das Gespräch mit Linus gefallen hat, teilt es gerne mit euren Freunden. Und falls ihr meine Arbeit via Steady oder Paypal supporten wollt, findet ihr in den Shownotes alle Links und Infos. Das war’s von mir! Danke an euch fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal im Sinneswandel Podcast.

7. März 2023

„Oben ohne“ für alle – längst überfällig?

von Marilena 28. Juni 2022

“Free the Nipple”, “Gleiche Brust für alle”, “oben Ohne Demos” – immer wieder wird darauf hingewiesen – meist von weiblich gelesenen und queeren Personen – dass Brust nicht gleich Brust ist. Dass die Brüste weiblich gelesener Personen seit jeher und noch immer objektifiziert und sexualisiert werden. Die weibliche Brust, sie ist eigentlich nur dann sichtbar, wenn sie dazu dient, etwas zu verkaufen oder in der Welt des Pornos. In der Öffentlichkeit, ob auf der Straße oder im Netz, stellt sie meist nur ein verpixeltes Phantom dar. Hier lautet Verhüllung die Devise! Zum Schutz versteht sich – aber vor was oder wem eigentlich? Und wieso ist das scheinbar Aufgabe der Frau?

Shownotes:

Macht (einen) Sinneswandel möglich, indem ihr Fördermitglieder werdet. Finanziell unterstützen könnt ihr uns auch via PayPal oder per Überweisung an DE95110101002967798319. Danke.

► Anja Schmidt, Verfassungsblog: „Die nackte weibliche Brust als Sittlichkeits- und Rechtsproblem„ 07/21.
► Thomas Becker, MDR: „Halbnackt im Freibad? Was ein Jurist über nackte Brüste sagt„ 05/22.
► Denise Klein, Zeitjung: „Oberkörperfrei-Privilegien: Männer, lasst eure t-Shirts einfach an„ 09/20.
► NRD Hamburg Journal: „SPD in Eimsbüttel will „oben ohne“ in Schwimmbädern erlauben„ 06/22.
►Dlf Kultur: „Oben-ohne nur für Männer? „Nach dem Gesetz sollten alle Brüste gleich sein“ 04/22.
► Jürgen Martschukat, Konrad Adenauer Stiftung: „Über das Politische im Körper„ 12/21.
► Isaiah Berlin: Essays in Honour of E. H. Carr (1974), S. 9.

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Transkript:

Es ist ein Tag Mitte Juni in Hamburg und das Thermometer zählt schätzungsweise 28 Grad. Ich sitze im Freibad auf der Wiese – “oben ohne”. Kein Bikini, der meine Brüste bedeckt. So richtig wohl, fühle ich mich in dabei nicht. Warum und aus welchem Grund ich dennoch so dasaß, davon möchte ich heute erzählen. Dafür muss ich allerdings ein wenig ausholen. Und wir müssen ein paar Tage zurückgehen, vor den besagten Tag im Freibad.

Über meine Brüste mache ich mir ehrlich gesagt selten Gedanken. Eigentlich fallen sie mir oft erst dann auf, wenn sie – meistens von Männern – “beachtet” oder kommentiert werden. Ansonsten sind meine Brüste für mich ein Körperteil, wie jeder andere auch. Sie sind für mich “normal”. Normal, wie das Gesicht, das mir morgens im Spiegel verschlafen entgegenblickt, Zähneputzen oder der Kaffee, der meistens darauf folgt. Dinge, über die ich mir eher selten bewusst Gedanken mache. In letzter Zeit gab es allerdings häufiger Situationen, die mich über Brüste haben nachdenken lassen. Nicht nur darüber, dass ich ganz offensichtlich welche habe, ich meine vielmehr im Allgemeinen – über ihr Vorhandensein, ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft. Und wer jetzt denkt, ich spreche nur von Brüsten weiblich gelesener Personen, der täuscht sich. Denn eigentlich nahm alles seinen Anfang mit der, eines Mannes. Also der männlichen Brust – im Singular. Auch so eine Sache, über die ich mir bislang wenig Gedanken gemacht habe. Aber allein die Terminologie dieser Begriffe, oder vielmehr ihre Verwendung, macht deutlich, dass es hier wohl einen Unterschied geben muss – zumindest in der Wahrnehmung. Aber, beginnen wir ganz von vorne:

Ich sitze mit D. auf dem Balkon und wir trinken Kaffee. D. erzählt mir von einem Festival, auf dem er mit seiner Band gespielt hat. Es sei eine mega Show gewesen – allerdings gab es da so einen Vorfall, erzählt mir D.. Einer seiner Bandkollegen, der Drummer, habe sich auf der Bühne das Shirt ausgezogen. Das mache er öfter, also eigentlich erstmal nichts Besonderes. Aber nach dem Konzert, sei die Sängerin einer anderen Band zu ihnen gekommen und habe ihn darauf angesprochen. Ob er sich denn eigentlich darüber bewusst sei, dass er mit seinem nackten Oberkörper anderen Menschen – insbesondere weiblich gelesenen Personen – vor den Kopf stoßen könnte. Sie, als Frau, könne sich nicht so einfach “oben ohne” auf die Bühne stellen. Ein klassisches Beispiel von offensive masculinity, so die Sängerin. Dabei habe er sich doch gar nichts nichts dabei gedacht, erwidert der Drummer. Was genau daran offensive sei, will er wissen. Ihm das zu erklären, sei sei nicht ihre Aufgabe, lautete die Antwort der Sängerin, erzählt mir D. Autsch! Recht hat sie irgendwie. Und doch zeigt die Unsicherheit des Schlagzeugers, dass hier ganz offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen, vermutlich gar Welten aufeinandertreffen. 

Ich habe ganz grundsätzlich nichts gegen Nacktheit einzuwenden – aber die Selbstverständlichkeit mit der sich einige männlich gelesenen Personen im öffentlichen Raum ihren nackten Oberkörper präsentieren, lässt mich doch oft staunen und ich frage mich immer wieder: wieso eigentlich? Ist das einfach “typisch Mann”? Und welche Vorstellungen von Männlichkeit stecken vielleicht dahinter? Ich rufe einen Freund von mir, Anıl Altıntaş an, von dem ich glaube, dass er mir vielleicht eine Antwort darauf geben kann: 

Anıl: “Die Frage, ob das “typisch Mann” ist, würde ich anders beantworten. Ich würde sagen, es ist leider “typisch Mann”, weil sich Mann daran gewöhnt hat, in gesellschaftlichen Strukturen zu leben, die vollkommen an seine Bedürfnisse angepasst sind. Und das “Normale” daran, dass man sich zeigen kann, ist eigentlich kein Zustand, der normal sein sollte, weil er letztendlich konstruiert ist und natürlich auch mit ungleichen Machtverhältnissen zu tun hat. Nämlich, dass Männer nicht in der gleichen Weise, und vor allem ihre Körper, sexualisiert, kontrolliert, limitiert und auch Objekt von gerichtlichen Auseinandersetzungen sind. Und ich glaube, was daran normal ist, ist die Tatsache, dass wir uns als Gesellschaft daran gewöhnt haben, unsere Bedürfnisse vor allem an Bedürfnissen von Männern auszurichten. Und das ist es, was daran “typisch Mann” ist, dass man sich an diesen Zustand gewöhnt hat und wenig davon abhält, überhaupt darin eine Problematik zu sehen.”

Also alles eine Frage der Gewöhnung bzw. Sozialisierung? Und was sagt eigentlich das Gesetz dazu? Wie viel Nacktheit ist eigentlich erlaubt? Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen es einfach unangebracht ist, sich oberkörperfrei zu präsentieren, weil andere sich dadurch belästigt fühlen könnten. Wie zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln – was mir schon häufiger begegnet ist. Dass ein Mann mir “oben ohne” direkt gegenübersitzt und mir wenig Raum bleibt, mich diesem Anblick zu entziehen. Auch das kann Ausdruck von Macht sein – ganz gleich ob bewusst oder unbewusst. Aber, wie Anıl sagt, wir haben uns als Gesellschaft scheinbar so sehr damit abgefunden, dass oberkörperfreie Männer in der Öffentlichkeit oft einfach toleriert werden. Was nicht heißt, dass sich alle damit wohlfühlen. Zwar ist Nacktheit grundsätzlich in Deutschland nicht verboten – es gibt kein Gesetz, dass es untersagt, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen – allerdings nur, wenn es ohne „sexuellen Bezug“ geschieht. Und nicht an Orten, an denen sich andere Menschen von der ungefilterten Körperlichkeit gestört fühlen können. Dann gilt Nachktheit gemäß § 118 als Ordnungswidrigkeit. Hierfür können schon mal Geldbußen zwischen fünf und 1000 Euro fällig werden. Allerdings frage ich mich: Ab wann fühlen sich Menschen gestört? Und wer beurteilt das? Das ist alles andere als eindeutig, weswegen § 118 auch als „Gummiparagraph“ gilt – eben eine sehr allgemein gehaltene Regelung, die sich ziemlich weit dehnen lässt. Aber nun genug der Paragraphen-Faselei! Worauf ich eigentlich hinaus möchte, ist die Tatsache, dass des Einen gelebte Freiheit, die eines Anderen einschränken kann. Und selbst, wenn nicht jede nackte Männerbrust, die mir im Sommer auf den Straßen begegnet, für mich zwangsläufig eine Belästigung darstellt, so macht sie mir doch eines deutlich: Ich könnte das nicht – zumindest nicht mit dieser Selbstverständlichkeit. Und damit sind wir bei “Brüste-Situation” Nr. 2:

Es ist Dienstag Abend, die Sonne scheint und ich drehe eine kleine Laufrunde entlang der Elbe. Ein anderer Jogger kommt mir entgegen – “oben ohne”. “Es ist aber auch echt heiß”, denke ich. Verständlich, wer da das Bedürfnis verspürt, sich freizumachen. Aber könnte ich mir das für mich selbst vorstellen? Als Frau, oberkörperfrei joggen? Theoretisch ja, praktisch eher nein. Die Blicke anderer Passanten wären mir wohl garantiert – ich würde mich unwohl und fehl am Platz fühlen. Den männlichen Jogger eben,  scheint es nicht im geringsten zu gehen wie mir. Ob der sich wohl darum bewusst ist? In diesem Moment erinnere ich mich an Schilder, die ich letzten oder vorletzten Sommer entlang der Alster gesehen habe. “T-Shirt bleibt an – alle haben fun!”, prangte groß auf denen.  Darunter eine kurze Erklärung oder vielmehr Aufforderung an männlich gelesene Personen, ihr “Oberkörperfrei-Privileg” doch bitte nicht auszunutzen. Als Zeichen des Respekts und der Solidarität mit allen Hamburger*innen. Im Prinzip das, was auch die Sängerin, die D.’s Bandkollegen ansprach, gefordert hat: Solidarität – oder im ersten Schritt zumindest Bewusstsein darüber, warum man etwas tut und was man damit vielleicht für Signale aussendet. Aber bedeutet das dann in der Konsequenz, dass sich männlich gelesene Personen grundsätzlich nicht mehr “oben ohne” zeigen sollten? Was sagt Anıl dazu?

Anıl: “Ich finde, die Schilder in Hamburg sind erstmal ein wichtiger Punkt, nämlich um auf die Problematik hinzuweisen und zum Nachdenken anzuregen. Ich würde nicht sagen, dass es eine solidarische Aktion von Männern sein sollte, sondern es ist eine Sache, die einerseits damit zu tun hat, dass sie sich im ersten Schritt reflektieren, also quasi eine Grundlage zur Reflektion. Und sie müssen natürlich auch mal drüber nachdenken, was es überhaupt heißt, in einem öffentlichen Raum seinen Körper so in einer Form darstellen zu können. Und gleichzeitig auch zu fragen, mit wieviel Einschränkungen eigentlich Personen, die als weiblich gelesen werden, umgehen müssen. Und ich glaube, es ist richtig, von einem Privileg zu sprechen. Ich sehe aber auf jeden Fall die Notwendigkeit, dass dieser Diskurs, dass nämlich Männer nicht immer, wenn sie oberkörperfrei sind, darauf hingewiesen werden, dass es ein Privileg ist und, dass sie gerade ihre Macht ausnutzen. Und ich finde, deshalb ist es eigentlich im ersten Schritt ein wichtiger Impuls.”

Und, wenn wir mal ehrlich sind, ist dieser Diskurs ja keineswegs neu: “Free the Nipple”, “Gleiche Brust für alle”, “oben Ohne Demos” – immer wieder wird darauf hingewiesen – meist von weiblich gelesenen und queeren Personen – dass Brust nicht gleich Brust ist. Dass die Brüste weiblich gelesener Personen seit jeher und noch immer objektifiziert und sexualisiert werden. Die weibliche Brust, sie ist eigentlich nur dann sichtbar, wenn sie dazu dient, etwas zu verkaufen oder in der Welt des Pornos. In der Öffentlichkeit, ob auf der Straße oder im Netz, stellt sie meist nur ein verpixeltes Phantom dar. Hier lautet Verhüllung die Devise! Zum Schutz versteht sich – aber vor was oder wem eigentlich? Und wieso ist das scheinbar meine Aufgabe, als Frau? 

Diese Frage bringt mich zu “Brüste-Situation” Nummer 3: Es ist noch immer Juni, ich scrolle durch den Nachrichtenfeed auf meinem Smartphone und bleibe an einer Meldung hängen: “Hamburger SPD-Politikerin fordert oben ohne für alle im Schwimmbad”. Im Artikel erfahre ich, es geht hier um Paulina Reineke-Rügge. Sie ist Bezirksabgeordnete der SPD Hamburg-Eimsbüttel und hat gerade einen Antrag eingereicht, mit dem die Oberkörperfreikultur für alle Hamburger*innen möglich werden soll. Spannend! Da hake ich doch direkt mal nach, was sich die SPD von dem Antrag verspricht. ich schwinge mich aufs Rad Ich treffe Paulina Reineke-Rügge in ihrem Abgeordnetenbüro:

Paulina Reineke-Rügge: “Also einmal nur vorweg: Wenn der Antrag durchkommt, dann ist es trotzdem keine bindende Regelung für die Schwimmbäder, sondern eine Empfehlung, die der Bezirk ausspricht. Aber dadurch, dass jetzt der Diskurs da ist, bewegt sich viel in die Richtung. Und mir ist es wichtig aus dem Grund, dass ich glaube, dass eine differenzierte Kleiderordnung zwischen Männern und Frauen oder Personen generell, veraltet ist und, dass es auch veraltet ist die weibliche Brust so zu sexualisieren und diese Differenzen zu machen zwischen den Körpern. Und man muss dazu sagen, angestoßen wurde es ja in Göttingen, wo eine nicht-binäre Person Baden war, die sich dann, obwohl sie sich ja nicht mal als Frau definiert, an eine Kleiderordnung halten musste, die vorgibt, dass Frauen das nicht machen dürfen. Und das hat einfach gezeigt, dass da Aufholbedarf ist und, dass da eine Ungerechtigkeit stattfindet und keine Gleichberechtigung, wie wir sie heutzutage haben sollten oder uns wünschen.”

Von dem Fall in Göttingen hatte ich mitbekommen – der ging ziemlich viral. Jetzt erfahre ich, dass sich daraufhin eine Bewegung gegründet hat, “Gleiche Brust für alle”. Und die hat tatsächlich erreicht, dass seit dem 1. Mai diesen Jahres jede und jeder in den Schwimmbädern Göttingens “oben ohne” baden kann – allerdings nur samstags und sonntags. Also Gleichberechtigung, aber nur am Wochenende? Klingt irgendwie absurd. Ich frage Paulina, was sie davon hält:

Paulina Reineke-Rügge: “Also ich bin froh, dass da überhaupt in irgendeine Richtung gegangen worden ist. Aber ich finde die Regelung tatsächlich super merkwürdig, weil die Brust und die weibliche Brust sieht nicht unter der Woche anders aus am Wochenende. Wenn man jetzt als Grund heranziehen würde, dass die Leute sich gestört fühlen oder belästigt oder ähnliches, wäre es am Wochenende ja noch wahrscheinlicher, weil da die Bäder noch voller sind. Deswegen kann ich die Regelung tatsächlich gar nicht nachvollziehen und ich finde es dann auch wieder schwierig, weil es quasi nochmal ein Zusatz ist und noch bürokratischer. Man muss sich noch mehr merken, wann darf ich was, wie darf ich das machen? Und es sollte einfach viel, viel einfacher werden und viel, viel normaler sein, dass weibliche und männliche Brüste beide, wenn sie mögen, frei sind.”

Apropos sich merken und informieren: der Sprecher der Hamburger Bäderlänger, Michael Dietel, der hält nicht ganz so viel von dem Antrag der SPD. Wieso, will ich von ihm wissen: 

Michael Dietel: “Wir sind von dem Antrag und dessen Inhalt schon ein bisschen überrascht, denn es ist aktuell überhaupt kein Thema zwischen unseren Badegästen. Wir werden nicht darauf angesprochen. Es gibt da keine schriftlichen Rückmeldungen und auch keine Nachfragen dazu, wie es denn geregelt ist. Es scheint also so zu sein, dass für die Gesellschaft klar ist, wie man sich gemeinsam in einem Schwimmbad verhalten will und was man jeweils  anziehen kann oder vielleicht auch nicht anzieht. Von daher ja, auch unsere Hausordnung gibt es her, dass Frauen oben ohne im Schwimmbad unterwegs sein können.”

 Okay, es ist also offiziell nicht verboten. Aber ist es damit bereits erlaubt? Paulina findet, nicht ganz: 

Paulina Reineke-Rügge: “Also ganz so stimmt es ja nicht, dass es erlaubt ist, sondern die Regelungen sind relativ schwammig. Es wird davon gesprochen, dass Menschen sich angemessen kleiden müssen. Es ist aber nicht definiert, wer entscheidet, was ist angemessen. […] Und ich glaube, dass gerade jetzt durch diesen breiten Diskurs und dadurch, dass viele darüber sprechen, Menschen doch eher darüber nachdenken, ob sie es dürfen oder eben nicht dürfen, weil es vorher eben nicht geregelt war. Wenn jetzt niemand im Schwimmbad sich “oben ohne” zeigt, würde ich es wahrscheinlich auch nicht tun. Wenn aber viele Menschen es machen, weil sie jetzt davon hören oder überhaupt darüber nachdenken, ist es was anderes. Und gerade das Beispiel Göttingen hat ja gezeigt, dass es Menschen gibt, die es wollen, die es aber noch nicht dürfen. Und deswegen glaube ich schon, dass da eventuell der Wunsch besteht und es wird ja niemand dazu gezwungen. Das heißt, wenn wir uns dafür einsetzen und die Menschen sagen “möchte ich nicht machen”, muss es keiner tun. Wobei ich sagen muss, dass ich im Freundeskreis jetzt von den Resonanzen schon gehört habe. Die Leute sagen auch In einigen Situationen mache ich es doch eigentlich ganz gern und habe es aber bisher nicht gemacht, weil man sich dann doch nicht traut.”

Würde ich mich das trauen? Klar, ist mein erster Gedanke. Für mich sind meine Brüste schließlich ganz “normal”. Warum sollte ich nicht “oben ohne” ins Schwimmbad. Aber, warum tue ich es dann doch so selten? Zeit für ein kleines Selbstexperiment, denke ich mir und damit sind wir auch angekommen bei dem besagten Tag im Freibad: Ihr erinnert euch, es ist Juni, 28 Grad?! Nachdem ich einen freien Platz für mein Handtuch ergattert habe, lasse ich meinen Blick über die Wiese streifen – auf der Suche nach Verbündeten. Aber, alles was ich sehe, sind Männerbrüste. Die einzigen Frauen, die kein Oberteil tragen, liegen auf dem Bauch. Und ich nehme an, sie tun das bewusst. Verzweifelt werfe ich noch einen Blick in die Runde, aber auch der ergibt keinen Treffer. Verdammt! Ich überlege mein Experiment abzubrechen. Als einzige Frau “oben ohne”? Dazu legt sich auch noch eine Gruppe junger Männer neben mich. Das macht es nicht gerade einfacher. Aber, wo liegt eigentlich das Problem? Ich habe doch eigentlich keins – sondern ihr, denke ich mir. Ihr, die mich zu etwas macht, das ich nicht sein will – ein Objekt. Ihr, die meinen Körper parzelliert, in Fragmente zerteilt, in Brüste, losgelöst von mir als ganzem Menschen. In solchen Momenten habe ich das Gefühl, jegliche Kontrolle über mich selbst zu verlieren, fühle mich ausgesetzt, den Blicken, die meinen Körper scheinbar als Einladung begreifen. Aber, wie lässt sich das Problem lösen? Muss ich mich einfach nur überwinden? Zögerlich ziehe ich mein Bikinioberteil aus. Ein wenig rebellisch komme ich mir dabei vor. Allerdings währt dieses Gefühl nicht lange. Ich spüre neugierige Blicke auf mir, möchte am liebsten die Augen schließen, um sie wenigsten nicht sehen zu müssen. So soll sich Freiheit anfühlen? Nein, danke!

Wir leben in einer hypersexualisierten Gesellschaft, die eine Doppelmoral predigt, die absurder kaum sein könnte. In der ein Potenzfeminismus suggeriert: “Fühl dich frei, niemand hindert dich daran! Schließlich leben wir im ach so liberalen “wilden Westen”. Ein BH zwängt dich ein? Lass ihn halt weg! Ach, du störst dich an den Blicken, die dich beinahe ausziehen, wenn man doch tatsächlich deine Nippel erahnen kann? Tja, damit musst du eben leben. So sind sie halt, die “Männer”! Nicht zu bändigen, diese Testosteronschleudern.” So ein Unsinn, denke ich mir. Die Lösung des Problems kann doch nicht liegen, dass Frauen ihre Körper zum Schutz verhüllen oder andersherum, einfach selbstbewusster werden müssen, um “frei” zu sein. Müsste es nicht eigentlich genau andersherum sein? Anıl hält diese Sichtweise auch für ziemlich verquer, wie er mir erklärt:

Anıl: “Dieses Argument, dass Männer sich nicht im Griff haben, ist natürlich sehr problematisch. Weil es im Prinzip die Schuld bei Frauen sieht, während Männer komplett von der Verantwortung befreit werden. Es gibt ja dieses Meme, das sagt nicht “protect women”, sondern “educate your boys”. Und ich finde, das ist erst mal eine richtige und wichtige Umkehr. […] Ich glaube, dass eigentlich Problem ist, Frauenkörper immer nur zu Objektifizieren und sie nur in einem Kontext zu sehen, ohne auch zu denken, dass der Körper ihnen nicht gehört. Und dieser Besitzanspruch ist, glaube ich, ist ein großes Problem, wovon natürlich auch Männer Teil sind, auch durch die Strukturen, in denen wir aufwachsen: Erwachsenenleben, Sozialisation, durch die Art und Weise, wie unsere Medienwelt funktioniert, reproduziert, manifestiert wird. Und ich glaube, das Problem ist, dass wir Männern nicht so wenig zutrauen. Aber es gibt zu wenig Leute an gesellschaftlichen Schaltstellen, die darin ein Problem sehen, weil das aus deren Perspektive, aus einer sehr männlichen, privilegierten Perspektive, das gesellschaftliche Gefüge auseinander bringen würde. […] Das heißt, ich bin immer dabei, Männer müssen in die Verantwortung gezogen werden, weil wenn Männer diese Blicke und diese Art und Weise, wie sie mit Frauen und deren Körpern umgehen nicht in Griff kriegen, dann werden wir auch nicht in einer gerechten Welt leben. Denn man muss sich vorstellen oder Männer müssen sich eigentlich vorstellen, was das eigentlich bedeutet, keine wirkliche Kontrolle über seinen eigenen Körper und sein eigenes Wohlbefinden und seine eigene Sicherheit zu haben. Von daher, es ist unbedingt wichtig, die Sensibilität zu schaffen. Und ich glaube, idealerweise würden wir alle gemeinsam kein Problem damit haben, am See oberkörperfrei zu sein. Aber ich glaube, so weit sind wir noch nicht. Aber wir müssen diese Frage stellen, damit wir irgendwann so weit sind.”

Aber, wann sind wir so weit? Und wie kommen wir dahin? Nicht nur zum “Oben ohne” für alle. Denn am Ende geht es ja um weitaus mehr. Es geht um nichts Geringeres, als Selbstbestimmung – das Gefühl und die tatsächliche Macht, über den eigenen Körper bestimmen zu können. Es geht um Handlungsfreiheit, und zwar in zweierlei Hinsicht: positiv als die Freiheit, sich nach eigenem Gusto in der Öffentlichkeit bewegen zu können, und negativ als die Freiheit, nicht mit Zumutungen, wie Sexualisierungen, konfrontiert zu werden. Ich möchte mich ohne Angst und Scham frei bewegen können – natürlich unter Achtung der Grenzen anderer. Und genau die stehen zur Debatte. Wo fangen sie an und wo hören sie auf? 

Mein kleines Selbstexperiment hat mir eines in jedem Fall vor Augen geführt: der Körper ist ein Politikum – seit jeher. Wobei „politisch“ nicht nur das meint, was in Parlamenten beschlossen wird. Politisch ist auch all jenes das die Teilhabe von Menschen betrifft und unsere Möglichkeiten, an der Gemeinschaft als deren vollwertige Mitglieder partizipieren zu können. Politisch ist aber auch die Gestaltung von Gesellschaft auf allen Ebenen und in all ihren Dimensionen, mit dem dazugehörigen Ringen um Macht und Teilhabe. Zeiten ändern sich, Werte, Normen – all das gilt es zu verhandeln, immer wieder zu hinterfragen. Oder mit den Worten von Isaiah Berlin: „To confuse our own constructions and inventions with eternal laws or divine decrees is one of the most fatal delusions of men.“ Mir ist jedenfalls klar geworden, dass die Forderung nach Teilhabe und das Aufbrechen statisch gedachter Körperlichkeit Hand in Hand gehen. Und das bedeutet immer auch ein Aufbrechen politischer Ordnungen, sozialer Strukturen und vor allem Machtverlust derjenigen, die bislang privilegiert waren. Wie sehr der Körper zentraler Fluchtpunkt dieses Ringens ist, zeigt sich nicht zuletzt in den vielen Kämpfen, die geführt werden, von Menschen, die als Gleichberechtigte anerkannt werden wollen. Körper als formbar zu verstehen, bedeutet anzuerkennen, dass vieles möglich und ein Denken in starren Kategorien nicht mehr zeitgemäß ist, um den gesellschaftlichen Realitäten unserer Gegenwart zu begegnen. Körper als formbar zu verstehen, bedeutet, anzuerkennen, dass die Art und Weise, wie wir Menschen aufgrund ihrer Körperlichkeit wahrnehmen, ansprechen und behandeln, ihre Position in der Gesellschaft beeinflusst. Und diese Position ist immer auch politisch.
Während ich im Freibad sitze und mein Bikinioberteil wieder anziehe, denke ich: “oben ohne” für alle, das ist keine Frage, die alleine im Schwimmbad gestellt oder gar gelöst werden könnte. Es ist auch keine Frage, die sich von mir abschließend beantworten ließe. Ich hatte zwar gehofft, zumindest ein Resumé ziehen zu können, aber auch nach vielen Gesprächen mit Freunden und Fremden, sehe ich keine Eindeutigkeit. Wohl aber die Notwendigkeit, immer wieder vermeintliche Gewissheiten in Frage zu stellen. Wie auch Forderungen zu formulieren, um deutlich zu machen, worum es letztlich bei all dem Ringen im Innen und Außen geht: um Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Und die ist eigentlich nicht verhandelbar.

28. Juni 2022

Behaarte Frauen, eine Provokation?

von Marilena 31. Mai 2022

Behaarte Frauen, wo sind sie? Überall nur haarlose Frauenkörper – auf der Straße, in Filmen oder Werbebotschaften. Glatte Haut wird vorausgesetzt und eine Alternative scheint es nicht zu geben. Enthaaren sich Frauen nicht, wird ihnen oftmals ihre “Weiblichkeit” abgesprochen. Aber warum rufen Haare eigentlich je nach Geschlecht unterschiedliche Reaktionen von Anziehung bis Ekel hervor? Warum können wir nicht die Vielfalt von Körperhaarfrisuren zelebrieren, egal ob Wildwuchs, Stoppeln oder Haarlosigkeit? Um das herauszufinden, hat sich Marilena mit Anna C. Paul, Herausgeberin von Super(hairy)woman*, über das Infragestellen von Schönheitsidealen unterhalten und gemeinsam einen Blick in die Kulturgeschichte der Enthaarung geworfen.

Shownotes:

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► “super(hairy)woman*: Erfahrungsberichte im Zeitalter der Haarlosigkeit”; Hrsg. Anna C. Paul; ventil Verlag (10/21).
► Auf dem Blog super(hairy)woman* könnt ihr weitere Erfahrungsberichte und Geschichten vieler Menschen zum Thema Behaarung nachlesen – und sogar eure eigene teilen!

✉ redaktion@sinneswandel.art
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31. Mai 2022

Laut gedacht: Was trauen wir Männern eigentlich zu?

von Marilena 8. Februar 2022

 

Gesundheitsvorsorge – aber als Porno getarnt – denn “Aufklärung muss dort stattfinden, wo sie die Menschen erreicht”, um es mit den Worten der Techniker Krankenkasse auszudrücken. Die hat kürzlich im Rahmen einer Hodenkrebsvorsorge-Kampagne ein Video veröffentlicht, das im Netz nun für reichlich Aufruhr sorgt. Was daran genau problematisch ist, diskutiert Marilena Berends in dieser Episode gemeinsam mit Journalistin Luisa Thomé und Autor Fikri Anıl Altıntaş. Denn das Video bietet definitiv Anlass, um über Geschlechterrollen, Männlichkeitskonstruktionen und Sexismus zu sprechen.

Shownotes:

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► Luisa Thomé schreibt hier und ist auf Twitter und Instagram.
►Fikri Anıl Altıntaş ist auch auf Instagram und hat einen eigenen Newsletter.
► Video der Techniker Krankenkasse “Der life-saving Handjob“.
► Emelie Glaser in der taz: “Krebsvorsorge, aber als Porno”.
► Checkdichselbst – Hodenkrebs Vorsorge-Kampagne.
► Männergesundheitsportal: “Daten und Fakten zur Männergesundheit” (2020).
► Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2020): Geschlechterstereotype und Soziale Medien.

Kontakt:
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8. Februar 2022
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